Der AstraZeneca-Impfstoff im Check
10. April 2021Ist der AstraZeneca-Impfstoff für alle Altersgruppen geeignet?
Da gehen die Einschätzungen auseinander: In einigen Ländern wird der Impfstoff nur für ältere Gruppen empfohlen (wobei unterschiedliche Altersgrenzen genannt werden), während die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) vorerst keine Altersbegrenzung vorsehen. Zwar räumte die EMA in einem Statement am 7. April ein, dass vor allem jüngere Frauen von seltenen Nebenwirkungen betroffen seien, dennoch aber der Nutzen die Risiken überwiege. Die WHO argumentiert in einer aktuellen Mitteilung, dass ein Zusammenhang zwischen AstraZeneca-Impfungen und auftretenden Thrombosen zwar plausibel, aber nicht bestätigt sei. Es bedürfe noch weiterer Studien, um eine mögliche Verbindung zwischen Impfung und etwaigem Risiko zu untersuchen.
Im Mutterland des von der Universität Oxford sowie dem britisch-schwedischen Konzerns AstraZeneca entwickelten Impfstoffs "Vaxzevria" beurteilt man die Lage anders: Künftig soll das Präparat in Großbritannien möglichst nur noch über 30-jährigen Erwachsenen verabreicht werden, wie die britische Impfkommission entschied. Die Begründung: Laut der Behörde MHRA wurden bei landesweit mehr als 20 Millionen AstraZeneca-Impfungen 79 Fälle von gefährlichen Blutgerinnseln verzeichnet. 19 Menschen seien verstorben. (Stand 8. April 2021)
In Deutschland wird der Corona-Impfstoff des britisch-schwedischen Herstellers Astrazeneca nur noch Menschen ab 60 Jahren empfohlen, allerdings mit der Einschränkung, dass auch Jüngere - insbesondere Hochrisikopatienten - nach ärztlichem Rat oder eigenem Ermessen weiterhin mit Astrazeneca geimpft werden können. Eine Entscheidung, die für Verwirrung sorgte, schließlich hatte die Ständige Impfkommission (STIKO) in Deutschland zunächst empfohlen, nur Menschen bis zu einem Alter von 64 Jahren mit AstraZeneca zu impfen, "wegen der fehlenden Datenlage".
Zu einer noch anderen Einschätzung kamen die Niederlande. Nachdem zunächst die AstraZeneca-Impfungen für Menschen unter 60 Jahren ausgesetzt wurden, hat das Land die Verabreichung am 6. April vorerst aufgrund von neuen Hirnvenen- und Sinusvenenthrombosen bei jüngeren Frauen komplett gestoppt.
Warum treten vor allem bei jüngeren Frauen Nebenwirkungen auf?
Das können auch Forscher und Experten noch nicht beantworten. Nach der Impfung mit dem Impfstoff von AstraZeneca sind seltene Fälle von Hirnvenen- und Sinusvenenthrombosen aufgetreten, die zum Teil zum Tode führten. Diese Nebenwirkungen habe man "überwiegend bei Frauen im Alter ≤55 Jahren beobachtet", schreibt die deutsche STIKO am 1. April. "Inwieweit die vermehrte Anwendung des Impfstoffs bei jüngeren Frauen eine Rolle für die beobachtete Geschlechts- und Altersverteilung spielt, ist noch unklar."
Die Symptome traten vier bis 16 Tage nach der Impfung auf, hätten aber auch Männer und Ältere betroffen. Die EMA mutmaßt in den AstraZeneca-Produktinformationen, dass die häufigeren Fälle von Thrombosen bei Frauen unter 55 Jahren "möglicherweise auf die verstärkte Anwendung des Impfstoffs in dieser Bevölkerungsgruppe zurückzuführen ist". Die These basiert auf der Annahme, dass mehr Frauen in Pflegeberufen sowie Hospitälern arbeiten, die bei der Impfung priorisiert wurden.
Erhöht der Impfstoff von AstraZeneca das Risiko einer Thrombose?
