Zypern nach der Bankenöffnung
28. März 2013Ab elf Uhr haben sich Schlangen gebildet. Brav standen die Zyprer an. Das erste mal seit 13 Tagen waren die Banken geöffnet. Gestürmt wurden sie nicht, wie viele befürchtet hatten. Auch gab es kaum jemanden, der sein Konto plündern wollte. Das war zwar klar, denn jeder darf nur 300 Euro pro Tag abheben. Aber die Menschen hätten auch nicht mehr haben wollen. "Ich hab nur noch einen Euro in der Tasche", sagt eine Frau, "ich muss den Kühlschrank wieder auffüllen."
Ein junger Russe erzählt, er wolle Schecks einlösen. Später wird er erfahren müssen, dass das nicht möglich ist. "Ich kann nur Geld abheben, Schecks nehmen die nicht an." Kapitalverkehrskontrolle nennt die zyprische Regierung das.
Wer fragt, weshalb die Zyprer an diesem Tag so unerwartet ruhig und gelassen reagieren, der wird auf die Besonderheit der Insel hingewiesen. "Wir sind wie eine große Familie", sagt eine Frau. "Wenn ich jetzt nach und nach mein Konto leer räume, und die anderen das auch machen, dann bricht hier alles zusammen. Damit schade ich allen und am Ende auch mir."
Gerüchte über Kapitalflucht
Das klingt vernünftig und erstaunt gleichzeitig. Denn noch am Vorabend machten Meldungen die Runde, es seien Milliarden ins Ausland geschafft worden, noch während die Banken geschlossen waren. Einige Großinvestoren, so heisst es, hätten es geschafft, ihr Geld in Sicherheit zu bringen. Die Solidarität, von der die Frau erzählt, gilt offenbar nicht für manche Investoren.
Die haben viele sowieso abgeschrieben. "Ich denke, wir brauchen ein neues Geschäftsmodell", sagt ein Mann, der in der Schlange vor einer Bank steht. "Wir haben viel Geld mit ausländischem Kapital gemacht. Damit ist jetzt wohl erst einmal Schluss." "Wir haben doch die Touristen", bemerkt die Dame hinter ihm. "Naja, aber ob das genügt?", fragt darauf der Mann.
Tourismus soll helfen
Sicher wird der Tourismus die Lücke nicht füllen können. Aber die Touristenmanager auf der Insel spielen schon Ideen durch, wie sie mehr Geld machen können. Einer erklärt in einem Interview: "Wir müssen Angebote für wohlhabende Touristen schaffen." Wenn die nicht nach Zypern kommen, um ihr Geld hier anzulegen, dann vielleicht ja, um hier die Sonne zu geniessen?"
Gegenüber einer Bank sitzt ein Geschäftsmann in einem Café. Er wird sich heute nicht bei einer Bank anstellen. "Ich habe einen großen Verlust gemacht durch die Krise", erklärt er. "Die 300 Euro, die ich jetzt bekomme, sind ein Witz." Er wirkt zerknirscht und will nicht sagen, wie viel Geld ihm jetzt auf seinem Konto fehlen. Trotzdem regt er sich nicht auf. "Ich hab schon in diversen Krisen Geld verloren. Und das hab ich jetzt schon wieder vergessen", sagt er. Und dann weiter: "Diesen Tag werden wir auch irgendwann einmal vergessen."
Wahrscheinlich dann, wenn die Zypern-Krise zur Geschichte gehört. Bis dahin, das erklären Ökonomen in diesen Tagen, werden aber noch einige Jahre vergehen.