Reisen, Tickets und Unterkunft - die Sorgen der Fans
22. April 2022Knapp sieben Monaten sind es noch bis zum Anpfiff der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar. Allerdings ist von Vorfreude bei den meisten Fans noch nichts zu spüren. Denn die geringe Anzahl an Unterkünften, Transportkosten und die Preise für Eintrittskarten bereiten vielen Menschen, die zur WM reisen wollen, Kopfzerbrechen. Zudem wollen einige Fans dem Turnier aus ethischen Gründen fernbleiben.
Ein FIFA-Sprecher erklärte gegenüber der DW, dass die Fans keine Probleme haben werden, eine Unterbringung zu finden. Schließlich werden bis zu 130.000 Zimmer für die über eine Million erwarteten Fans bereitgestellt. "Jede verfügbare Unterkunftsmöglichkeit im Land wird genutzt, um den Zuschauern während des Turniers eine Reihe einzigartiger und innovativer Optionen zu bieten." Neben den traditionellen Zwei- bis Fünf-Sterne-Hotels werden vorübergehend Kreuzfahrtschiffe zu sogenannten "schwimmenden Hotels" umfunktioniert, es soll Apartments, Villen sowie Wüstencamps geben.
Dass 30.000 Zimmer jedoch noch nicht fertig gebaut sind, wird nur am Rande erwähnt. Ronan Evain, geschäftsführender Direktor von "Football Supporters Europe", glaubt, dass maximal 27.000 weitere Betten im Laufe der nächsten Monate hinzukommen. Diese seien jetzt jedoch noch nicht buchbar.
Verantwortlich für die Infrastruktur, die Unterbringung und den Transport während der WM in Katar ist das Supreme Committee for Delivery & Legacy, kurz SC. Das Komitee gibt an, dass es "bis zu 6.500 Betten in den Wüstencamps und weitere 2.500 in provisorischen Hütten geben wird", berichtet Evain der DW. "Aber es gibt keine Klarheit darüber, wann alles fertig sein wird." Eine Garantie gäbe es nicht.
Keine Unterkunft ohne Ticket
Somit wissen viele Fans derzeit auch nicht, welche Kosten für die Unterbringung auf sie zukommen werden. Das SC teilte Anfang des Jahres mit, dass die Preise bei 80 US-Dollar (ca. 74 Euro) pro Nacht beginnen werden. Evain geht aber davon aus, dass die billigste Option - ein Einzelbett in einem Zimmer oder ein Mehrbettzimmer - ungefähr für 100 US-Dollar (ca. 92 Euro) pro Nacht zu haben sein wird. Für eine Übernachtung auf einem Kreuzfahrtschiff sei mit 400 US-Dollar (ca. 370 Euro) pro Nacht zu rechnen.
Bei der Buchung ergibt sich ein weiteres Problem, meint Evain: "Um eine Unterkunft in Katar buchen zu können, muss man die Nummer der Eintrittskarte eingeben." Derzeit läuft die zweite von insgesamt drei Verkaufsphase, erst am 31.Mai werden erfolgreiche Ticketkäufer benachrichtigt. Diejenigen, die erst in der dritte Phase Tickets bekommen, können demnach erst noch viel später buchen.
Die Situation etwas mehr als ein halbes Jahr vor Turnierbeginn bleibt also weiter unklar. Der in Doha ansässige Nachrichtensender Al Jazeera berichtete Mitte April, dass der Iran sich darauf vorbereite, die WM-Fans auf der Insel Kish unterzubringen, die 40 Flugminuten oder sechs Stunden mit dem Boot von Doha entfernt liegt.
"Es ist ein generelles Problem, dass sich die Turnierveranstalter im Allgemeinen nicht genug um die reisenden Fans kümmern", berichtet Evian. "Oder wie im Fall von Katar, ein Angebot haben, das nicht dem tatsächlichen Profil oder dem Budget der Reisenden entspricht."
Die WM-Organisatoren zeichnen jedoch ein anderes Bild. "Das Ziel des SC war es immer, faire und vernünftige Preise für die Fans zu haben", heißt es in einer Erklärung auf Nachfrage der DW. "Wir haben eng mit den wichtigsten Interessengruppen zusammengearbeitet, um erschwingliche Preise für alle Arten von Unterkünften zu gewährleisten."
Wie viele Reisen sind erforderlich?
Der FIFA-Sprecher erklärte zudem gegenüber der DW, dass Katar sich verpflichtet habe, das Turnier so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten, indem es "alle Treibhausgasemissionen misst, abmildert und ausgleicht sowie kohlenstoffarme Lösungen in Katar und der Region vorantreibt."
Darüber hinaus betonte der Sprecher, dass durch den kompakten Charakter des Turniers "die langen Reisen zwischen den Austragungsstädten, die bei anderen Weltmeisterschaften typischerweise erforderlich sind, entfallen. Somit werden die damit verbundenen Kohlenstoffemissionen reduziert."
Da jedoch die Situation um die Unterbringungsmöglichkeiten noch unklar ist, gäbe es Überlegungen einiger Fangruppen, so Evain, zu jedem Spiel aus Europa ein- und auszufliegen. Dies wäre verheerend für die Umwelt und würde weitere Kosten für die Fans verursachen.
"Zum Zeitpunkt der WM-Bewerbung Katars hatte sich die Fluglinie Qatar Airways bzw. hatten sich die Kataris verpflichtet, kostenlose Flüge für Ticketinhaber anzubieten. Viele Dinge, die im Angebot versprochen wurden, sind jedoch nie eingetreten", so Evain.
Bedenken wegen der Ticketpreise
Wie die FIFA mitteilte, war die Nachfrage nach Eintrittskarten mit über 800.000 verkauften Tickets in der ersten Phase sehr hoch. Evain aber glaubt, dass dies kein Hinweis darauf ist, wie viele Fans tatsächlich kommen werden. "Es ist ein Unterschied, ob man die Tickets jetzt für fünf-, sechs- oder siebenhundert US-Dollar (ca. 460 Euro, 550 Euro oder 645 Euro) kauft oder ob man tatsächlich nach Katar reist", sagt er. "Ich glaube nicht, dass die Verkaufszahlen, die wir im Moment sehen, unbedingt ein guter Hinweis darauf sind, wie viele Menschen tatsächlich zur WM reisen werden."
Die FIFA erklärte, dass für 55 der 64 WM-Spiele günstigere Tickets als für die Spiele der letzten Weltmeisterschaft in Russland erhältlich sein werden. Ihr Sprecher fügte hinzu, dass die Preise zwischen 40 QAR pro Ticket für Einwohner Katars (ca. 9 Euro, 53 % billiger als in Russland) und 250 QAR für internationale Fans (ca. 65 Euro, 33 % billiger als in Russland) variieren werden.
"Das Viertelfinale, das Halbfinale, das Spiel um Platz drei sowie das Finale - alle Karten sind teurer, manche sogar deutlich", hält Evain dagegen. "Alles in allem ist es also eine Steigerung."
Für Fans, die eine Pro- und Contra-Liste für die Reise zur WM nach Katar erstellen, wird die Contra-Liste immer länger. Von ethischen Bedenken bis hin zu den Reisekosten und den Preisen für eine Eintrittskarten - es gibt viele Gründe, sich zu fragen, ob dies wirklich eine Weltmeisterschaft sein wird, bei der Fans aus der ganzen Welt zusammenkommen, so wie die Organisatoren sich es erhoffen.
Aus dem Englischen adaptiert von Thomas Klein