Inwiefern die teils tödlichen Thrombosen, die nach Impfungen mit dem Präparat von AstraZeneca aufgetreten sind, auf dieses zurückzuführen sind, ist weiterhin nicht abschließend geklärt. Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) berichtet von 86 Thrombose-Fällen, die über die Datenbank "EudraVigilance" in Europa bis zum 22. März erfasst wurden. Diese Fälle stehen rund 25 Millionen verabreichten Impfdosen gegenüber. 18 der 86 Fälle endeten laut EMA tödlich. Aktuellere Zahlen auf europäischer Ebene liegen nicht vor. Einzelne Mitgliedsstaaten haben bereits aktuellere Erhebungen.
Spezifische Risikofaktoren könne man laut EMA nicht erkennen. Der Nutzen übersteige weiterhin die Risiken einer Impfung mit AstraZeneca.
Auch andere Experten hatten zuvor betont, dass ein kausaler Zusammenhang zwischen Impfungen und Thrombosen bisher nicht einwandfrei festgestellt worden sei. Für Bedenken gesorgt hatte, dass es sich teils um eine spezielle, eher seltene Form der Blutgerinnsel im Gehirn handelte, und nicht um gewöhnliche Thrombosen.
Als entscheidend für die Frage, ob der AstraZeneca-Impfstoff das Thrombose-Risiko nun erhöht oder nicht, könnte sich der Hinweis von Wissenschaftlern aus Greifswald herausstellen: Dem Team um Transfusionsmediziner Andreas Greinacher zufolge soll der Grund für diese Art der Komplikation ein bestimmter Mechanismus des Immunsystems sein. Das AstraZeneca-Serum könne bei einigen Geimpften eine starke Abwehrreaktion auslösen, bei der auch die Blutplättchen aktiviert werden, was wiederum zu den schwerwiegenden Hirnvenenthrombosen mit Blutplättchenmangel führen würde. Betroffene können jedoch laut einer Pressemitteilung der Universität Greifswald mit einem Wirkstoff gegen die Thrombose therapiert werden - somit könne weiter mit AstraZeneca geimpft werden.
Welche Nebenwirkungen von AstraZeneca sind bekannt?
Nach der ersten Impfung sind laut klinischen Studien Empfindlichkeiten an der Injektionsstelle (mit über 60 Prozent) keine Seltenheit. Mehr als jeder zweite Geimpfte hat laut RKI Schmerzen an der Injektionsstelle sowie Kopfschmerzen und Abgeschlagenheit. Auch ein Krankheitsgefühl gehört mit etwa 44 Prozent zu einer häufigen Nebenwirkung. Erhöhte Temperatur trat bei etwa jedem dritten Geimpften auf, Fieber bei knapp acht Prozent. Studien zufolge treten Schüttelfrost bei jedem dritten, Übelkeit bei jedem fünften Geimpften auf.
Die meisten Nebenwirkungen seien leichter und mittelschwerer Ausprägung und würden innerhalb weniger Tage nach der Impfung verschwinden. Nach der zweiten Dosis seien die gemeldeten Nebenwirkungen milder und weniger häufig. Bei Menschen über 65 Jahren sollen die Nebenwirkungen allgemein milder und seltener sein.
Zum Vergleich: Bei den Impfstoffen von BioNTech/Pfizer sowie Moderna treten laut RKI Schmerzen an der Einstichstelle bei über 80 Prozent der Geimpften auf. Abgeschlagenheit (BioNTech/Pfizer: 47 Prozent, Moderna: 65 Prozent) und Kopfschmerzen (BioNTech/Pfizer: 42 Prozent, Moderna: 59 Prozent) sind auch keine Seltenheit. Deutlich seltener als bei der Impfung mit AstraZeneca kommt es bei den Impfungen zu Fieber als Nebenwirkung (BioNTech/Pfizer: vier Prozent, Moderna: 0,8 Prozent).
Am 9. April teilte die EMA mit, sie untersuche, ob es bei fünf aufgetretenen Fällen des Kapillarlecksyndroms einen Zusammenhang zu einer Impfung mit dem AstraZeneca-Vakzin gibt. Die sehr selten auftretende Gefäßerkrankung ist auch als Clarkson-Syndrom bekannt. Die Durchlässigkeit der Kapillargefäße ist dabei zu hoch, so dass Plasma austritt und es zu Ödemen und einem Abfall des Blutdrucks kommt.
Ist AstraZeneca ein "Impfstoff zweiter Klasse"?
