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Wolken aus dem Westen

Max Hofmann11. Februar 2003

Die ostasiatischen Länder sind nach der großen Krise vor gut fünf Jahren vorsichtig geworden. Nervös verfolgen sie die Wachstumsprognosen, die vor allem eines zeigen: Der Westen zieht sie mit in die Krise.

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Trübe Stimmung in Hong KongBild: AP

5,6 Prozent Wachstum - von so einer Zahl kann man in den meisten europäischen Ländern nur träumen. Deutschland beispielsweise rechnet mit gerade mal einem Prozentpunkt für dieses Jahr. Die ostasiatischen Länder müssten also eigentlich hochzufrieden sein. Für sie hat die asiatische Entwicklungsbank (ADB) diese 5,6 Prozent Wachstum vorausgesagt. Sie sind es aber nicht - und das aus gutem Grund. Ursprünglich hatte die ADB 5,9 Prozent anvisiert und selbst damit kämen China und die sogenannten Tigerstaaten wie Südkorea der magischen Fünf-Prozent-Hürde gefährlich nahe.

Krise mit fünf Prozent

Dr. Rüdiger Machetzki vom Institut für Asienforschung in Hamburg geht davon aus, dass für die meisten ostasiatischen Länder fünf Prozent die Grenze sind "unterhalb der überhaupt kein Entwicklungsfortschritt möglich ist." Viele Staaten bräuchten dieses enorme Wachstum, um überhaupt die Folgen ihres schnellen Bevölkerungswachstums ausgleichen zu können. Um zusätzlich ihren Verpflichtungen im Ausland nachzukommen, müssen ihre Wirtschaften ein hohes Tempo anschlagen. Vor allem die Tigerstaaten wie Singapur und Taiwan leben davon, dass sie billig und viel für die westlichen Märkte produzieren.

Alles hängt am Westen

Was die Stimmung auf den asiatischen Wirtschaftskonferenzen derzeit besonders trübt, sind die konjunkturellen Prognosen der Absatzmärkte USA und Europa. Für Machetzki ist der Zusammenhang klar: China, Südkorea und Co sind "in ihrem Wachstum sehr stark von den westlichen Märkten abhängig", so dass die schlechte Lage dort "direkt auf die Volkswirtschaften in Ostasien durchschlägt".

Mit starken Binnenmärkten wäre in den Tigerstaaten wieder eitel Sonnenschein. Davon sind sie aber weit entfernt. Länder wie Thailand und Indonesien haben kein ausreichendes Pro-Kopf-Einkommen um sich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf zu ziehen. Sie dienen hauptsächlich als Produktionsstätten für die westlichen Länder.

Begehrtes China

Ganz anders in China. Dort versuchen die Unternehmer aus dem Westen mit allen Mitteln Zugang zum Markt zu erlangen. Weit über eine Milliarde potenzieller Konsumenten sind eine Verlockung, der keine Firma widerstehen kann. Deshalb flattert das chinesische Fähnchen auch nicht so hilflos im Wind der Weltkonjunktur, wie das anderer ostasiatischer Länder. Das Reich der Mitte kann seine Wirtschaft aktiv stabilisieren. Die "gewaltigen staatlichen Konjunkturprogramme" in China haben einen großen Teil zu den eindrucksvollen Wachstumszahlen der letzten Jahre beigetragen, unterstreicht Rüdiger Machetzki.

Börse in Malayasia
An der Börse in MalaysiaBild: AP

Das gilt nicht für die meisten kleineren Länder. Südkorea droht nach dem Regen der großen Asienkrise vor fünf Jahren nun in die Traufe einer neuen Krise zu schlittern. Der sogenannte Kospi-Index an der Börse in der Hauptstadt Seoul hat in den letzten zehn Monaten fast 50 Prozent an Wert verloren.

Sündenbock Politik

Schließlich gibt es noch die unsichere weltpolitische Lage. Die asiatische Entwicklungsbank macht die Möglichkeit eines Krieges im Irak als eine der wichtigsten Gefahren für das Wachstum aus. Für Machetzki nicht wirklich ein Argument. Er glaubt, "dass die psychologische Komponente wahrscheinlich stärker durchschlägt" als die politische. Die westliche Politik bedrohe Ostasien kaum. Die westliche Wirtschaft schon wesentlich mehr.