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Wintersport im Schwarzwald trotz Corona?

Muriel Brunswig
29. Januar 2021

Statt Skiliftsperre und Zutrittsverbot auf Pisten geht man im Schwarzwald einen Sonderweg und ermöglicht auch während der Pandemie Freiluft-Aktivitäten, die in anderen Regionen Deutschlands verboten sind.

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Schnee im Schwarzwald - Feldberg
Bild: Philipp von Ditfurth/dpa/picture alliance

"Einfach skurril", findet Eva Schwind, "aber auch etwas ganz Besonderes! Wir haben uns die ganze Woche darauf gefreut! Ich schaue mir meine Kinder an und sehe selbst im Gesicht meines 20-Jährigen ein freudiges Strahlen. Endlich mal wieder Normalität. Raus aus dem Haus. Nicht nur Spazierengehen, sondern fast wie früher". So wie Eva Schwind geht es dieser Tage vielen, die für sich und ihre Familie einen der rund 15 offenen Schlepplifte im Schwarzwald mieten - sei es für eine, zwei oder drei Stunden. Mit 150 Euro die Stunde ist man dabei.

Coronakonformes Angebot: Mit dem Schlepplift ins ganz legale Skivergnüngen 

Im Vergleich zu anderen Bundesländern geht Baden-Württemberg einen eigenen Weg, was den Skibetrieb betrifft. Hier gelten Schlepplifte als Freiluft-Sportstätten, die man - natürlich unter Corona-Auflagen - betreiben darf, während Seilbahnen zum Zwecke einer touristischen Beförderung geschlossen werden müssen. "Manchmal kommen die Leute aus Mannheim, Köln, Frankfurt oder München hierher", erzählt Robert Lorenz, der die Skilifte in Hofsgrund am Berg Schauinsland unweit von Freiburg betreibt. "Sie fahren in Bayern gleich früh, um 5 Uhr los, sobald die Ausgangssperre aufgehoben ist, wedeln hier eine oder zwei Stunden mit ihren Skiern den Hang herunter und düsen danach wieder zurück." So was hat Herr Lorenz noch nie vorher erlebt - und seien wir ehrlich: Es ist eher unwahrscheinlich, dass er es auch je wieder erleben wird. Denn in diesem Winter ist alles anders. Der Skilift als Privatbeförderung, Flutlicht nur bis 19.30 Uhr, kein Anstehen, kein Warten, keine Zusammenstöße auf der Piste.

Baden-Württemberg Skifahrer am Rosshangskilift
Familie Schwind im Glück: eine Stunde coronakonformes Skivergnügen für 150 EuroBild: Muriel Brunswig

Menschen, die vom Tourismus leben, müssen sich seit Beginn der Pandemie etwas überlegen, wenn sie überleben wollen. "Zum Glück hatten wir hier im Schwarzwald so einen Bombensommer!", sagt Robert Lorenz. "In der ganzen Region gab es nicht eine Ferienwohnung mehr zu mieten. Die Restaurants waren voll, auf manchen Wanderwegen lief man im Gänsemarsch und auch der örtliche Kleinhandel konnte satte Gewinne einfahren. Davon zehren wir jetzt, im Winter, wo nichts mehr davon möglich ist." Denn leider helfen ihm und seinen Kollegen auch die staatlichen Überbrückungshilfen nichts, die Unternehmen, Selbständige, und Vereine unterstützen sollen, die temporär aufgrund der Pandemie geschlossen werden mussten. Schließlich bemessen die sich am Umsatz des Vorjahres - und der war wegen des milden Winters gleich null.

