Zwei Tote bei Messerangriff in Muslim-Zentrum in Lissabon
28. März 2023Bei dem Überfall auf eine muslimische Einrichtung in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon wurden zudem mehrere Personen verletzt, wie die Polizei mitteilte. Der Angreifer sei in dem Gebäude nahe des Fußballstadions von Benfica niedergeschossen und in Gewahrsam genommen worden. Er sei trotz mehrerer Warnungen mit einem großen Messer auf die Beamten zugegangen.
Der Fernsehsender RTP berichtet, bei den Todesopfern handele es sich um zwei einheimische Frauen im Alter von jeweils 49 und 24 Jahren, die in dem Zentrum arbeiteten. Der mutmaßliche Täter stamme aus Afghanistan. Es handele sich um einen verwitweten Flüchtling und Vater dreier Kinder. Wegen seiner Verletzungen sei er in einem Krankenhaus einer Operation unterzogen worden.
Regierungschef kondoliert
Portugals Ministerpräsident António Costa sprach den Familien der Opfer und der ismailitischen Gemeinde seine Solidarität und sein Beileid aus. Es sei zu früh, "diesen kriminellen Akt in irgendeiner Weise zu interpretieren". "Alles deutet darauf hin, dass es sich um einen Einzelfall handelt", sagte Costa, ohne dies näher zu erläutern. Er fügte hinzu: "Wir müssen das Ergebnis der Ermittlungen abwarten."
Ein Sprecher der Polizei sagte hingegen der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage, man gehe von einem Terroranschlag aus. RTP berichtete, in dem weitläufig abgeriegelten Ismailitischen Zentrum seien neben einem Großaufgebot der Polizei auch Experten der nationalen Anti-Terror-Einheit im Einsatz.
Bisher kaum Terrorakte in Portugal
Portugal gilt als eines der sichersten Länder der Welt. Dort hat es in den letzten Jahrzehnten keine nennenswerten Terroranschläge gegeben, und religiöse Gewalt ist praktisch nicht bekannt. "Die Ismaili-Gemeinschaft ist schockiert und traurig über diesen Vorfall und bietet den Familien der Opfer Unterstützung an", so die Ismaili-Gemeinschaft in einer Erklärung.
Das 1996 gegründete Ismailitische Zentrum ist nach eigenen Angaben die erste religiöse, kulturelle und soziale Begegnungsstätte der Ismailiten auf dem europäischen Festland. Die Ismailiten sind eine Minderheit innerhalb des schiitischen Islams, deren Mitglieder von extremistischen Gruppen in Ländern wie Pakistan angegriffen wurden. Weltweit gibt es etwa 15 Millionen Ismailiten - vor allem in Indien, Pakistan, Syrien, Afghanistan und im Iran. In Portugal gehören rund 8000 Menschen der Glaubensgemeinschaft an. Sie stammen vor allem aus dem südostafrikanischen Mosambik, einer früheren Kolonie Portugals. Die Ismailiten lehnen nach eigenen Angaben jeglichen Fundamentalismus ab.
kle/hf (dpa, ape, afp, rtre)