Ärger in Kongos Kupferprovinz
16. April 2013Der Schockmoment war kurz. Ende März attackieren 300 Rebellen in der Provinzhauptstadt Lubumbashi Soldaten der Regierungsarme. Die Angreifer unterliegen, suchen zunächst Schutz bei der örtlichen UN-Mission und werden später den Behörden der Demokratischen Republik Kongo übergeben. Die Folgen des kurzen Gefechts sind dennoch tragisch. Beobachter vor Ort gehen von 26 Toten aus, fast ausschließlich Rebellen. "Ein Großteil der Angreifer waren Kinder - unterernährt und in schlechter Verfassung", sagt Ulrike von Baggehufwudt, die für eine kongolesischen Hilfsorganisation in der Hauptstadt der Provinz Katanga arbeitet.
In Katanga, der Provinz im Süden der Demokratischen Republik Kongo, flammen immer wieder Unruhen auf. Die Region ist begehrt. Aufgrund ihres Rohstoffreichtums gilt sie als wirtschaftliches Herz des Kongos. In ihrem Norden lagert Coltan, ein seltenes Erz, das zur Herstellung von Handys wichtig ist. Im Süden gibt es große Kupfer- und Kobaltvorräte. Von dort stammt das Uran, das die USA im Zweiten Weltkrieg für die Atombombenabwürfe auf Hiroshima und Nagasaki verwendeten.
"Dreieck des Todes"
Die Lage in Katanga ist schwer zu überblicken. Zumindest im südlichen Teil der Provinz leide die Wirtschaft kaum, sagt Musewa M'Bayo, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität von Lubumbashi. Schlimmer sehe es im Norden aus. Die schlechte Infrastruktur halte Unternehmen ab - und locke die Milizen an. Überfälle der so genannten Mai-Mai-Rebellen erzeugen Angst in der Bevölkerung. Sie nennt den Landstrich "Dreieck des Todes“.
Die Mai-Mai-Rebellen spielen eine wichtige Rolle in Katanga. Bis zu 2.000 Kämpfer halten sich nach UN-Angaben dort auf. Sie agieren in separaten Gruppen, sind untereinander kaum vernetzt und verstehen sich meist als Bürgermiliz. Ihre Ziele sind nicht immer einheitlich. Einige fordern, dass sich Katanga vom Rest des Landes abspaltet. Zu dieser Fraktion gehören auch die 300 Angreifer von Lubumbashi. "Kata Katanga“ nennt sich die Gruppe. Auf Deutsch übersetzt: "Schneidet Katanga ab!“
Dabei hat Katanga mit dem Thema Autonomie im Lauf der Geschichte keine gute Erfahrung gemacht. Nach der Unabhängigkeit des Kongo Anfang der 1960er Jahre war die Provinz schon einmal selbstständig. Doch der Rohstoffreichtum brachte kein Glück. Das Land versank im Bürgerkrieg, drei Jahre später war es wieder Teil des Kongo. Die damalige grün-rot-weiße Fahne des unabhängigen Staates tragen heute die Kata-Katanga-Rebellen.
Die Unzufriedenheit wächst
Manche der heutigen Politiker des Landes würden die Rebellen am liebsten gar nicht ernst nehmen. Einige von ihnen täten sie als kleine Gauner ab, berichtet Ulrike von Baggehufwudt. Doch die deutsche Sozialpädagogin gibt zu bedenken, dass die Angreifer bei der Attacke Ende März ungehindert durch die Stadt marschieren konnten und von Teilen der Bevölkerung euphorisch begrüßt wurden - ein Zeichen für die Unzufriedenheit der Menschen.
Ein Grund der Verbitterung besteht darin, dass die Menschen in den Provinzen das Gefühl haben, von dem Rohstoffreichtum vor ihrer Haustür kaum selbst zu profitieren. Um zu verhindern, dass der Reichtum abfließt, sollen die Provinzen mehr Eigenständigkeit erhalten.
Seit 2006 ist die Dezentralisierung deshalb als Ziel in der kongolesischen Verfassung fest geschrieben. Ein Teil des Plans wurde 2008 in einem Referendum bestätigt. Er sieht vor, dass einige kongolesische Provinzen aufgeteilt werden. Kleinere Einheiten für eine effektivere Verwaltung - so die Idee. Aus Katanga sollen vier Provinzen werden.
Warten auf die Dezentralisierung
Vorgesehen ist außerdem, dass die Provinzen 40 Prozent ihrer Einnahmen behalten dürfen einschließlich Rohstofferlöse. Diese Regelung sei aber noch nicht umgesetzt, sagt Henri Muhiya, Rohstoffbeauftragter der Nationalen Bischofskonferenz im Kongo. "Das sorgt für Frustration." Als Beispiel nennt er die Straße von Lubumbashi nach Kolwezi, mitten in Katangas Kupfergürtel. Sie sei bis heute nicht komplett asphaltiert. "Die Menschen, die dort wohnen, finden das ungerecht.“
Auch Kongos Innenminister Richard Muyej Mangez steht hinter dem Dezentralisierungsmodell. Doch er weiß, dass Überzeugungsarbeit nötig ist. Das wäre nicht im Sinne der Sezessionisten, die immer noch von einem unabhängigen Staat Katanga träumen. Mangez rät ihnen, sich von dieser Vision zu lösen. Zwar sei Katanga immer noch wirtschaftlich stark, so Muyej Mangez im DW-Gespräch. Eine Überlebensgarantie sei das aber nicht. "Diese jungen Leute müssen verstehen, dass Katanga nicht mehr das gleiche Gewicht hat wie vor dreißig Jahren."
Mangez bemüht sich nun, die letzten nötigen Gesetze im Parlament durchzubringen, um die Reform in die Tat umsetzen zu können. Gleichzeitig mahnt er zur Geduld. Denn die Demokratische Republik Kongo habe nach drei Jahrzehnten Diktatur ein schweres Erbe angetreten. Große Veränderungen seien schwer zu erreichen. "Da ist eine kleine Revolution nötig.“