Zäher Kampf gegen HIV
11. Juni 2008Die ersten Zeilen des neuen UN-HIV-Berichts klingen vielversprechend: In den letzten zwei Jahren hat der Kampf gegen die Immunschwächekrankheit demnach enorme Fortschritte gemacht. Besonders in den stark betroffenen Regionen haben Infizierte besseren Zugang zu Medikamenten. Durch ein verändertes Sexualverhalten stecken sich insgesamt immer weniger Menschen mit dem HI-Virus an.
Doch schon bald darauf folgt Ernüchterung: Die Verbesserungen sind nicht flächendeckend. Im Gegenteil, in einigen Regionen der Welt steigt die Zahl der Neuinfizierten weiter an. Gerade in armen Ländern sterben viele von ihnen, weil sie aufgrund ihres geschwächten Immunsystems anfälliger sind für weitere Krankheiten wie Tuberkulose, die dann nicht ausreichend behandelt werden. Nur etwa 30 Prozent aller HIV-positiven bekommen antiretrovirale Medikamente, die trotz Infektion ein einigermaßen normales Leben ermöglichen. Von einem Heilmittel oder gar Impfstoff ist die Wissenschaft noch weit entfernt.
Diskussionsstoff für die Konferenz
Hochrangige Politiker aus aller Welt sind nach New York gereist, um sich vom 10. Juni an zwei Tage lang mit diesen Ergebnissen auseinanderzusetzen. Für die Bundesregierung nimmt Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) teil.
UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon erinnerte vorab an das Millenniumsziel, bis 2010 allen Betroffenen Zugang zu einer modernen Therapie und Pflege zu ermöglichen und forderte die Staatengemeinschaft auf, schnell zu handeln.
Deutliche Worte fand auch der geschäftsführende Direktor der Organisation UNAIDS: "Jeden Tag stecken sich fast 7000 Menschen unnötigerweise mit HIV an, weil sie keinen Zugang zu Mitteln haben, die eine Übertragung verhindern. Es ist an der Zeit, etwas zu tun."
Der politischer Wille fehlt
Prävention ist eines der Hauptthemen der AIDS-Konferenz. Problematisch dabei scheint, dass sich vor allem jene Menschen mit dem Virus anstecken, die am Rande der Gesellschaft leben - Drogenabhängige, Homosexuelle und Prostituierte.
Die Regierungen einiger Länder seien offenbar nicht bereit, sich für diese Bevölkerungsgruppen einzusetzen, so der UN-Bericht. "Dass die Versorgung dieser Gruppen mit Verhütungsmaßnahmen immer noch besonders niedrig ist, liegt nicht etwa daran, dass die Aufgabe zu komplex ist, sondern schlichtweg am fehlenden politischen Willen", heißt es darin.
Schwierige Finanzierung
Aber auch die westlichen Industrienationen stünden in der Verantwortung, mahnt der Global Fund zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria. Die UN-nahe Organisation versorgt unter anderem 1,75 Millionen Bedürftige mit HIV-Medikamenten. Ihr fehlen derzeit noch sieben Milliarden Euro, um die Versorgung auch 2008 zu gewährleisten. "Wir hoffen, dass wir die Lücke durch weitere Spenden verringern können", so der Direktor des Global Fund, Michel Kazatchkine. Er sei aber vorsichtig, was genaue Prognosen betrifft. "Inzwischen heißt es von einigen Seiten, mit AIDS sei doch alles in Ordnung, man solle sich lieber auf etwas anderes konzentrieren. Dabei brauchen wir gerade hier nachhaltiges Engagement und weiterhin steigende Ressourcen."
Erschreckende Zahlen
Schätzungsweise 33 Millionen Menschen weltweit sind derzeit (Dezember 2007) HIV-positiv, die Hälfte von ihnen Frauen. Jährlich kommen etwa 2,5 Millionen Neuinfektionen hinzu.
Am stärkten betroffen sind die Länder im südlichen Afrika. Hier leben 68 Prozent der infizierten Erwachsenen und sogar 90 Prozent der Kinder. Aber auch in China, Indonesien, Russland, Nordamerika und der EU steigt die Zahl der HIV-Ansteckungen. 2,1 Millionen Menschen sind 2007 an den Folgen der Immunschwächekrankheit gestorben.