Schwarzwald | Skiliftbetreiber Lorenz
Skiliftbetreiber Robert Lorenz ist froh, dass seine Anlage am Rosshang läuftBild: Muriel Brunswig

Die Pandemie macht erfinderisch

Die Liftbetreiber sind nicht die einzigen, die sich etwas haben einfallen lassen. Auch andere Dienstleister, wie Stephanie Ketterer, machen das Beste aus ihrer Situation. Sie betreibt einen Alpaka-Hof in der Nähe von Rottweil. "Die Tiere brauchen Futter, die Versicherungen müssen bezahlt werden und irgendwie muss ja Geld in die Kassen kommen", erzählt sie, während sie die Tiere für die nächste Wanderung fertig macht. "Die Menschen wollen raus. Wir alle haben doch mehr als genug von den Einschränkungen, vom Eingesperrtsein Zuhause, vom Homeoffice und Homeschooling. Da ist so eine Wanderung mit Alpakas draußen im Schnee eine tolle Abwechslung."

Frau mit zwei Alpakas im verschneiten Wald nahe Rottweil, Baden-Württemberg
Sicheres Wintervergnügen: Stephanie Ketterer darf Touren mit ihren Alpakas anbietenBild: Muriel Brunswig

Sie hat lange mit dem Ordnungsamt und der Gemeinde Trichtingen diskutieren und nach Lösungen suchen müssen, um ihre Touren auch während Corona anbieten zu können, doch am Ende haben sie eine gefunden: Ein Haushalt plus sie dürfen auf Wanderschaft gehen. Mit Masken und Desinfektionsmitteln, die Tiere zwischen der Alpaka-Frau und der Familie. Und: Es wird, genau wie die Skiliftmiete, sehr gut angenommen. An jedem Wochenende ist sie auf Tour. "Das macht mich zwar nicht reich, aber die Kosten werden gedeckt, und das ist ja schon mal was".

Verkehrte Welt im Schwarzwald

Sind zu nicht-pandemischen Zeiten die Skihänge voll und die Wanderwege leer, hat sich das seit Corona im Schwarzwald umgekehrt. Vor allem am Wochenende ist entlang der Schwarzwaldhochstraße und auf dem Feldberg die Hölle los. Der Feldberg als höchster Berg des Schwarzwalds ist eines der beliebtesten Skigebiete Deutschlands. Normalerweise. Die Pisten sind gesperrt. Dennoch gibt es kilometerlange Staus, gesperrte Zufahrtsstraßen. Die Polizei hat viel zu tun. Denn es kommen einfach zu viele Menschen zur gleichen Zeit an die gleichen Orte.

Baden-Württemberg, Winterwanderin vor den Toren Freiburgs
Wer die Hotspots meidet, hat die magische Winterlandschaft des Schwarzwalds ganz für sich alleinBild: Muriel Brunswig

In normalen Zeiten fahren viele Deutsche in die Winterferien in die Alpen. Dann verteilen sich die restlichen Schwarzwaldbesucher auf insgesamt 158 Skihänge und Pisten. In diesem Winter konzentrieren sich alle auf das, was erlaubt ist: Wandern vor der eigenen Türe. Auch, wenn sie dafür 200 Kilometer weit fahren.

Zu viele Menschen an zu wenigen Orten

Nur: wie darauf reagieren? Maskenpflicht auf den Besucherparkplätzen und auf den Zugängen zu den Loipen sowie Straßensperrungen sind nur zwei Maßnahmen, die ergriffen werden. Appellieren an die Vernunft und darum bitten, touristische Fahrten sein zu lassen, ist die dritte; doch es reicht nicht. Es sind einfach zu viele Menschen an zu wenigen Orten. Dabei ist der Schwarzwald groß genug für alle.

Die Schwarzwälder selbst meiden die touristischen Hotspots. Sie findet man weit weg davon, zum Beispiel auf dem Schauinsland oder im Hotzenwald. Und die, die nicht aus der Region sind? Sollten sich vielleicht die Mühe machen, auch unbekanntere Ecken zu entdecken: Denn dann würden sich die Massen verteilen - und mit ausreichend Abstand kann dann auch nichts mehr passieren.

Muriel Brunswig Reisejournalistin und Buchautorin mit Spezialgebiet Deutschland und Marokko