Diese Frage wird kontrovers diskutiert. Einerseits haben die vielen Schlagzeilen, geänderten Empfehlungen sowie teilweisen oder kompletten Impfstopps den Wirkstoff von AstraZeneca arg in Verruf gebracht. Der entstandene Imageschaden und Vertrauensverlust lässt sich in mehreren Umfragen erkennen.
In einer Erhebung von YouGov erklärte Mitte März 2021 jeweils ein großer Bevölkerungsanteil, dass der Impfstoff von AstraZeneca unsicher sei: 61 Prozent der befragten Franzosen, 55 Prozent der Deutschen, 52 Prozent der Spanier und 43 Prozent der Italiener beurteilen das Vakzin als nicht sicher - Tendenz steigend. In Großbritannien lag der Wert dagegen nur bei vier Prozent, während zumindest Mitte März dort noch 79 Prozent den Impfstoff als sicher einstuften. In einer Umfrage der Universiät Wien sagten 57 Prozent der befragten Österreicher, dass sie sich nicht oder eher nicht mit dem AstraZeneca-Wirkstoff impfen lassen würden. Wie in der YouGov-Umfrage erzielten andere Impfstoffe bessere Resultate.
Dem gegenüber stehen allerdings Meldungen, wonach sich viele Menschen auf frei gewordene Impftermine mit dem AstraZeneca-Präparat melden. In Deutschland gab es beispielsweise am Osterwochenende einen regelrechten Ansturm auf AstraZeneca-Impfangebote von Menschen, die älter als 60 sind.
Fast 200.000 Impfungen wurden allein im Gebiet Nordrhein, das zum Bundesland NRW gehört, kurzfristig vergeben. Knapp 100 Millionen Zugriffe auf die Buchungsseite habe man registriert, teilte die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein mit. Viele Menschen ziehen das statistisch geringere Risiko einer Impfung mit AstraZeneca der Gefahr einer möglichen Corona-Infektion vor.
Für andere Menschen ist der AstraZeneca-Impfstoff jedoch ein weniger attraktiver Impfstoff, da seine statistische Wirksamkeit etwas unter der von anderen Präparaten wie BioNtech/Pfizer liegt.
Wie wirksam ist der AstraZeneca-Impfstoff gegen das Coronavirus?
AstraZeneca musste die Angabe der Wirksamkeit seines Wirkstoffs leicht nach unten korrigieren: Der Impfstoff des britisch-schwedischen Konzerns schützt zu 76 statt 79 Prozent vor einer Corona-Infektion mit Symptomen, teilte das Unternehmen auf seiner Webseite mit (25. März). Dies bedeutet, dass unter den Probanden einer geimpften Gruppe 76 Prozent weniger Erkrankungen auftraten als unter denen einer Kontrollgruppe, die ein Placebo erhielten. Allerdings liegt der Wert bei den über 65-Jährigen mit 85 Prozent deutlich höher. Gegen schwere Erkrankungen von COVID-19 seien die Vakzine zu 100 Prozent wirksam, so AstraZeneca.
Kurz zuvor hatte das vom US-Seuchenexperten Anthony Fauci geführte Nationale Institut für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID) Zweifel an der Wirksamkeit des AstraZeneca-Impfstoffs angemeldet. Durch "veraltete Informationen" sei ein "unvollständiges Bild der Wirksamkeit vermittelt" worden, teilte die Behörde mit. In den USA ist AstraZeneca bislang nicht zugelassen. AstraZeneca hatte daraufhin neue Daten angekündigt. An der neuen Studie nahmen 32.449 Probanden teil, zwei Drittel seien geimpft worden, teilte der Pharmakonzern mit.
Frühere Studien zeigten, dass die Wirksamkeit auf 82 Prozent steigt, wenn eine zweite Dosis zwölf oder mehr Wochen nach der ersten Dosis verabreicht wird. Eine andere Studie kommt auf eine Wirksamkeit von 84 Prozent. Auch hinsichtlich Hospitalisierungen sind die Werte gut: Eine Studie der Universität von Edinburgh, die als eine der ersten die Wirksamkeit von Corona-Impfstoffen in der realen Anwendung untersuchte, zeigte, dass vier Wochen nach der ersten Impfung mit dem AstraZeneca-Impfstoff das Risiko der Geimpften, wegen COVID-19 ins Krankenhaus zu müssen, um 94 Prozent zurückging. Bei Impfungen mit dem Präparat von BioNTech/Pfizer sinkt das Risiko der Studie zufolge um 85 Prozent.
