EU-Datenschutz gilt auch für Zeugen Jehovas
1. Februar 2018Die Zeugen Jehovas müssen einem Gutachten des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zufolge bei Haustürbesuchen die EU-Datenschutzrichtlinie beachten. Von den Mitgliedern der Religionsgemeinschaft angefertigte Notizen über die Gespräche mit den Besuchten fallen in den Anwendungsbereich des Gesetzes, wie aus dem in Luxemburg vorgelegten Gutachten des EuGH-Generalanwaltes hervorgeht.
Es geht um Daten aus Hausbesuchen
Anlass ist ein Fall aus Finnland. Im September 2013 entschied die dortige nationale Datenschutzkommission, dass die Zeugen Jehovas personenbezogene Daten von Hausbesuchen nur erheben und verarbeiten dürfen, wenn sie sich den rechtlichen Bestimmungen unterwerfen. Laut finnischer Justiz machten sich Mitglieder der Gemeinschaft unter anderem Notizen über die Familienverhältnisse und die religiöse Orientierung der Besuchten, um bei neuerlichen Besuchen darauf zurückzugreifen, wie der EuGH-Generalanwalt rekapitulierte.
Die Zeugen Jehovas klagten gegen die Auflage. Sie machten laut EuGH unter anderem geltend, dass es sich bei der Verkündigungstätigkeit, in deren Rahmen ein Mitglied gegebenenfalls Notizen anfertige, um individuelle Religionsausübung handele. Die Aufzeichnungen seien persönlicher Natur. Die Gemeinschaft als solche erstelle weder eine Datei im Sinne des Datenschutzgesetzes noch greife sie darauf zu.
EuGH: Nicht nur persönliche Notizen
Dies sah der Generalanwalt anders. Er begründete seine Auffassung zum Beispiel damit, dass die Gemeinschaft die Verkündungstätigkeit der Mitglieder zentral organisiere. Damit seien auch die in diesem Rahmen gemachten Notizen kaum als bloß persönliche Notizen anzusehen. Ferner verwies er unter anderem darauf, dass die Gemeinschaft den Mitgliedern in der Zeit vor dem Rechtsstreit noch selbst Formulare für die Notizen bereitgestellt habe.
Das Gutachten ist Grundlage für das Urteil des Europäischen Gerichtshofs, das für gewöhnlich mehrere Monate danach ergeht. Die Richter folgen solchen Gutachten in vielen Fällen, müssen es aber nicht. Das Urteil des EuGH, mit dem er das einschlägige EU-Datenschutzgesetz auslegt, bildet dann wiederum die Vorlage für das von der finnischen Justiz zu fällende Urteil.
sti/kle (epd, kna)