Zypern erwägt wieder Zwangsabgabe
22. März 2013Das zyprische Fernsehen meldete, zu einem neuen Konzept der Regierung zur Vermeidung eines Staatsbankrotts gehöre eine Zwangsabgabe von 15 Prozent auf Bankguthaben von mehr als 100 000 Euro. Präsident Nikos Anastasiades bereitete die Bevölkerung auf "schmerzhafte" Schritte vor. "Das Parlament wird bald gebeten werden, schwierige Entscheidungen zu treffen", erklärte er im Kurznachrichtendienst Twitter. "Einige Aspekte werden schmerzhaft sein, aber das Land muss gerettet werden". Das Parlament wird möglicherweise noch an diesem Freitag (22.03.2013) über das neue Rettungspaket entscheiden. Am Dienstag hatten die Abgeordneten einen Plan abgelehnt, eine Zwangsabgabe auf alle Bankguthaben einzuführen.
Nach Agenturberichten hatten Vertreter der Troika aus Europäischer Union, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) das Thema Sonderabgabe zuvor mit Anastasiades erörtert. Das EU-Land muss eine Eigenleistung von 5,8 Milliarden Euro zusammenbringen, um von den internationalen Geldgebern Nothilfen von zehn Milliarden Euro zu bekommen. Offensichtlich vom Tisch ist der Plan Nikosias, die Mittel durch die Schaffung eines Solidaritätsfonds aufzubringen, in den auch Gelder der Rentenkassen fließen sollten. Dies war in Berlin von Bundeskanzlerin Angela Merkel abgelehnt worden. Eine Verstaatlichung der zyprischen Pensionsfonds werde Europa nicht mittragen, sagte Merkel nach Medienberichten vor Abgeordneten der Koalitionsfraktionen. Nach diesen Angaben warnte Merkel Zypern zugleich davor, die Geduld der Geldgeber überzustrapazieren. "Ich wünsche mir das nicht, dass es zu einem Crash kommt", betonte Merkel. Auch die Trroika sprach sich offenbar gegen ein Anzapfen der Rentenkassen aus.
Am Montag will die Europäische Zentralbank den maroden Banken Zyperns den Geldhahn abdrehen, falls bis dahin kein Rettungspaket steht. Gleichzeitig bereitet sich die EU auf die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen in Zypern vor - was es in Europa noch nie gab - um einen drohenden Finanzkollaps des Inselstaates zu verhindern. Befürchtet wird, dass die Bürger massenhaft Geld abheben wollen, wenn die Banken voraussichtlich am Dienstag wieder öffnen.
Russland hilft nicht
Zerschlagen hatten sich im Laufe des Tages die Hoffnungen der zyprischen Regierung auf finanzielle Hilfe aus Russland. Der russische Finanzminister Anton Siluanow sagte in Moskau, die Gespräche mit seinem zyprischen Kollegen Michail Sarris seien ohne Ergebnis zu Ende gegangen. Es gebe keine Vereinbarung über eine Verlängerung des 2,5-Milliarden Euro-Kredits an Zypern. Auch seien russische Unternehmen nicht an Investitionen in zyprische Gasreserven interessiert. Nikosia hatte auf Hilfe aus Moskau gehofft, da russische Bürger und Unternehmen in großem Umfang Gelder in dem Euro-Land angelegt haben. Sie wären von eventuellen Zwangsabgaben betroffen.
wl/nem (dpa, afp, rtr, ap)