Warum setzten mehrere Länder die AstraZeneca-Impfungen aus?
In mehreren Ländern wurden die Impfungen mit dem Serum des britisch-schwedischen Konzerns zwischenzeitlich wegen des Auftretens der Thrombosen ausgesetzt. Als erstes Land hatte am 7. März Österreich die Impfungen mit einer bestimmten AstraZeneca-Charge gestoppt - dort hatten drei Menschen nach der Impfung eine Thrombose erlitten, eine Person verstarb. Einige Tage später entschied sich auch Dänemark nach einem Todesfall, vorerst das AstraZeneca-Präparat nicht mehr einzusetzen.
Aufgrund dieser und weiterer Fälle von Blutgerinnseln und Thrombosen zogen in der Folge auch Italien, Norwegen, Bulgarien, Rumänien, Island, Estland, Litauen, Luxemburg, Portugal, Slowenien, Zypern, Frankreich, Spanien, Lettland sowie weitere Länder Chargen des Vakzins aus dem Verkehr oder stoppten den Einsatz komplett. Thailand und Indonesien verschoben den Impfstart mit AstraZeneca.
Die meisten Länder erklärten, es handle sich um eine Vorsichtsmaßnahme und man wolle weitere Untersuchungen abwarten. Genau diese wurden von der EMA durchgeführt - die Europäische Arzneimittelbehörde stufte AstraZeneca am 18. März erneut als sicher ein und empfahl die Verwendung. Der Nutzen des Impfstoffs beim Schutz vor einer COVID-19-Erkrankung überwiege "mögliche Risiken", so die EMA. Daraufhin setzten viele Staaten die Impfungen fort - einige Länder wie zum Beispiel die Niederlande riefen allerdings nach weiteren Thrombose-Fällen erneute Stopps aus.
In Deutschland, das die Impfungen ebenfalls ausgesetzt hatte, wird das Vakzin von AstraZeneca seit dem 19. März wieder verimpft - allerdings wie zuvor erwähnt mit Einschränkungen. In mehreren europäischen Ländern ist es ähnlich.
Wie wirksam ist der AstraZeneca-Impfstoff gegen die britische Mutation B1.1.7?
Eine Studie über die Wirkung des Impfstoffs von AstraZeneca gegen die B.1.1.7-Variante, über die zuerst in Großbritannien berichtet wurde, ergab eine ähnliche Wirksamkeit wie gegen das ursprüngliche Virus. Die Studienergebnisse zeigen, dass der Impfstoff gegen die britische Variante zu 75 Prozent wirksam ist.
Wie wirksam ist der AstraZeneca-Impfstoff gegen die südafrikanische Mutation B.1.351?
Nach derzeitigem Kenntnisstand ist die Wirksamkeit bei der Mutation B.1.351 deutlich geringer, exakte Zahlen liegen aber noch nicht vor. Die südafrikanische Regierung hatte Anfang Februar die Einführung des Impfstoffs von AstraZeneca gestoppt. Denn eine kleine, noch nicht begutachtete Studie mit 2.000 Personen in Südafrika hatte ergeben, dass der Impfstoff nur einen "minimalen Schutz" gegen leichte und mittelschwere Infektionen durch die Coronavirus-Variante B.1.351 bietet. Diese gilt als gefährlicher, da sie sich schneller verbreitet. Sie verursacht die Mehrzahl der Corona-Infektionen in Südafrika.
AstraZeneca verteidigte den Impfstoff gegen Zweifel: "[Die] neutralisierende Antikörperaktivität ist gleichwertig mit der anderer COVID-19-Impfstoffe, die eine Aktivität gegen schwerere Erkrankungen gezeigt haben, insbesondere wenn das Dosierungsintervall auf 8-12 Wochen optimiert wird", hieß es in einer Stellungnahme.
