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Armutsbekämpfung bei Schampus und Kaviar

29. Januar 2005

Jedes Jahr geben sich Reiche und Mächtige im Wintersportort Davos ein Stelldichein. Diesmal wollen die Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums in exklusiver Umgebung über die Probleme der Armen reden.

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Geschützt wie eine Festung: DavosBild: AP

Der Wettergott hat es nicht gut gemeint mit Jacques Chirac. Der Auftritt des französischen Präsidenten beim Weltwirtschaftsforum im Nobel-Ski-Ort Davos war mit Spannung erwartet worden. Doch Chirac musste kurzfristig absagen. Der Hubschrauber, der ihn von Zürich nach Davos bringen sollte, blieb wegen schlechten Wetters am Boden. Dennoch ließ es sich Chirac nicht nehmen, vor dem erlesenen Publikum zu sprechen - per Videobotschaft.

Er wolle nämlich eine "besondere" Botschaft loswerden, verkündete sein Sprecher. Chirac legte neue Vorschläge für die von ihm seit langem geforderte internationale Abgabe zu Gunsten der ärmsten Entwicklungsländer vor. Dazu könnte die Besteuerung von Kreditkartenzahlungen oder von Flugbuchungen zählen, auch Abgaben auf die Passage von Schiffen in Meerengen wurden als Möglichkeiten im Vorfeld genannt. Entsprechende Ideen hatten Experten im September 2004 entwickelt.

Tsunami-Hilfe ist Thema

Chirac will nach Angaben aus dem Pariser Präsidialamt die internationale Hilfsbereitschaft nach der Tsunami-Katastrophe in Asien nutzen. Durch die internationale Abgabe sollen 50 Milliarden Dollar (derzeit gut 38 Milliarden Euro) zusammenkommen, um die Vorgaben des UN-Millenniumsgipfels vom September 2000 zu erfüllen. Damals hatte sich die internationale Gemeinschaft das Ziel gesetzt, die Zahl der Armen in der Welt bis zum Jahr 2015 zu halbieren. Außer Frankreich treten Brasilien, Chile und Spanien für eine Abgabe ein, durch die eine Aufstockung der staatlichen Entwicklungshilfe vermieden würde. Die USA sind bislang dagegen.

Chirac ist nicht der einzige, der seine hehren Ziele vorstellen möchte. Der britische Premierministers Tony Blair kündigte zum Auftakt an, dass er eine Initiative der sieben führenden Industrienationen und Russland (G-8) zum Klimaschutz starten wolle. Die Gefahren durch die weltweite Klimaerwärmung sollen eines der Schwerpunktthemen der britischen G-8-Präsidentschaft sein. Blair will außerdem am Donnerstag (27.1.2005) an einer Diskussionsrunde über das Verhältnis der Industrieländer zu Afrika teilnehmen, zu der auch der ehemalige US-Präsident Bill Clinton, Südafrikas Präsident Thabo Mbeki sowie der Sänger Bono der Band U2 erwartet werden.

Auch Schröder und Hollywoodstars kommen

Bis Sonntag (30.1.) wollen 2250 Führungskräfte aus Politik und Wirtschaft in 220 Veranstaltungen über die globalen Herausforderungen der Wirtschaft und internationale Krisenherde debattieren. Auf der Gästeliste stehen 23 Staats- und Regierungschefs, 72 Minister, mehr als 500 Top-Manager führender Unternehmen. Das WEF-Jahrestreffen soll nach Worten des Gründers Klaus Schwab im Zeichen der Neuanfänge stehen.

Neu auf der Davoser Bühne werden unter anderem Palästinenserpräsident Mahmud Abbas und der ukrainische Präsident Viktor Juschtschenko sein. Anders als in den Vorjahren wird auch eine Reihe deutscher Spitzenpolitiker in Davos erwartet. Bundeskanzler Gerhard Schröder hat sich ebenso angesagt wie Wirtschaftsminister Wolfgang Clement und CDU-Chefin Angela Merkel.

Aus den USA reisen kurz nach Beginn der zweiten Amtszeit von Präsident George W. Bush diesmal jedoch keine hochrangigen Regierungsvertreter an. Dafür gehört der gescheiterte Präsidentschaftskandidat John Kerry zu den Gästen. Zugesagt haben auch zahlreiche internationale US-Film-Stars wie Angelina Jolie, Richard Gere und Sharon Stone.

Zum Schutz der illustren Gäste setzt die Schweiz 5500 Soldaten ein. An den Hauptstraßen des schweizerischen Wintersportorts errichtete die Polizei Kontrollposten. Überall waren uniformierte Sicherheitskräfte zu sehen. Die Veranstalter hatten vor Beginn mitgeteilt, dass die schweizerische Luftwaffe bereit stehe, jedes Flugzeug abzuschießen, dass sich ohne Genehmigung dem Tagungsort nähere.

Die Sicherheitsvorkehrungen und das diesjährige Motto "Weltweite Solidarität" wird Globalisierungskritiker vermutlich aber nicht von Demonstrationen abhalten. Parallel zum Weltwirtschaftsforum findet im brasilianischen Porto Alegre das Weltsozialforum, das von Globalisierungskritikern organisiert wird, statt. (stl)