Straßenschlachten in Kairo
4. Oktober 2013Auf den Tahrir-Platz im Zentrum der ägyptischen Hauptstadt riegelten Armee und Polizei einen Zugang ab, um zu verhindern, dass ein Demonstrationszug mit Mursi-Anhängern auf den Platz gelangt. In der Nähe des Platzes wurde nach Korrespondentenberichten aus Militärfahrzeugen mit scharfer Munition geschossen, die Polizei setzte Tränengas ein. Nach Angaben des Gesundheitsdienstes wurde ein Demonstrant erschossen.
Die Mursi-Gefolgsleute skandierten Rufe gegen Armeechef Abdel Fattah al-Sissi, den neuen starken Mann Ägyptens. Unter seiner Führung hatte das Militär Anfang Juli nach Massenprotesten Mursi und dessen Regierung abgesetzt. Seither gibt es Unruhen. Hunderte Muslimbrüder, aus deren Reihen Mursi stammt, wurden inhaftiert. Die Islamistenorganisation ist inzwischen verboten.
Zu Auseinandersetzungen kam es in Kairo auch zwischen Anhängern und Gegnern der Muslimbrüder. In mehreren Stadteilen schossen sie mit Schrotgewehren aufeinander. Anhänger Mursis marschierten zudem in Richtung der Rabaa al-Adaweja-Moschee, wo im August eines ihrer Protestlager gewaltsam geräumt wurde. Die Sicherheitskräfte verstärkten ihre Präsenz vor Ort. Sie haben erklärt, Sitzstreiks würden nicht zugelassen. Auch in Alexandria und anderen Städten des Nil-Deltas kam es zu Kämpfen. Aus Assiut werden vier Tote bei Schusswechseln gemeldet. Bis kommenden Sonntag planen die Muslimbrüder eine Reihe neuer Proteste gegen ihre Entmachtung. Der 6. Oktober ist ein staatlicher Feiertag, an dem die Ägypter an den Angriff ihrer Armee auf die israelischen Truppen 1973 erinnern.
Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton hat unterdessen in Ägypten ihre dritte Verrmittlungsmission seit dem Sturz Mursis beendet. In Kairo war sie mit einer Reihe von Regierungsmitgliedern und gesellschaftlichen Akteuren sowie einem Vertreter der Muslimbruderschaft zusammengekommen. Ashton trat dafür ein, die islamistische Organisation in den politischen Prozess einzubinden. Vertreter der säkularen Tamarud-Bewegung hatten sich nach eigenen Angaben geweigert, mit Ashton zu sprechen. Das Nachrichtenportal "Al-Ahram" meldete, Tamarud-Sprecher Hassan Schahin habe erklärt: "Wir haben ein Treffen mit Ashton abgelehnt, und wir haben ihr gesagt, dass wir es nicht akzeptieren, wenn man den Terror beschützt." Die Tamarud-Bewegung und andere Unterstützer der Übergangsregierung sehen in den Muslimbrüdern Terroristen.
wl/se (afp,rtr, dpa)