Afrika: Schmutzige Luft erhöht Gesundheitsrisiko
6. April 2024Im Herzen der kamerunischen Hauptstadt Yaoundé vibriert die Luft vom Brummen der Motoren. Abgase aus den Autos, von Fabriken, dazu der Qualm brennender Abfälle in Wohngebieten - das alles hüllt als grauer Smog die Stadt ein.
Felix Assah ist Mitarbeiter der Forschungsgruppe für Bevölkerungsgesundheit an der Universität Yaoundé. "Mit der Verstädterung und der wirtschaftlichen Entwicklung nehmen die Luftverschmutzung in städtischen Gebieten, aber auch die Krankheiten zu", sagt Assah zur DW. Dazu zählten Erkrankungen des Herzkreislaufsystems, der Atemwege und Krebs.
Fachleute und Organisationen, die sich für eine sauberere Luft in Afrika einsetzen, trafen sich kürzlich in Yaoundé. Sie diskutierten wie sie zusammen die Luftqualität mit moderner und günstiger Sensortechnologie kontrollieren können.
Innovative Technologie
Bisher sei die Messung kostspielig gewesen, doch es gebe innovative Fortschritte, sagt Deo Okure, Wissenschaftler für Luftqualität an der Makerere-Universität in Kenia. Mit Forscherkollegen entwickelte Okure 2015 ein "lokales Luftüberwachungssystem", das günstiger ist, aber trotzdem wirksam. Ein Vorteil: Das System könne mit verschiedenen Energiequellen betrieben werden, erklärt Okure: "Gleichzeitig sind wir in der Lage, Daten über GSM oder Sim-Karten zu übertragen, die in allen Teilen Afrikas verwendet werden, anstatt WLAN zu benötigen." Die Technologie liefere zwar wichtige Daten, aber das sei immer noch unzureichend, sagt Okure, da damit noch nicht die Quellen der Luftverschmutzung eindeutig bestimmt werden können.
In Yaoundé wurden im Rahmen eines Projekts Geräte installiert, die die Luftqualität in Echtzeit überwachen. Trotz technologischer Einschränkungen erwartet Ashu Ngono Stephanie vom kamerunischen Amt für Meteorologie, dass der Staub so besser im Blick behalten werden kann: "Es ist sehr wertvoll, Messgeräte vor Ort zu haben, denn so können wir genau verfolgen, was mit den Staubkonzentrationen in der Atmosphäre geschieht."
Yaoundé ist die zehnte afrikanische Stadt, die diese Technologie zur Überwachung der Luftqualität einsetzt. Mehr als 200 Überwachungsgeräte sind auf dem gesamten Kontinent installiert. Die gesammelten Daten dienen auch als Grundlage für politische Entscheidungen zur Verbesserung der Luftqualität.
Hohe Luftverschmutzung in Afrika
Aber Organisationen warnen: Die Messkapazitäten hinken der raschen Urbanisierung in Afrika hinterher. Der Kontinent ist in Studien unterrepräsentiert, weil Daten unzureichend oder gar nicht erhoben werden. So steht es auch im World Air Quality Report des Schweizer Technologie-Unternehmens IQAir, das sich auf den Schutz vor Luftschadstoffen, die Entwicklung von Produkten zur Luftqualitätsüberwachung und Luftreinigung spezialisiert hat.
In den Bericht fließen Daten von Messstationen in 134 Ländern und Gebieten aus dem Jahr 2023 weltweit. Allerdings: 34 Prozent der afrikanischen Bevölkerung sei gar nicht im Bericht vertreten, da es an öffentlich zugänglichen Daten zur Luftqualität mangelt, sagen die Autoren. Aus diesem Grund seien beispielsweise Länder wie Tschad und Sudan nicht Teil des aktuellen Berichts.
Der Bericht bezieht sich auf die sogenannten PM2,5-Werte. Das sind Feinstaubpartikel, die im Durchmesser nicht größer als 2,5 Mikrometer sind. Das entspricht ungefähr der Dicke von Spinnweben. Die Weltgesundheitsorganisation empfiehlt, dass von diesen Partikeln im Jahr durchschnittlich nicht mehr als 5 Mikrogramm je Kubikmeter in der Luft vorhanden sein sollten.
Die schmutzigsten Städte in Afrika, die in dem Bericht berücksichtigt wurden, überschreiten diesen Wert um das Acht- bis Elffache. Dazu gehören die Hauptstädte Kinshasa (Demokratische Republik Kongo), Kairo (Ägypten), Abuja (Nigeria) und Ouagadougou (Burkina Faso). Die Top-Plätze nehmen zwei Städte in Südafrika ein: Bloemfontein und die Kohlebergbau-Stadt Benoni.
Vorzeitige Todesfälle
In punko Krankheiten durch Luftverschmutzung sind Ägypten, Nigeria und Südafrika die am stärksten verschmutzten Länder Afrikas. Zu diesem Ergebnis kommt die internationale Umweltschutzorganisation Greenpeace, die Ende März ihren Bericht zu den hauptsächlichen Luftverschmutzern in Afrika veröffentlichte. Untersucht wurden die wichtigsten Industrie- und Wirtschaftssektoren, einschließlich der Industrie für fossile Brennstoffe.
Daten von Satelliten und sogar Kraftstoffverkäufen in den einzelnen Ländern ermöglichten es, die Emissionsquellen zu untersuchen. "Wir haben herausgefunden, dass Satelliten, die die Luftverschmutzung überwachen, regelmäßig Emissionsschwerpunkte finden, die mit Wärmekraftwerken, Zementwerken, Metallhütten, Industriegebieten und städtischen Gebieten übereinstimmen", sagt Cynthia Moyo, Klima-und Energie-Kampagnenleiterin bei Greenpeace Africa in Johannesburg zur DW. "Sechs der zehn größten Stickstoffdioxid-Emissions-Hotspots der Welt und zwei der zehn größten Schwefeldioxid-Emissions-Hotspots befinden sich hier in Südafrika", betont Moyo.
Gebiete wie Mpumalanga im Osten des Landes, wo die Kohleverbrennung zur Stromerzeugung ein wichtiger Wirtschaftszweig ist, stechen laut Moyo besonders hervor. Eskom, ein öffentliches Versorgungsunternehmen, dessen einziger Anteilseigner die südafrikanische Regierung ist, betreibt laut Greenpeace viele der umweltschädlichsten Kraftwerke Südafrikas.
Alarmierend findet Moyo, dass keine der Schlussfolgerungen zu den Schadstoffbelastungen in Afrika neu ist: Die Luftverschmutzungskrise in Afrika ist gut dokumentiert, sagt sie. Doch es fehle an Investitionen in saubere Energie. "Wenn die Menschen über Daten verfügen, haben sie eine Stimme, um Veränderungen zu fordern. Wir brauchen eine angemessene Umweltüberwachung, um unsere Regierung und die Verursacher von Umweltverschmutzung zur Rechenschaft zu ziehen."