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Wirklich auf dem Weg zum Grexit?

5. Januar 2015

Die Griechen raus aus der Eurozone? Das galt lange als Tabu. Nun scheinen die meisten Ängste verflogen, auch bei der Bundesregierung. Mit Spannung wird die Reaktion an den Börsen zum Wochenauftakt erwartet.

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Griechische Euro-Münzen (Illustration: dpa)
Bild: dpa

Aus Kanzleramt und Finanzministerium in Berlin waren am Wochenende keine Klarstellungen zu bekommen. Aber immerhin ein stellvertretender Regierungssprecher mühte sich in der aufgeheizten Debatte um einen möglichen Austritt Griechenlands aus der Eurozone, kurz "Grexit", redlich um Entspannung.

Ein Gespenst geht um in Europa: Drei Wochen vor den Parlamentswahlen in Griechenland liegt die Linkspartei Syriza unter Aleksis Tsipras laut jüngsten Umfragen immer noch deutlich in Führung. Und die will den Spar- und Reformkurs beenden und von den internationalen Gläubigern einen Schuldenerlass verlangen. Dies käme einer Aufkündigung der Vereinbarungen mit den Geldgebern gleich. Da reichte ein Bericht des deutschen Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" und die Debatte über eine Rückkehr der Hellenen zur Drachme war wieder voll entbrannt.

Nach Informationen des Hamburger Blatts halten Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (beide CDU) ein Ausscheiden der hoch verschuldeten Griechen aus der Währungsgemeinschaft inzwischen durchaus für verkraftbar. Die Bundesregierung halte dies sogar für nahezu unausweichlich, falls das Land nach der Parlamentswahl seine Sparpolitik aufgebe, heißt es in dem "Spiegel"-Bericht.

Vize-Regierungssprecher Georg Streiter wollte dem Eindruck entgegentreten, dass es einen Bruch in der Haltung der Bundesregierung gebe. "Es gibt keine Kursänderung", sagte er, und: "Die Bundesregierung geht davon aus, dass Griechenland auch weiterhin seinen Verpflichtungen nachkommen wird".

Stabiler als 2012 ?

Eine ganze Reihe von Politikern aus CDU und SPD schlossen sich aber der Position an, dass man anders als in der Finanzkrise 2012 heute ein "Grexit" nicht mehr fürchten müsse. Es gebe seitdem Fortschritte in der Eurozone. Dazu zähle der Europäische Stabilitäts-Mechanismus (ESM), über den Staaten im Notfall mit bis zu 500 Milliarden Euro gerettet werden können. Auch sei die Ansteckungsgefahr für andere, ehemals gefährdete Länder wie Irland oder Portugal nicht mehr so groß. Das Beharren auf einer strikten Sparpolitik in Athen sei auch notwendig als dauernde Mahnung an Italien und Frankreich.

Auch Bayerns Finanzminister Markus Söder verlangte ein Festhalten am Spardiktat. Es werde "keine Lex Griechenland geben", nur weil die Regierung möglicherweise wechsle, sagte der CSU-Politiker der "Süddeutschen Zeitung". Er warnte aber zugleich vor überzogenen und voreiligen Schritten. Er habe einen Austritt auch früher "nicht als Schreckensszenario" empfunden, so Söder.

Springen noch mehr ab ?

Mehrere Wirtschaftexperten weisen hingegen deutlich auf "unkalkulierbare Risiken" hin. "Wir glauben alle, dass ein Austritt beherrschbar wäre, aber wissen tut es keiner", mahnte etwa der Chefökonom der Nordea-Bank, Holger Sandte. "Die Fliehkräfte in Europa könnten enorm sein, weil auch andere ausscheren könnten", sagte er der "Rheinischen Post". Auch Clemens Fuest, der Chef des Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung, meinte trocken: "Ich würde es vorziehen, wenn Griechenland in der Eurozone bleibt und seine Reformanstrengungen verstärkt."

Die Linke warf der Bundesregierung Erpressung und gezielte Destabilisierung Griechenlands vor. "Die Bundesregierung lanciert mit dieser gezielten Indiskretion eine Bombe, die in Athen die Krise eskalieren lässt", beklagte zum Beispiel Parteichef Bernd Riexinger. Auch bei einem Sieg der linken Syriza müsse Deutschland das Ergebnis akzeptieren. Politiker der Grünen hielten die ganze Debatte vor der Wahl am 25. Januar für unangebracht...

SC/ml (afp, rtr, dpa)