1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Zusammenarbeit nach amerikanischen Regeln

Reinhold Meyer8. Juli 2003

Über die Motive der Afrika-Reise von US-Präsident George W. Bush wird viel spekuliert. Es geht vor allem um Rohstoffe und Märkte, meint Reinhold Mayer in seinem Kommentar.

https://p.dw.com/p/3pe9

Im zweiten Anlauf - eine für vergangenen Januar geplante Reise war abgesagt worden - besucht der amerikanische Präsident Bush vom 7.-12. Juli Senegal, Südafrika, Botswana, Uganda und Nigeria. Die Reiseroute vermittelt die klare Botschaft: Wer den polit- und wirtschaftsstrategischen Orientierungen der Amerikaner folgt, kann von der Bush-Administration eine Belohnung erwarten. Das Weiße Haus deutete vor der Reise seine Bereitschaft an, sich möglicherweise an einem Friedenseinsatz in Liberia mit Elitesoldaten zu beteiligen. Dies war ein weiteres Signal an die Adresse der Kritiker in Afrika, die ein konkretes Engagement der Amerikaner auch in den afrikanischen Krisenherden bisher vermissten.

Afrika südlich der Sahara spielt für die USA eine immer größere Rolle - in erster Linie als Erdöl- und demnächst als Erdgaslieferant. Als eine der Folgen der Anschläge vom 11. September 2001 gingen die Amerikaner daran, ihren Handlungsspielraum in der Sicherheits- und Außenpolitik zu erweitern. Aber auch schon vor den Anschlägen wurde die nationale Energiepolitik von einer Kommission unter Vorsitz von Vizepräsident Cheney auf ihre Risiken hin untersucht. Als ein wesentlicher Bestandteil des im Mai 2001 erstellten Berichts befanden sich die Erdölimporte auf dem Prüfstand, da sie die außenpolitischen Interessen der USA vor allem in der Krisenregion des Mittleren Ostens mitbestimmen.

In dem Bemühen, die Abhängigkeit von den Ölvorkommen im Mittleren Osten zu mildern, erschließen sich für die Bush-Administration unter anderem mit den Vorkommen im Golf von Guinea - an dem die jetzigen und zukünftigen wichtigsten afrikanischen Öl- und Gasförderländer liegen - neue Möglichkeiten. Viele dieser Länder sind ebenfalls überdurchschnittlich gut mit mineralischen Rohstoffen ausgestattet, die auf Grund ihrer Qualität und Quantität für Washington geostrategische Bedeutung besitzen. Der Golf von Guinea liegt somit im Zentrum des Afrika-Interesses der derzeitigen amerikanischen Regierung.

Die zweite wichtige Säule der amerikanischen Afrikapolitik ist das US-Gesetz für Wachstum und Chancen in Afrika (AGOA). Das Gesetz verlegt den Schwerpunkt der amerikanischen Afrikapolitik von der traditionellen Entwicklungszusammenarbeit auf Handels- und Investitionsförderung. Zusammen mit einem Fonds, dem sogenannten Millenium Challenge Account, und einer neu einzurichtenden Entwicklungsagentur, will die US-Regierung ihre Entwicklungshilfe bis zum Jahr 2006 schrittweise um fünf Milliarden Dollar jährlich erhöhen. Zugleich soll der zoll- und quotenfreie Zugang für die meisten Exportprodukte der von Washington akzeptierten afrikanischen Länder ermöglicht werden.

Eine dritte Komponente der amerikanischen Afrikapolitik ist schließlich die von Bush am 28. Mai angekündigte Hilfe in Höhe von 15 Milliarden US Dollar im Kampf gegen AIDS vor allem in Afrika. Dies ist eine Botschaft, für die Bush vor allem in Botswana Beifall finden wird, gehört das Land doch zur Gruppe mit der höchsten AIDS-Rate in Afrika.

Bush wird allen Gesprächspartnern auf seinen fünf Stationen in Afrika deutlich machen, dass die Umsetzung der zentralen Elemente der amerikanischen Afrikapolitik sich eng an den amerikanischen politischen und wirtschaftlichen Interessen orientieren wird. Nur die afrikanischen Länder werden in Betracht kommen, die die lange Liste der amerikanischen Auflagen erfüllen werden. Dazu gehören alle jetzt von Bush besuchten Länder. Es muss sich erst noch zeigen, ob die amerikanische Afrikapolitik Wachstum und politische Reformchancen wirklich erhöhen wird, oder ob es - wie Kritiker meinen - einseitige Vorteile zu Lasten der afrikanischen Länder und ihrer Souveränität geben wird. Zeigen muss sich auch noch, wie weit die konkreten Auflagen durch geo-strategische Interessen der Amerikaner aufgeweicht werden.

Die amerikanische Afrikapolitik setzt andere Akzente als die Europäer bei ihren Afrika-Aktivitäten. Die Europäer sehen es als besonders wichtig für die afrikanische Entwicklung an, die Märkte für afrikanische Agrar-Exporte zu öffnen. Hier hat sich in der amerikanischen Politik noch nichts bewegt. Ferner setzen die Europäer ganz auf die Karte von NEPAD, der "Neuen Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas". Es besteht die Gefahr, dass die Amerikaner zur Unterstützung dieses von Afrika initiierten Vorhabens keine Mittel mehr zur Verfügung haben und AGOA somit zum Stolperstein für NEPAD wird.

Für die Amerikaner geht die strategische Auslandshilfe vor Entwicklungszusammenarbeit. Bush wird das auf seiner Reise zu erklären versuchen. Dabei sind einige zentrale Elemente seiner Afrikapolitik erst noch Ankündigungen, und ihre konkrete Umsetzung bleibt noch abzuwarten. Die in Maputo (Mosambik) anlässlich des Gipfeltreffens der Afrikanischen Union versammelten Staatschefs werden seine Vorstellungen registrieren. Positiv ist, dass Amerikaner und Europäer sich wieder verstärkt dem afrikanischen Kontinent zuwenden. Es liegt an den Afrikanern selbst, dass sie dabei die entscheidenden Akteure bleiben.