Alexej Nawalny muss ins Straflager
20. Februar 2021Ein Berufungsgericht in der russischen Hauptstadt Moskau hat eine Beschwerde des Oppositionellen Alexej Nawalny zurückgewiesen. Der 44-Jährige hatte ein Urteil zu mehrjähriger Straflager-Haft angefochten. Nach Anrechnung von Hausarrest und bereits verbüßten Haftzeiten muss Nawalny noch rund zweieinhalb Jahre absitzen; die Richter reduzierten die Dauer um sechs Wochen.
Nawalny war Anfang des Monats verurteilt worden, weil er gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen haben soll. Er hielt sich zu dieser Zeit in Deutschland auf, wo er sich von einem Anschlag mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok erholte. Nawalny selbst macht für das im August in Sibirien auf ihn verübte Attentat den russischen Inlandsgeheimdienst und Präsident Wladimir Putin verantwortlich. Der Kreml weist alle Anschuldigungen zurück.
Nur Stunden nach der Bestätigung des umstrittenen Straflager-Urteils verhängte das Gericht in einem anderen Verfahren gegen Nawalny eine hohe Geldstrafe. Wegen angeblicher Beleidigung eines Veteranen des Zweiten Weltkriegs soll er 850.000 Rubel (rund 9400 Euro) zahlen. Das ist etwa das Doppelte eines durchschnittlichen Jahresgehalts in Russland.
Nawalny hatte im vergangenen Sommer ein in den russischen Staatsmedien ausgestrahltes Video scharf kritisiert. Darin warben mehrere Bürger - unter anderem ein heute 94-jähriger Veteran des Zweiten Weltkrieges - für eine Verfassungsänderung, die auch der Machtsicherung Putins diente. Nawalny bezeichnete die Menschen in dem Clip damals auf Twitter als "Verräter".
Mehrere Tausend Festnahmen
Der Oppositionelle und dessen Unterstützer betrachten das Vorgehen der Justiz als politisch motiviert, um einen prominenten Gegner der politischen Führung mundtot zu machen. Seine Inhaftierung vor fast einem Monat hatte Massenproteste ausgelöst. Mehr als 11.000 Menschen wurden festgenommen.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hatte Russland am Mittwoch aufgefordert, Nawalny unverzüglich freizulassen. Moskau wies die Entscheidung als Einmischung in innere Angelegenheiten zurück. Die EU-Außenminister wollen am Montag über mögliche weitere Strafmaßnahmen beraten.
jj/djo/se (dpa, afp, rtr)