Putin Weißrussland Südossetien
3. August 2011Der russische Premier Wladimir Putin hält einen Zusammenschluss seines Landes mit dem westlichen Nachbarn Belarus und die Rückkehr zu einer Einheit nach sowjetischem Vorbild für "möglich und sehr wünschenswert". Ein solcher Schritt hänge aber "gänzlich vom Willen des belarussischen Volkes ab", betonte er am Montag (1.8.2011) bei einem Sommercamp kremltreuer Jugendlicher am Seligersee rund 400 Kilometer nordwestlich von Moskau.
Die Teilnehmer des Ferienlagers gelten als Kaderreserve Russlands. Putin schloss auch einen möglichen Anschluss der von Georgien abtrünnigen Region Südossetien an Russland nicht aus. Aber auch hier müsse das südossetische Volk selbst entscheiden.
Nur ein Wahlkampfmanöver?
Der russische Regierungschef sei Führer der Partei "Einiges Russland" und wolle wahrscheinlich mehr Stimmen aus dem nationalistischen Lager gewinnen, meint Eberhard Schneider vom EU-Russia Centre in Brüssel. "Sein Ziel ist, dass bei der Staatsdumawahl am 4. Dezember 'Einiges Russland' so viele Stimmen bekommt, dass die Abgeordneten in der Duma die Zweidrittelmehrheit haben", so der Osteuropaexperte. Eine solche Mehrheit könnte die Verfassung ändern und ein Amtsenthebungsverfahren gegen den Präsidenten einleiten. Eine mögliche eigene Kandidatur hält Putin sieben Monate vor der Präsidentenwahl in Russland weiter offen. Von 2000 bis 2008 war er bereits Staatsoberhaupt.
Michail Winogradow von der Stiftung "Petersburger Politik" glaubt, Putin teste derzeit Themen für seinen Wahlkampf. Da in Russland eine gewisse Sowjetunion-Nostalgie herrsche, wolle er bei den Menschen die Erwartung wecken, Russland könnte seine Grenzen ausdehnen. Dies könnte eine von Putins Wahlkampf-Strategien sein, so der russische Politikexperte.
Der belarussische Politologe Wladimir Mazkewitsch bezeichnet Putins Äußerungen im Camp der Kreml-Jugend sogar als dessen Wahlprogramm. "Der Kreml hat seine Absicht nie aufgegeben, Belarus zu annektieren und Russland wieder einzuverleiben", so Mazkewitsch. Allerdings fehle Moskau nach wie vor dazu ein konkreter Plan.
Aussichtslose Bemühungen
Einig sind sich die Experten darin, dass ein Zusammenschluss von Russland und Belarus aussichtslos ist. Schon heute bestehe die "russisch-belarussische Union" nur auf dem Papier, so Schneider. Die Staatenunion wurde noch in den 90er Jahren zwischen den Präsidenten von Belarus und Russland, Aleksandr Lukaschenko und Boris Jelzin, geschlossen. Lukaschenko wurden damals Ambitionen auf das russische Präsidentenamt nachgesagt. Er nahm aber Abstand von einer tiefgreifenden Union mit Russland nachdem Putin im Jahr 2000 russischer Staatschef wurde.
Dass Putin mit Lukaschenko überhaupt nicht zurechtkomme und lieber einen anderen an der Spitze von Belarus sehen würde, sei bekannt. "Nur die Aussichten dürften äußerst gering sein, Lukaschenko von Moskau aus betrachtet aus dem Sattel zu heben", sagte Schneider der Deutschen Welle.
Mit einem möglichen Anschluss Südossetiens an Russland begebe sich Putin auf schwieriges internationales Gelände. Die Staatengemeinschaft habe Südossetien und Abchasien bisher nicht anerkannt, selbst Belarus nicht. "Das heißt, dass die internationale Gemeinschaft davon ausgeht, dass Südossetien und Abchasien zu Georgien gehören und da sehe ich keine Chance und auch keinen Vorteil für Russland, wenn es diese Politik betreiben würde", erläuterte Schneider. Georgien hatte die Kontrolle über Südossetien und Abchasien nach einem Krieg mit Russland im August 2008 verloren. Moskau hat beide Gebiete als unabhängig anerkannt.
Zusammenschluss abgelehnt
Unterdessen hat Minsk den von Putin geäußerten Wunsch nach einem Zusammenschluss beider Länder zurückgewiesen. Außenamtssprecher Andrej Sawinych verwies auf eine Aussage von Staatschef Lukaschenko, der die Unabhängigkeit seines Landes in der Vergangenheit als "heilige Sache" bezeichnet hatte.
Auch Südossetien lehnte inzwischen einen Beitritt zu Russland ab. "Unser Volk hat sich im Jahr 2006 in einem Referendum für die Unabhängigkeit entschieden und hegt nicht die Absicht, Mitglied der Russischen Föderation zu werden", sagte der südossetische Botschafter in Moskau, Dmitrij Medojew. Politiker in Südossetien hatten hingegen wiederholt von einem möglichen Zusammenschluss mit der russischen Teilrepublik Nordossetien gesprochen.
Autor: Markian Ostaptschuk (mit dpa, afp)
Interviews: Viacheslav Yurin
Redaktion: Iveta Ondruskova