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Mehr als nur ein globales Labertreffen

Johannes Beck26. Januar 2005

Ursprünglich war das Weltsozialforum nur als Gegenveranstaltung zum Weltwirtschaftsforum in Davos, dem World Economic Forum, geplant. Inzwischen hat es ein auschweifendes Eigenleben entwickelt, das nach Ordnung verlangt.

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Elf Themenbereiche sind Kern des WeltsozialforumsBild: AP


"Eine andere Welt ist möglich". So lautet der Slogan des Weltsozialforums, das vom 26.1. bis zum 31.1.2005 in Porto Alegre stattfindet. Doch anstatt die Welt zu verändern, mussten sich die Organisatoren des Forums in den vergangenen Monaten eher mit sich selbst beschäftigen. Mit mehr als 1000 Einzelveranstaltungen und einem unüberschaubarem Wirrwarr an regionalen, nationalen und thematischen Zusatzforen, droht das Weltsozialforum Opfer seines eigenen Erfolges zu werden.

Das globale Labertreffen

Es ist schlichtweg niemand mehr in der Lage, auch nur ansatzweise zu überblicken, welche Ergebnisse bei den zahlreichen Veranstaltungen entstehen. Anstatt die Globalisierungskritiker zu vernetzen und neue Impulse zu geben, führt das Forum so eher zu Zeit- und Geldverschwendung. Dazu mangelte es bei vergangenen Treffen oft an inhaltlicher Tiefe: Immer wieder die immer gleichen Argumente von den immer gleichen Leuten. Das Weltsozialforum droht zum globalen Labertreffen zu werden.

So haben sich die brasilianischen Organisatoren nach langen Diskussionen entschlossen, das Forum umzugestalten. "Wir haben eine Umfrage gemacht, welche Themen, Fragen, Herausforderungen die Teilnehmer aus der ganzen Welt für so wichtig halten, dass sie auf dem Forum behandelt werden sollten", erklärt Fátima Melo von ABONG, dem zuständigen Dachverband brasilianischer Nichtregierungsorganisationen. Tausende Organisationen haben geantwortet. "Anhand der Antworten hat dann der internationale Rat des Weltsozialforums elf Themenbereiche definiert, die Kern des Forums 2005 sein werden."

Forum soll überschaubarer werden

Alle Organisationen sollen ihre Veranstaltungen in diese elf Themenfelder eingliedern. Ziel ist auch, parallele Seminare zu vermeiden, man soll möglichst gemeinsam anstatt getrennt antreten. So soll das Forum für die Teilnehmer überschaubarer werden. Ob das Ziel erreicht wird, ist angesichts von Themenblöcken mit Mammut-Titeln wie "Frieden und Demilitarisierung - der Kampf gegen Krieg, Freihandel und Schulden", zumindest fraglich.

Weltsozialforum Demonstration Porto Alegre
Treffpunkt der lateinamerikanischen LinkenBild: AP

Doch das Weltsozialforum ist eben keine zentral durchorganisierte Veranstaltung wie das Weltwirtschaftsforum in Davos, sondern ein mühsam austariertes Treffen zahlreicher Gruppen unterschiedlichster politischer Ausrichtung aus fünf Kontinenten. Dazu der Brasilianer Francisco Whitaker, er zählt zu den bekanntesten Mitglieder des Organisationskomitees, auf dem letzten Forum in Porto Alegre: "Das Forum verdankt seine Mobilisierungskraft der Tatsache, dass es nicht von einer übergeordneten Leitung dirigiert wird." So sei es vielmehr eine horizontale Bewegung, in die jeder seine Ideen und Erfahrungen einbringen könne. "Das schafft Platz für eine Multiplikation."

Porto Alegre das Mekka der Linken

Doch zumindest finanziell sieht es für die Zukunft weniger nach Multiplikation, sondern eher nach Subtraktion aus. Nachdem die regierende brasilianische Arbeiterpartei PT (Partido dos Trabalhadores) im vergangenen Jahr die Kommunalwahlen in Porto Alegre verloren hat, wird die Hilfe der Stadt für das Forum in Zukunft weniger großzügig ausfallen.

In den 16 Jahren PT-Regierung hatte sich Porto Alegre zum Mekka der lateinamerikanischen Linken entwickelt. Einige der hier entwickelten Instrumente, wie Beteiligung der Bürger an der Planung des Haushalts, der so genannte partizipative Haushalt, sind weltbekannt geworden. Da passte das Weltsozialforum wunderbar dazu und mehrte den Bekanntheitsgrad Porto Alegres.

Auch wenn sich bereits zahlreiche Städte aus dem brasilianischen Nordosten wie Salvador, Recife und Fortaleza für das Forum interessieren - zumindest in diesem Jahr wird es noch einmal am Geburtsort in Porto Alegre, der Hauptstadt des Bundesstaates Rio Grande do Sul, stattfinden. Während sechs Tagen werden sich etwa 100.000 Menschen in der südbrasilianischen Stadt treffen, um in Seminaren, Vorträgen und Demonstrationen nach Alternativen zur Globalisierung zu suchen.