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Yuan wird Weltreservewährung

Insa Wrede/nm (mit Agenturen)30. November 2015

China will weiter als finanzpolitische Macht aufsteigen. Dabei ist ein wichtiger Schritt gelungen: Der chinesische Yuan wird neben Dollar, Pfund, Yen und Euro zur fünften Weltreservewährung.

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China Finanzmarkt Juni 2013
Bild: ChinaFotoPress/Getty Images

China hat sich zur zweitgrößten Volkswirtschaft gemausert und will sich nicht länger mit der Vorherrschaft des amerikanischen Dollars auf den internationalen Märkten abfinden. Schon seit Jahren bemüht sich die Volksrepublik darum, in den Kreis der Währungseliten aufgenommen zu werden. Das wurde bislang abgelehnt, unter anderem weil die Währung zu fest unter staatlicher Kontrolle steht.

Nun hat der Internationale Währungsfonds (IWF) darüber entschieden. Diesmal fiel die Antwort positiv aus. Der Renminbi - vielen vor allem als Yuan bekannt - ist damit die fünfte Weltreservewährung neben dem amerikanischen Dollar, dem britischen Pfund, dem Euro und dem japanischen Yen. Der Schritt sei ein wichtiger Meilenstein bei der Integration der Volksrepublik in das Welt-Finanzsystem, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde am Montag.

Die gewichteten Währungen des Währungskorbes bilden eine Art Kunstwährung, die sogenannten Sonderziehungsrechte (SZR). Jedes der 188 IWF-Mitgliedsländer erhält in einem bestimmten Umfang SZR und kann sie, wenn die Devisen knapp werden sollten, beim IWF beispielsweise in Euro oder Dollar tauschen. Für den IWF fungieren die SZR als Berechnungsgrundlage, auch für internationale Finanzhilfen.

Prestige und praktische Vorteile

Der Yuan als Teil des Währungskorbes - für China ist das ein großer Prestigegewinn. Laut Shen Ling, Wissenschaftler an der Technischen Universität Ostchina, dürfe man vor allem die symbolische Kraft einer solchen Entscheidung nicht unterschätzen. Langfristig werden die Zentralbanken einen Teil ihrer Devisen in Yuan umwandeln. "Dann können wir beim Außenhandel direkt mit Yuan abrechnen anstatt mit einer dritten Währung wie Dollar oder Euro. Das ist riesiger Vorteil!"

Werden Geschäfte in größerem Maße in Renminbi abgewickelt, spart die chinesische Wirtschaft zudem Transaktionskosten. Auch Investitionen im Ausland würden erleichtert.

Bereits vor zwei Wochen hatte Christine Lagarde öffentlich ihre Unterstützung signalisiert, dass die Ersatzwährung des Fonds künftig auch aus dem chinesischen Yuan bestehen soll. Die Bedingungen für eine Aufnahme seien erfüllt, sagte sie. Das heißt, der Yuan muss in einem entsprechend großen Volumen international gehandelt werden und muss frei verfügbar sein. Vor allem an letzerem Kriterium hatten die USA lange gezweifelt. Der Yuan darf überhaupt erst seit 2004 außerhalb der Grenzen Chinas gehandelt werden.

Yuan gewinnt an Bedeutung

Seit Jahren arbeitet die chinesische Regierung daran, die Bedeutung des Yuan beim internationalen Handel zu steigern. So gewährt die chinesische Notenbank immer mehr ausländischen Zentralbanken und anderen Institutionen Zugang zum chinesischen Interbanken-Devisenmarkt. Seit 2009 wurden über 30 Devisen-Tausch-Abkommen, sogenannte "Swap-Abkommen" mit Nationen vor allem in Asien und Afrika geschlossen. Über solche Abkommen leihen sich Notenbanken untereinander Devisen. Für China bedeutet das: Geschäfte mit Handelspartnern müssen nicht mehr wie früher in Dollar, sondern können nun direkt in den Landeswährungen abgewickelt werden.

Inzwischen werden 2,8 Prozent des weltweiten Handels in chinesischen Yuan getätigt - Tendenz stark steigend. Damit liegt er auf Platz vier der international am meisten gehandelten Währungen - noch vor dem japanischen Yen. Allerdings ist der Yuan im Vergleich zum Top-Trio noch immer ein Zwerg: Knapp 45 Prozent der internationalen Zahlungen werden in Dollar und gut 27 Prozent in Euro und 8,5 Prozent mit dem britischen Pfund abgewickelt.

Trotz der relativ geringen Volumina buhlen die internationalen Finanzplätze darum, Handelszentrum für den Yuan zu werden. In Deutschland soll eine seit kurzem installierte Clearing-Bank den Handel weiter forcieren, und der Finanzplatz London bewirbt sich als Europa-Zentrum für den Handel in der chinesischen Währung.

Chinas Finanzmärkte werden schrittweise geöffnet

Die Finanzwelt Chinas war lange Zeit abgeschottet. Nachdem internationale Anleger sich in den 1990er Jahren plötzlich aus den Währungen in Thailand und Südkorea zurückzogen und dort eine Finanzkrise auslösten, hatte China die Sicherheitsbarrieren um seine Finanzmärkte erhöht. Der Yuan wurde an den Dollar gekoppelt. Um den Wechselkurs stabil zu halten, kaufte China immer wieder im großen Stil Dollar. Bis Mitte der 2000er erhöhten sich so die Devisenreserven um rund 40 Prozent jedes Jahr. Erst seit Sommer letzten Jahres fallen die Reservebestände wieder leicht.

Das lag auch daran, dass China im August dieses Jahres verkündete, weniger in den Wechselkurs eingreifen zu wollen. Bislang setzt die Zentralbank jeden Tag zu Handelsbeginn einen Referenzkurs des Yuan zum Dollar fest. Um diesen Punkt darf der Yuan um maximal zwei Prozent schwanken. Neu ist nun, dass sich der Referenzkurs am Schlussstand des Vortages orientiert und damit stärker an den Marktkursen.

Diese Änderungen verschafften der Volksrepublik beinahe ein frei schwankendes Wechselkurssystem, sagte der IWF-Vertreter für China, Markus Rodlauer. Die neue Methode dürfte es dem Yuan theoretisch erlauben, sich bis zu zehn Prozent in einer Woche zu bewegen. Die Behörden müssten derzeit zwar wahrscheinlich immer noch am Devisenmarkt eingreifen. Es sei jedoch die Basis für eine größere Flexibilität gelegt worden. Der IWF hoffe, in spätestens drei Jahren ein frei schwankendes System in China zu sehen.

Chinas Finanzpolitik wichtiger als Währungskorb

Nach der Entscheidung am Montag wird der Yuan nicht sofort, sondern erst im Herbst 2016 in den Währungskorb aufgenommen. Viele Experten sehen mit der Aufnahme der chinesischen Währung ein Ende der Vorherrschaft des US-Dollars als weltweite Leitwährung. Dazu muss es China aber über viele Jahre schaffen, die Position seiner Währung im Währungskorb zu stabilisieren. Der Euro, dem auch der Ruf nacheilte, den Dollar ablösen zu können, hat inzwischen eher wieder an Boden verloren.

Allerdings werfen Kritiker ein, dass der Währungskorb des IWF nicht mehr die Bedeutung habe wie zu Zeiten seiner Einführung 1969. Heutzutage macht er nur noch um die zwei Prozent der globalen Währungsreserven aus. Anleger werden ihre Entscheidung, in Yuan zu handeln, wohl eher an der Finanzpolitik Chinas ausrichten, als an der Entscheidung, dass der Yuan nun Weltreservewährung ist.