Zapatero möchte Merkel mit "Happy End" glücklich machen
12. September 2006Nach fast sieben Monaten Streit um die Übernahme des spanischen Energiekonzerns Endesa durch die deutsche E.ON soll am Dienstag (11.9.2006) im malerischen Meersburg am Bodensee die Versöhnung eingeläutet werden. Spaniens sozialistischer Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero reist zum Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Baden-Württemberg und kündigte bereits im Vorfeld ein "Happy End" an: "Für Spanien, für Europa, für den Energiesektor, für die Stromwirtschaft". Auch Merkel ist nach eigenen Worten grundsätzlich optimistisch, dass die Angelegenheit auf gutem Wege ist.
Offenbar hat die Regierung in Madrid eingesehen, dass sie ihren hartnäckigen Widerstand gegen die Übernahme nicht durchhalten kann. E.ON bot im Februar 29,1 Milliarden Euro für Endesa und damit satte 6,6 Milliarden Euro mehr als der Konkurrent, die spanische Gas Natural.
Spaniens Blockade-Taktik
Die Düsseldorfer wollen mit der Übernahme zum größten Energiekonzern der Welt aufsteigen - doch die spanische Regierung blockte mit allen Mitteln. Zunächst stärkte sie eigens die Kompetenzen ihrer Regulierungsbehörde CNE; diese erließ dann im Juli 19 zum Teil drastische Auflagen für den Deal. E.ON sollte danach unter anderem einen zu Endesa gehörenden Atommeiler verkaufen und die Kontrolle über weitere Kraftwerke an spanische Partner abgeben.
Der deutsche Konzern wehrte sich gegen diese Auflagen. Zehn von 19 müssten wieder gestrichen werden, forderte E.ON Mitte August. Unterstützt werden die Düsseldorfer von EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes, die der Fusion schon im April grünes Licht gegeben hatte. Gegen die erweiterten Rechte der CNE leitete die Niederländerin ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Spanien ein; in einem vorläufigen Bescheid von Ende August verwarf sie die von der Behörde verhängten Auflagen für den Deal als wettbewerbswidrig.
Druck wirkt
Die EU-Kommission habe gewichtige Argumente vorgebracht, wonach manche der an E.ON gestellten Bedingungen nicht haltbar seien, gab Spaniens Wirtschaftsminister Pedro Solbes schließlich zu. Einige Hindernisse werde seine Regierung wohl aus dem Weg räumen müssen, kündigte er an. Zum Beispiel soll Endesa statt wie bislang verlangt 33 Prozent nur noch 25 Prozent ihres Spaniengeschäfts abgeben, wie die Zeitung "Financial Times Deutschland" am Montag unter Berufung auf Regierungskreise in Madrid berichtete. Das Industrie- und das Wirtschaftsministerium prüften zudem zurzeit, ob E.ON die Kontrolle über Atom- und Kohlekraftwerke in Spanien nach der Übernahme tatsächlich abgeben müsste.
Ob solche Einzelheiten in Meersburg schon genannt werden, ist offen. Der Ball liegt bei Zapatero. Die Bundesregierung hat sich in der Auseinandersetzung eher zurückgehalten, zugleich aber deutlich gemacht, dass in einem gemeinsamen EU-Binnenmarkt auch Firmenübernahmen uneingeschränkt möglich sein müssten. Bundeskanzlerin Merkel hatte mehrmals davon gesprochen, dass es auch "europäische Champions" geben müsse. Da es sich um eine Auseinandersetzung zwischen Spanien und der EU handelt, geht man in der Bundesregierung nicht davon aus, dass nach dem Treffen bereits alle Hindernisse für die Übernahme beseitigt sind. Entscheidend sind die Kontakte zwischen Spanien und der EU. Bekannt werden dürften die Details aber dennoch ziemlich rasch. Bis Mittwoch (13.9.) nämlich muss Madrid nach Brüssel übermitteln, wie es sich denn die Zukunft von Endesa nun vorstellt.
Flüchtlingskrise
Nach Angaben aus Regierungskreisen in Madrid wollen die Spanier auch das Thema Migration und die Flüchtlingskrise auf den Kanaren zur Sprache bringen. Bislang hat sich Deutschland diesbezüglich nicht sonderlich engagiert, etwa was die Überwachung der Küsten vor Westafrika angeht. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hatte der spanischen Regierung bereits Anfang Juni mitgeteilt, dass Deutschland seine Schiffe und Hubschrauber selbst benötige.
Die Bundesregierung beäugt die spanische Einwanderungspolitik kritisch. Das erläuterte Schäuble bereits am Rande eines Ministertreffens in Luxemburg. Illegale Einwanderer würden angelockt, indem sie sich 40 Tage nach ihrer Ankunft frei in Spanien bewegen dürften. Ähnliches gelte für den rechtmäßigen Aufenthalts-Status, den Spanien 2005 mehr als 500.000 Einwanderern zuerkannte.
Ein weiteres Thema wird die Lage in Nahost sein. Spanien beteiligt sich mit bis zu 1100 Soldaten an der Libanon-Friedenstruppe, die ersten spanischen Soldaten sind bereits auf dem Weg. Das deutsche Parlament ist in dieser Sache noch unentschlossen.
Die Konsultationen sind die 20. ihrer Art. Neben Merkel und Zapatero werden auch die Außen-, Innen- und Forschungsminister zu Beratungen zusammenkommen. Auch Energie- und Umweltfragen werden auf Minister-Ebene erörtert. (mas)