Günstig wohnen auf Zeit
29. Januar 2009Der 27-jährige Daniel wohnt mit drei Freunden in einer Touristenattraktion im Herzen der Stadt: im Geburtshaus des niederländischen Stargeigers André Rieu. Die WG ist weder mit Rieu verwandt oder bekannt, noch sind ihre Bewohner reich.
Für 200 Euro im Geburtshaus von Rieu wohnen
Sie sind "Antikraaker" – so etwas wie Hausmeister für das etwas in die Jahre gekommenen Haus. Als Miete zahlt jeder nur 200 Euro im Monat. Daniel kommt aus Aachen und hat in Maastricht an der Kunsthochschule studiert. Seit vier Jahren bewohnt er "Antikraak"-Häuser und kennt die Spielregeln.
Regel Nummer 1: Flexibel sein. Denn als "Antikraaker" ist man immer nur ein Zwischennutzer und kann mit einer Frist von zwei Wochen wieder herausgeworfen werden, zum Beispiel, wenn das Gebäude abgerissen oder verkauft wird. Regel Nummer 2: Der Hauseigentümer und die Vermittlungsfirma behalten einen Schlüssel und können regelmäßig zur Kontrolle vorbei kommen.
Ein kleines Abenteuer
"Pseudo-Kraaken" nennt Daniel "Antikraak": Statt sich in einer Nacht und Nebel-Aktion mit der Brechstange eine Bleibe zu suchen, muss ein "Antikraaker" sich nur in eine Liste eintragen. Irgendwann wird er angerufen und hat eine Wohnung.
Ein bisschen Abenteuer schwingt aber auch bei "Antikraak" mit, denn oft sind es leer stehende Fabriken oder riesige Bürogebäude, die sie "bewachen". Esther erinnert sich mit einem leichten Schaudern, an ihr erstes Haus. "Da liefen häufig irgendwelche Leute rum, die sogar Scheiben eingeschlagen haben. Das Gebäude war so groß, dass du nie wusstest, ob jemand da war oder nicht", erzählt sie.
Als Wachleute in leer stehenden Gebäuden wohnen
Für Esther ist "Antikraak" ideal: Die Künstlerin zahlt für ihre vier Räume 180 Euro inklusive Nebenkosten und hat noch genug Platz für ihr Atelier. Ihre zwei Etagen sind ein kreatives Chaos –Kreiden, Pinsel, Leinwände, Farbtuben, Bilderrahmen. Ob sie das alles wirklich in Umzugskartons verpackt bekäme und das Häuschen besenrein innerhalb von zwei Wochen hinterlassen könnte? "Vor ein paar Wochen kam ein Typ zur Kontrolle vorbei und das Haus war sehr unordentlich. Ich sagte ihm, ich sei Künstlerin. Er fand das zwar nicht toll, aber sagte, es sei ok. Ich muss mich nicht verstellen, um die glücklich zu machen.
Nicht jede "Antikraak"-Firma ist so unkompliziert. In dem großen Bürogebäude, in dem sie zuerst wohnte, war es anders: "Die Besitzer wollten, dass wir das saubermachen und das ganze Haus putzen, auch wenn nie jemand da war. Dann hat man das Gefühl, sie machen das nu rum dich zu ärgern und dir zu zeigen, dass sie die Macht über dich haben“, sagt Esther.
An Luxus gewöhnt
Die "Antikraaker" unterschreiben einen Vertrag, der fast 20 Seiten lang ist. Darin steht, dass sie keine Haustiere oder Kinder haben und auch nicht schwanger sein dürfen. Sie dürfen keine Partys feiern, keine weichen Drogen konsumieren und keinen Kontakt zur Hausbesetzerszene haben. Wollen sie ihr Haus länger als drei Nächte verlassen, brauchen sie eine Genehmigung.
Daniel nimmt das alles nicht zu ernst. Er sieht das Problem eher woanders: "Man gewöhnt sich halt an den Luxus von ich weiß nicht wie viel Hundert Quadratmetern und wenn man dann in einer kleinere Wohnung kommt, dann denkt man natürlich schon: ‚Hm, das war’s jetzt hier’“, sagt er. Aber sollte man klarkommen.