Experten bestätigten der DW ebenfalls, dass es zumindest einen gewissen Schutz vor der südafrikanischen Variante gebe. Denn die nach der Impfung gebildeten Antikörper würden Teile der Virusvariante erkennen und blockieren, sagte Sarah Pitt, wissenschaftliche Mitarbeiterin am britischen Institute of Biomedical Science. Pei-Yong Shi, Professor für Mikrobiologie an der University of Texas Medical Branch, machte im DW-Gespräch deutlich: "Wir haben eine schützende Abwehr nach jeder zugelassenen [COVID-19-]Impfung." Vielleicht werde man einen sehr milden Krankheitsverlauf haben, aber es sei viel besser, als nicht geimpft zu sein.
Der Grund, weshalb das AstraZeneca-Vakzin weniger wirksam gegen die südafrikanische Variante des Coronavirus ist, sind Veränderungen am Spike-Protein. Das ist der Teil des Virus, der sich mit menschlichen Zellen verbindet und es ihm ermöglicht, sie zu infizieren.
Die bisher zugelassenen Corona-Impfstoffe erzeugen Antikörper gegen das Spike-Protein des ursprünglichen Stammes des Coronavirus. Doch nun bekämpfen die Antikörper Viren, deren Spike-Proteine sie nicht vollständig erkennen. Somit können nur Teile der Virusvariation blockiert werden.
Studien von BioNTech/Pfizer und Moderna sagen aus, dass diese Impfstoffe ebenfalls etwas weniger effektiv gegen die B.1.351-Variante des Virus sind.
Sarah Gilbert, die federführende Entwicklerin des AstraZeneca-Impfstoffs, sagte der BBC im Februar, dass die Entwickler an einem modifizierten Impfstoff arbeiteten, um die südafrikanische Variante zu bekämpfen. Dies dauere wahrscheinlich bis zum Herbst.
Sollte ich mich mit dem Impfstoff von AstraZeneca impfen lassen?
Diese Frage stellt sich selbstredend nur in Ländern, in denen der Impfstoff zugelassen und verfügbar ist. Der Impfstoff von AstraZeneca bietet auch gegen Virusvarianten einen gewissen Schutz. Die WHO empfiehlt den Impfstoff vorläufig auch im Angesicht der jüngsten Thrombose-Fälle und auch gegen Coronavirus-Varianten.
Weiter empfiehlt sie den Impfstoff gerade für Menschen mit Vorerkrankungen, die das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs erhöhen, darunter Adipositas, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Atemwegserkrankungen und Diabetes. Für Menschen, die mit HIV und Autoimmunerkrankungen leben oder immungeschwächt sind, seien weitere Studien erforderlich. Wenn jemand aber zu einer Gruppe gehöre, denen die Impfung allgemein empfohlen werde, könnte die Person nach einer Beratung ebenfalls mit dem Impfstoff geimpft werden.
Bisher gibt es nur wenige Daten darüber, ob der Impfstoff während der Schwangerschaft sicher ist. Wenn der Nutzen der Impfung einer Schwangeren allerdings die möglichen Risiken überwiegt, sei eine Impfung möglich. Menschen mit einer Vorgeschichte von schweren allergischen Reaktionen auf eine Komponente des Impfstoffs sollten diesen nicht einnehmen. Dies gilt aber auch bei mRNA-Impfstoffen, wie Claus Cichutek, der Präsident des Paul-Ehrlich-Instituts im exklusiven DW-Interview erklärte.
Warum ist das AstraZeneca-Präparat grundsätzlich für viele Staaten interessant?
Der von einem Team der Oxford University und dem britisch-schwedischen Arzneimittelkonzern AstraZeneca entwickelte Impfstoff ist vor allem aus zwei Gründen attraktiv: Im Gegensatz zu den Impfstoffen von BioNTech/Pfizer und Moderna muss der Impfstoff von AstraZeneca nicht bei extrem niedrigen Temperaturen gelagert werden. Der Impfstoff kann bei normalen Kühltemperaturen (2-8 Grad Celsius/ 36-46 Grad Fahrenheit) mindestens sechs Monate lang gelagert und damit auch einfacher transportiert werden. Das macht es einfacher, dass auch Hausärzte in ihren Praxen das Vakzin impfen könnten.
