Wie löst man das Havarieproblem im Suezkanal?
28. März 2021Das Machtwort kommt direkt aus Kairo. Staatspräsident Abdel Fattah al-Sissi hat angeordnet, mit den Vorbereitungen zur Entladung von Containern von dem festsitzenden Frachtschiff "Ever Given" zu beginnen. Das teilte der Chef der Kanalbehörde Suez Canal Authority (SCA), Usama Rabi, mit. Arbeiter bereiteten sich bereits auf den Einsatz vor, fügte der Admiral hinzu.
Vor Ort sollte zunächst zwölf Stunden lang weiter gegraben werden, um das quer liegende Schiff zu befreien. Dann sollten weiter zwölf Stunden lang abermals die Schlepper zum Einsatz kommen, sagt Rabi. Inzwischen würden 14 Schlepper eingesetzt. Die "Ever Given" hat 18.300 Container geladen.
Schon seit Dienstag blockiert das mehr als 220.000 Tonnen schwere Containerschiff den Suezkanal, der das Rote Meer ohne Schleusen mit dem Mittelmeer verbindet. Mit jedem Tag steigt der Druck auf die Verantwortlichen, weil inzwischen rund 370 Schiffe auf die Durchfahrt durch die 193 Kilometer lange Wasserstraße warten. Damit wächst auch der wirtschaftliche Schaden. Rabi sagte dem Fernsehsender Al Arabiya, man erwäge Gebührenermäßigungen für Schiffe, die von der Blockade betroffen sind.
Die Bergungsexperten hatten gehofft, die 400 Meter lange "Ever Given" ohne den zeitraubenden Entladungsschritt wieder flott zu bekommen. Allerdings gestalten sich die Arbeiten an dem 400 Meter langen Koloss zäh, der zu den größten Containerschiffen der Welt zählt. Nach Angaben des Dienstleisters Inchcape Shipping Services konnte der Koloss mit Hilfe von Schleppernbisher immerhin 29 Meter bewegt werden.
Weitere Schlepper unterwegs
An diesen Sonntag werden zur Unterstützung zwei weitere Schlepper erwartet, die in den Niederlanden beziehungsweise Italien registriert sind. Das teilte das Unternehmen Bernhard Schulte Shipmanagement (BSM) mit, das für die technische Leitung bei der „Ever Given" verantwortlich ist. Das Ruder des Containerschiffs konnte demnach bereits befreit werden. Die niederländische Bergungsfirma Smit Salvage hatte am Freitagabend mitgeteilt, es werde ein Kran installiert, um hunderte Container vom Vorderdeck zu entfernen.
Das Schiff eines japanischen Eigentümers war in Richtung Rotterdam unterwegs, als es bei der Durchfahrt des Kanals mit zwei Lotsen an Bord auf Grund lief. Die Ursache sei ersten Ermittlungen zufolge "starker Wind" gewesen, teilte BSM mit. Admiral Rabi schloss am Samstag jedoch aus, dass allein der Wind und ein Sandsturm zum Unfall führten. Auch "menschliches Versagen" könne nicht ausgeschlossen werden.
Die 25 Crewmitglieder, die alle aus Indien stammen, sind wohlauf und weiterhin an Bord. Über mögliche Schäden an der Ladung oder eine Verschmutzung des Wassers gibt es bisher keine Informationen.
Erheblicher Einnahmeverlust
Der Suezkanal ist eine der wichtigsten Schifffahrtsstraßen der Welt. Durch den Kanal werden etwa 30 Prozent des weltweiten Containervolumens verschifft und etwa zwölf Prozent aller Waren. Besonders betroffen dürften Russland und Saudi-Arabien sein, die beiden Staaten, die am meisten Öl durch den Kanal schicken. Durch die tagelange Blockade gehen Ägypten wichtige Einnahmen verloren. Die Kanalbehörde nahm 2020 bei Durchfahrten von 18.800 Schiffen rund 5,6 Milliarden Dollar ein.
kle/uh (dpa, rtr, afp)