Kommentar: Brexit lässt Trump triumphieren
26 de junio de 2016Amerika ist erschrocken. Noch gestern hatte sich außer den professionell Betroffenen kaum jemand für den Brexit interessiert. Es gibt hier nur wenige, die sich die Mühe machen zu verstehen, wie die EU funktioniert. Dass Großbritannien noch nicht einmal den Euro hat und trotzdem ein Mitglied ist, macht es für einen Amerikaner nicht gerade einfacher, das Wesen der EU zu durchdringen.
Mit dieser distanzierten Gelassenheit ist es seit dem frühen Freitagmorgen vorbei. Und der Grund ist ein sehr amerikanischer. Das böse Erwachen hat vor allem für das liberale Amerika einen ganz konkreten Namen: Donald Trump. Wieder einmal ist es dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten gelungen, maximalen Profit aus einer Entwicklung zu schlagen.
Genau die gleichen Parolen wie Trump
Geschickt hatte er direkt am Morgen nach dem Referendum einen Besuch auf einem seiner schottischen Golfplätze geplant. Nachdem die vergangenen Wochen nicht gut gelaufen waren für den reichen Mann aus New York, die Kritik auch aus den eigenen Reihen heftiger wurde, kam der Brexit nun wie ein Geschenk des Himmels.
Und es stimmt ja: Die Argumente, mit denen für einen Austritt aus der EU am Ende erfolgreich geworben wurde, sind genau die Parolen Trumps: "Die Einwanderer sind schuld an den wirtschaftlichen Problemen, wir müssen uns mehr um unsere eigenen Belange kümmern und weniger Aufwand und Geld in internationale Beziehungen und Bündnisse stecken."
Für das demokratische Lager ist der Erfolg der britischen EU-Gegner entsprechend doppelt bitter. Warum sollte, was im Mutterland der USA möglich ist, nicht auch in der Neuen Welt passieren? Nach dem Brexit scheint ein Präsident namens Donald Trump wahrscheinlicher denn je.
Dazu kann Trump das klare Bekenntnis des amtierenden Präsidenten für einen Verbleib in der EU doppelt ausschlachten. Nicht nur habe Obama offensichtlich keinen Einfluss auf die Menschen in anderen Ländern, Trump geht sogar so weit zu behaupten, Obamas Besuch in London habe den EU-Befürwortern am Ende geschadet. Und auch hier gilt: Wer weiß, ob das nicht stimmt.
Militärisch wichtiger Partner
Obama hat sich bei seinem Besuch im Frühling ganz klar für einen EU-Verbleib ausgesprochen - mit wirtschaftlichen Argumenten und vor allem mit militärstrategischen. Großbritannien ist nach wie vor der stärkste und verlässlichste militärische Partner für die USA. Auch dieses Bündnis wird durch den Brexit nun infrage gestellt.
Die Briten haben Donald Trump ordentlich Kanonenfutter geliefert. Und das Lager um Hillary Clinton dürfte sich ähnliche Gedanken machen wie das um Angela Merkel. Wie kann man in einer Welt großer Ungerechtigkeiten und Verunsicherungen den gefährlichen Durchmarsch der Populisten stoppen?
Ein "Wir sind auf dem richtigen Weg und schaffen das" hat als Beschwörungsformel ausgedient. Zu viele Menschen fühlen sich in ihren Sorgen und Nöten nicht gehört und ernst genommen. Und die Briten haben immerhin einen Weg aufgezeigt, wie man sich wehren kann. In den USA scheint vielen dieses Gefühl der kurzfristigen Macht zu reichen.