Zum Vergleich: Der Impfstoff von BioNTech/Pfizer kann in einem Kühlschrank mit Temperaturen von zwei bis acht Grad maximal 120 Stunden gelagert werden, und muss sonst in Ultra-Tieftemperatur-Gefrierschränken (mindestens bei Minus 70 Grad) deponiert werden.
Zudem gilt der Impfstoff von AstraZeneca als günstiger. Der genaue Preis ist unklar, in einem mittlerweile gelöschten Tweet der belgischen Staatssekretärin Eva De Bleeker wurden angebliche europäische Preise für eine Dosis veröffentlicht: 15 Euro für Moderna, 12 Euro für BioNTech/Pfizer und 1,78 Euro für AstraZeneca. Nach Angaben von AstraZeneca mache die einfache Lieferkette und ein Versprechen, keinen Gewinn zu machen, den Preis der Impfung günstiger.
AstraZeneca und BioNTech/Pfizer trafen beide Vereinbarungen mit COVAX, einer globalen Initiative, die darauf abzielt, kostengünstige Impfstoffe an Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen zu verteilen. COVAX wird von der Globalen Allianz für Impfstoffe und Immunisierung (Gavi), der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI) und der WHO betrieben.
Wie funktioniert der Impfstoff von AstraZeneca?
Bei dem Impfstoff handelt es sich um einen sogenannten Vektorimpfstoff. Dieser basiert nach Angaben des deutschen Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) auf Erkältungsviren von Schimpansen, die für den Menschen harmlos sind. Diese Erkältungsviren aus der Familie der Adenoviren wurden so modifiziert, dass sie das Gen mit dem Bauplan für die Herstellung eines optimierten Oberflächenproteins des Coronavirus (SARS-CoV-2-Spike-Proteins) enthalten.
Nach der Impfung gelangt das Impfvirus in einige wenige menschliche Körperzellen. Die Zellen verwenden das Gen zur Herstellung des Spike-Proteins. Das Immunsystem erkennt dieses dann als fremd an und bildet als Reaktion des Immunsystems Antikörper und T-Zellen, die im Idealfall vor einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 schützen.
Warum gibt es immer wieder Streit zwischen EU und AstraZeneca?
Im Kern geht es um zwei Streitpunkte: vereinbarte Liefermengen und eine mögliche Benachteiligung gegenüber dem Vereinigten Königreich. Die EU warf AstraZeneca immer wieder vor, die zugesagten Liefermengen an die EU deutlich zu unterschreiten, während andere Länder - unter anderem das Stammland des britisch dominierten Konzerns - dagegen pünktlich AstraZeneca-Lieferungen erhielten.
Für Fragen hatte ein Fund von 29 Millionen Impfstoffdosen von AstraZeneca in einer Abfüllanlage bei Rom gesorgt: Die EU-Kommission habe die italienischen Behörden um Inspektion des Werkes gebeten, weil sie AstraZeneca verdächtigte, "über mehr Produktionskapazität in Europa zu verfügen", als die Firma angegeben habe, sagte ein EU-Vertreter. Das Pharma-Unternehmen wies Medienberichte zurück, wonach der gefundene Impfstoff nach Großbritannien exportiert werden sollte. 13 Millionen Dosen sind demnach für das internationale Impfprogramm COVAX bestimmt, die restlichen 16 Millionen für die EU.
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AstraZeneca hatte immer wieder die Lieferzusagen an die EU senken müssen: Nur 31 Millionen statt 80 Millionen Impfdosen hatte AstraZeneca im ersten Quartal für die 27 EU-Staaten zusagen können. Geschäftsführer Pascal Soriot hatte die Verzögerungen damit erklärt, dass in Werken in Belgien und den Niederlanden der Ertrag in den "Braubehältern" nicht so groß sei wie ursprünglich angenommen. Den Vorwurf von EU-Vertretern, AstraZeneca beliefere das Vereinigte Königreich bevorzugt und ohne Unterbrechungen, wies das Unternehmen zurück.
Am 24. Februar meldeten Medien mit Verweis auf einen Insider, dass AstraZeneca erneut vorLieferproblemen stehe: Demnach erhalte die EU im zweiten Quartal möglicherweise nur 90 statt der zugesagten 180 Millionen Dosen.
Dieser Artikel wurde mehrfach aktualisiert, zuletzt am 8. April 2021.