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Zwangsversteigerungen in Griechenland

Andrea Kasiske, z.Zt. Athen16. Februar 2016

Fast unbemerkt wurde in Griechenland zum Ende letzten Jahres ein Gesetz geändert - zugunsten der Banken. An die 300.000 insolvente Schuldner könnten ihren Erstwohnsitz verlieren. Aus Athen Andrea Kasiske.

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Symbolbild Griechenland weiße Hauswand blaue Türen
Bild: Christos Kyratsous/Fotolia

Mittwochnachmittag. Vor dem Athener Amtsgericht haben sich eine Handvoll Menschen versammelt. Zwischen vier und fünf Uhr werden hier jede Woche Wohnungen und Häuser zwangsversteigert. Heute streiken die Anwälte und Notare, aber "man kann ja nie wissen", sagt Alexandra Pavlou, oftmals gäbe es Streikbrecher und die Zwangsversteigerungen fänden trotzdem statt. Alexandra Pavlou gehört zu einer Gruppe von Aktivisten, die seit einem Jahr versuchen, diese Versteigerungen in und außerhalb Athens zu verhindern. Erfolgreich, denn es reicht, den Eingang zum Verhandlungssaal zu blockieren. Gelingt das drei Mal, muss die Bank den Fall neu beantragen. Heute sind zwei Bieter da, cool mit schwarzer Sonnenbrille und Lederjacke, Typ "Immobilienmafia". Sie müssen unverrichteter Dinge wieder abziehen.

Angst, auf der Straße zu landen

Seit Ende letzten Jahres wurde das sogenannte "Katseli-Gesetz" geändert. Das gab insolventen Schuldnern einen Schutz vor dem Zugriff der Banken. Jetzt gilt man schon nach 30 Tagen als "schlechter Schuldner". Und die Banken können schneller und leichter die Menschen auf die Straße setzen. Geschätzte 300.000 Haushalte könnten theoretisch ihren Wohnsitz verlieren. "Das ist erst der Anfang", befürchtet Alexandra Pavlou. Die Schuldner seien komplett abhängig vom "good will" der Banken.

Amtsgericht Athen
Aktivisten blockieren den Eingang zum Amtsgericht AthenBild: DW/A. Kasiske

Bei der unabhängigen Konsumentenberatung Ekpizo geht es seit Monaten hauptsächlich um Schuldenberatung rund ums Eigenheim. Die ehrenamtlich arbeitenden Rechtsanwälte haben jede Menge zu tun. Giannis Marko ist Anfang vierzig, vor zehn Jahren hat der IT-Techniker einen Kredit von 200.000 Euro mit vierzig Jahre Laufzeit aufgenommen. Damals verdiente der Freiberufler gut. Jetzt sind es über 25 Prozent weniger, er hat eine Familie und das Einkommen seiner Frau ist weggefallen. Von seiner Bank hat er die Aufforderung bekommen, seine finanzielle Situation darzustellen. Er will von den Ekpizo-Experten wissen, was er machen kann. "Noch habe ich keine wirkliche Angst, vielleicht unbewusst. Ich habe mein Leben lang gelernt, für mein Auskommen zu arbeiten. Ich versuche, noch mehr zu arbeiten, aber ich bin absolut an meiner Grenze." Und Giannis Marko ist kein Einzelfall.

Banken rauben den Menschen den Schlaf

"Ich bin froh, dass ich jetzt in einer anderen Abteilung der Bank arbeite", erzählt Giannis Milias. Jahrelang hat der junge Mann alle drei Tage bei säumigen Schuldnern angerufen, um sie an ihre Verpflichtungen zu erinnern, selbst, wenn es schon Verhandlungen gab. Die Telefonnummer der Bank wurde regelmäßig geändert, die Schuldner änderten auch ihre Adressen. Ein Katz-und Maus-Spiel, das er gründlich satt hatte. "Ich habe versucht, ruhig zu bleiben, wenn sie mich angeschrien haben, aber ich weiß auch, dass Menschen richtig verzweifelt waren, kurz davor waren, sich umzubringen."

Schuldnerberatung EKPIZO, Athen
Schuldnerberatung EKPIZO in AthenBild: DW/A. Kasiske

Vier von zehn Schuldnern können nicht mehr zahlen. Theodore Krintas von der Attica Bank sieht das Problem, meint aber, viele Menschen wüssten nicht, dass sie mit ihrer Bank auch verhandeln könnten. Verlängerte Laufzeiten der Kredite, geringere Zahlungen und auch ein Schuldenschnitt seien möglich, sagt er. Die Banken hätten eigentlich kein großes Interesse an Zwangsversteigerungen, da der Immobilienmarkt am Boden sei. "Es macht keinen Sinn, die Immobilien einzutreiben und sie dann nicht verkaufen zu können. Aber natürlich weiß ich, dass es ein großes internationales Interesse an den Immobilien gibt."

Panagiotis Goutos ist in der zweiten Generation Immobilienmakler. Er hat rund 6000 Objekte im Angebot. In der begehrten Küstenregion von Athen, aber auch anderswo. Häuser und Filetstücke, wie Fünf-Sterne-Hotels. Noch verkauft er ganz gut, meist an Ausländer oder Griechen aus dem Ausland. Auch er macht die Erfahrung, dass Kunden zunehmend in Bedrängnis sind und ihr Haus unter Preis anbieten. Er zeigt eine Wohnung, nahe der Akropolis, die seit letztem Jahr um fast 50 Prozent im Preis gefallen ist. Kein gutes Geschäft. Die ausländischen Interessenten seien bislang vorwiegend an touristischen Objekten interessiert, aber das könne sich ändern. Das würde zwar die Preise wieder in die Höhe treiben, aber die Zwangsversteigerungen und eine zunehmende Immobilienschwemme sieht er skeptisch. "Das ist nicht gut, gar nicht gut für niemanden", und damit meint er zuallererst die Situation für seine Landsleute.