Wohnungsbau: "Es braut sich ein Sturm zusammen"
21. August 2023"Es braut sich ein Sturm zusammen", sagte Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo-Umfragen. "Nach einem langjährigen Boom würgen die höheren Zinsen und die drastisch gestiegenen Baukosten das Neugeschäft förmlich ab." Seit dem Frühling 2022 seien auffällig viele Auftragsstornierungen im Wohnungsbau zu beobachten.
Aktuell klagten 18,9 Prozent der Betriebe über abgesagte Projekte, nach 19,2 Prozent im Vormonat. Im langfristigen Mittel betrug der Anteil nur 3,1 Prozent. Betrachtet man nur die Jahre bis 2021, waren es lediglich 1,5 Prozent. "Der Wohnungsbau steht unter starkem Druck. Auf der einen Seite werden kontinuierlich bestehende Aufträge storniert, auf der anderen Seite kommen immer weniger Neuaufträge rein", sagte Wohlrabe.
Die Polster werden dünner
Viele Unternehmen zehren noch von den Auftragspolstern, die sie in besseren Zeiten aufbauen konnten. Für einige Betriebe wird die Situation allerdings schon bedrohlich, wie das Ifo erläuterte. Im Rahmen der jüngsten Umfrage meldeten 10,5 Prozent der Wohnungsbaufirmen Finanzierungsschwierigkeiten. Im Vorjahr waren es nur halb so viele.
"Viele Projekte sind unter den neuen Rahmenbedingungen für Investoren nicht mehr rentabel, und auch private Bauleute haben zunehmende Probleme, eine Finanzierung auf die Beine zu stellen", betonte Wohlrabe. Für die kommenden Monate rechne eine Mehrheit der Betriebe mit einer weiteren Abkühlung. Die Geschäftserwartungen lagen bei außerordentlich schwachen minus 52,1 Punkten.
Berliner Reaktionen
Bauministerin Klara Geywitz (SPD) bekräftigte am Sonntag, dass sie im September ein Hilfspaket für die kriselnde Baubranche vorstellen werde. "Wichtig ist, dass wir in so einer Situation einen Impuls setzen", sagte die SPD-Politikerin. Die Baubranche brauche einen Nachfrageimpuls, weil Kreditfinanzierungen deutlich teurer geworden seien. Deswegen werde nun viel weniger gebaut
Im Rahmen des sogenannten Wachstumschancengesetzes von Finanzminister Christian Lindner (FDP) werde es Hilfen geben. In der jetzigen Anpassungsphase mit höheren Zinsen wäre es das Schlimmste, Baukapazitäten abzubauen.
Im ersten Halbjahr sind die Baugenehmigungen in Deutschland eingebrochen, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitgeteilt hatte. Es waren 50.600 oder 27,2 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2022. Geywitz hatte zuletzt bereits eine degressive Abschreibung im Wohnungsbau vorgeschlagen. Bauherren könnten dann innerhalb der ersten acht Jahre 48 Prozent der Kosten bei der Steuer abschreiben.
dk/hb (dpa/rtr, Ifo)