Zusammenstöße in Pakistan
15. August 2014Der Konvoi des Oppositionsführers Imran Khan (Artikelbild, 2. v. r., mit Mikrofon) wurde während eines Protestzugs in der Stadt Gujranwala mit Steinen beworfen. Eine Sprecherin des Khans beschuldigte die Polizei, nicht eingegriffen zu haben. Khan, ein ehemaliger Kricketstar, sei unverletzt geblieben.
Berichte, wonach sogar Schüsse auf den Wagen Khans abgefeuert worden seien, wurden von der Polizei als falsch zurückgewisen. Fernsehbilder zeigten allerdings gewaltsame Zusammenstöße zwischen Gegnern und Anhängern Khans.
Khan und Qadri Seit' an Seit'
Zehntausende Regierungsgegner waren in zwei Protestmärschen von Lahore in die Hauptstadt Islamabad gezogen. Damit folgten sie einem Aufruf Khans und dem kanadisch-pakistanischen Prediger Tahirul Qadri. Sie werfen Premierminister Nawaz Sharif vor, die Parlamentswahlen im Mai vergangenen Jahres nur durch Betrug gewonnen zu haben. Sie fordern den Rücktritt Sharifs und vorgezogene Neuwahlen.
Während Khans PTI-Partei die Genehmigung für den Marsch erhielt, verbot ein Gericht den Protestzug der Anhänger von Qadris Partei PAT zunächst, doch gab die Justiz später nach. Der beliebte Geistliche sagte vor dem Start, man wolle die Menschen aus der Armut retten und "ein wahrhaftiges demokratisches System" etablieren. Die Regierung verschärfte im Vorfeld die Sicherheitsvorkehrungen und riegelte das Regierungsviertel in Islamabad weiträumig ab.
Differenzen zwischen Regierung und Armee
Die Führung wirft der Opposition vor, sich mit Gewalt nehmen zu wollen, was sie durch Wahlen nicht erreichen konnte. Kritiker beschuldigen Khan und Qadri zudem, mit ihren Fälschungsvorwürfen und den Protestmärschen dem mächtigen Militär in die Hände zu spielen. Das Verhältnis zwischen Armee und Regierung ist angespannt. Die Militärs missbilligen die Annäherungspolitik Sharifs an den Erzrivalen Indien.
Differenzen zur Regierung bestehen zudem in der Afghanistan-Politik und in der Frage des Umgangs mit dem inhaftierten Ex-Militär- und Staatschef Pervez Musharraf. Die Armee sieht sich außerdem mit Kritik von Menschenrechtsaktivisten und Teilen der Presse wegen ihres Vorgehens in Unruheregionen konfrontiert. Die Generäle haben Sharif im Verdacht, solche Kritiker insgeheim zu bestärken, weil er die Macht der Armee einschränken wolle, so Beobachter in Pakistan. Sie sprechen sogar von einer beginnenden Revolution gegen die gewählte Zivilregierung. In der 67-jährigen Geschichte Pakistans gab es bislang drei Putsche.
Gerichtliche Prüfung der Fälschungsvorwürfe
Der Regierungschef hatte am Dienstagabend eine gerichtliche Prüfung der Fälschungsvorwürfe angekündigt, um seinen Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen. Der Oberste Gerichtshof werde eine dreiköpfige Kommission zur Prüfung der Vorwürfe bilden, sagte Sharif in einer Fernsehansprache. "Meine lieben Landsleute, gibt es nach diesem Schritt noch weiteren Raum für Proteste?", fragte Sharif. "Ich überlasse Ihnen die Antwort auf diese Frage." Khan wies die Ankündigung jedoch umgehend zurück und forderte erneut Sharifs Rücktritt.
cr/re (rtr, dpa, ap, afp)