Über die Dörfer
9. Dezember 2009Der Geländewagen holpert durch die staubige Hitze. Der Fahrer lässt sein Handy in voller Lautstärke Musik spielen. Doreen Grüttner und ihre indische Kollegin Rina sind auf dem Weg in ein Dorf der Umgebung. Dort wollen sie mit den Bauern über ökologische Landwirtschaft sprechen, über Methoden, die den Bauern helfen sollen, sich an den Klimawandel anzupassen. „Ich denke, dass man für den Klimaschutz im Großen sehr viel im Kleinen tun kann. Man kann mit Wasser so haushalten, dass man nicht mehr Wasser verwendet als der Monsunregen wieder auffüllen kann. Und wenn das viele Menschen tun, hat das eine große Auswirkung auf den Klimaschutz.“
Von Tür zu Tür
Zum Besuch im Dorf hat sich Doreen Grüttner extra indische Kleidung angezogen und das dunkelblonde Haar im Nacken zusammen gebunden. Als Rina und sie an der ersten Haustür klopfen, macht niemand auf. Doch die beiden sind nicht enttäuscht. Schon in der nächsten Querstraße des Dorfes haben sie mehr Glück. Sie kommen mit einer Gruppe Frauen ins Gespräch, die auf dem Boden beisammen hocken. Doreen Grüttner kann mit ihnen auf Hindi reden. Die Sprache hat sie in ihrer Zeit als Freiwillige fast fließend sprechen gelernt. Rina verteilt derweil gelbe Flugblätter über die indische Entwicklungsorganisation, für die beide unterwegs sind, den Ecumenical Sangam. Das spricht sich rum. „Oft, wenn wir irgendwo hin kommen: Ah, Ihr seid doch die vom Sangam. Und ihr macht doch jetzt so etwas. Der Bekanntheitsgrad ist wichtig!“
Lage der Bauern ist zum Verzweifeln
Die Arbeit des Sangam hat einen ernsten Hintergrund: In den vergangenen Jahren führten steigende Preise für Kunstdünger und hochgezüchtetes Saatgut immer wieder dazu, dass Bauern sich rettungslos verschuldeten. Im Bundesstaat Maharaschtra haben nach Zahlen der indischen Regierung sogar Tausende Selbstmord begangen. Der Klimawandel erhöht den Druck auf die Bauern noch mehr, weil die Regenzeit immer unzuverlässiger wird. Die Bio-Landwirtschaft, so die Idee, könnte hier helfen. Zum Beispiel mit Sorten, die dem unberechenbaren Wetter und wachsender Trockenheit besser trotzen und dazu noch billiger sind.
Was eine junge Deutsche dagegen ausrichten kann
Bei einer Familie des Dorfes dürfen Rina und Doreen auch Fragen stellen, nach Anbaufläche, wie sie bewässert wird und vieles mehr. So soll die Arbeit des Sangam auf eine solidere Datenbasis gestellt werden. Die Idee stammt von Doreen Grüttner, die Fragen muss aber Rina stellen auf Marathi, einer Sprache, die vielen Bauern vertrauter ist als Hindi. Die Sprache setzt Doreens Arbeit immer wieder Grenzen, andererseits setzt sie sich für ihre Arbeit auch unbekümmerter über Grenzen hinweg als es Rina wohl täte. „Also ich bin zum Beispiel mal in eine Gemeinderatsversammlung geplatzt, weil ich gesagt habe, das ist die Gelegenheit, den Bürgermeister zu treffen. Wer weiß, ob wir den jemals wiederfinden. Und das hätte sie sich nicht getraut, zum Beispiel. Das hat auch ganz gut funktioniert.“ Es hätte aber auch in die Hose gehen können, sagt Doreen Grüttner, wenn man sich so über gesellschaftliche Regeln hinwegsetzt. Die 29-jährige setzt darauf, dass mit der Zeit das Vertrauen wächst und damit auch die Zusammenarbeit enger wird.
Inzwischen ist der Fragebogen ausgefüllt, Doreen Grüttner und Rina werden eingeladen wiederzukommen und mehr über ihr Projekt zu erzählen. Dann steigen sie in den Geländewagen, und machen sich auf den holperigen Weg zum nächsten Dorf und vielleicht zum nächsten kleinen Erfolg.
Autor: Mark Kleber
Redaktion: Birgit Görtz