Asteroid schrammt an Erde vorbei
11. Oktober 2017Eine Digitaluhr, die nur noch wenige Minuten bis zum Einschlag anzeigt, eine bemannte Raumfahrtmission, die den riesigen Asteroiden stoppen soll und ein Held, der die Menschheit vor dem sicheren Ende rettet. Klingt zumindest nach einem Plan, den sich Hollywood mit "Armageddon" erträumt hat, aber in der Realität: Keine Chance!
Nicht, weil Hollywood auf abgefahrenste Waffentechnologien zurückgreift, sondern weil kein Handlungsprotokoll für so einen Fall besteht. Welche Taktik wählt man? Gibt es eine Mission? Wer trägt die Verantwortung? Oder schießen wir doch Raketen auf den Asteroiden ab? Und wer bezahlt das alles? Viele offene Fragen. Zu viele.
Warum trifft uns 2012 TC4 überhaupt fast?
Der Asteroid 2012 TC4 kreist in einer elliptischen Bahn um die Sonne. Vermutlich ist er durch eine Kollision mit einem anderen Körper im All auf diese Umlaufbahn gebracht worden. Am 12. Oktober führt ihn jetzt diese Bahn extrem "dicht" (in astronomischen Verhältnissen) an der Erde vorbei.
Allerdings könnte er beim nächsten Mal tatsächlich die Erde treffen.
Was passiert, wenn er uns treffen würde?
Bei einem stattlichen Gewicht von 8.000 Tonnen und einer Wahnsinnsgeschwindigkeit von etwa 27.500 Kilometern pro Stunde würde der Einschlag auf der Erde katastrophale Folgen haben. Mit dem Tempo könnte 2012 TC4 übrigens in unter zwei Stunden die komplette Erde umrunden. Russland bekam einen solchen Asteroideneinschlag bereits zu spüren. Nämlich 2013, als ein Asteroid über der russischen Millionenstadt Tschlejabinsk eine schwere Schockwelle auslöste.
1.500 Verletzte und 7.000 beschädigte Gebäude zählten die russischen Behörden nach dem Einschlag.
Und dabei galt dieser Asteorid noch als klein. Im Weltall schwirren aber noch ganz andere Kaliber durch die Gegend, die bei einem Aufprall einen deutlich größeren Schaden verursachen würden.
Was könnte denn überhaupt getan werden?
Wie in jedem guten Hollywoodthriller liegen zwei Möglichkeiten auf dem Tisch. Abknallen oder ablenken. Im ersten - doch eher amerikanischen Cowboyszenario - wird ein sich nähernder Flugkörper aus dem All mit Raketen beschossen und aus der Gefahrenzone geschubst. Gerne auch mit nuklearen Sprengköpfen. Praktisch dem Weltraum den Krieg erklären.
Die zweite Option für alle Waffenverweigerer dreht sich um einen sogenannten "Gravity Tractor". Hierbei fliegt ein Raumschiff so nah an den Asteroiden, dass er durch die gegenseitige Anziehungskraft von seiner Flugbahn abgelenkt wird. Ein schwieriges und hochkomplexes Unterfangen, das noch erforscht wird.
Machen die internationalen Organisationen überhaupt irgendetwas gegen Einschläge aus dem All?
Beobachten, beobachten und noch mehr beobachten. Immerhin haben sie den Asteroiden 2012 TC4 bemerkt. Rüdiger Jehn leitet die Abteilung beim Europäischen Raumflugkontrollzentrum (ESOC) in Darmstadt, die sich mit der Erforschung "erdnaher Objekte" befasst. Er will ein besseres Frühwarnsystem aufbauen: "Wenn wir der Bevölkerung sagen können - 'Bleibt in euren Kellern!' - ist das wie eine Tornado-Warnung. Man kann das sehr genau vorhersagen und einen großen Schaden vermeiden. Das wäre ein großer Fortschritt."
Für den Ausbau des Weltraumbeobachtungssystems hat die Europäische Weltraumorganisation jetzt 26 Millionen Euro locker gemacht. Die sollen erstmal für vier Jahren reichen. Unter anderem soll davon ein Fly-Eye-Teleskop gebaut werden - ein stationäres Teleskop auf der Erde, das den gesamten Himmel automatisch scannt und dann meldet. 2019 soll es in Betrieb gehen. Aber alle Probleme wird es nicht lösen können. Laut Jehn kommen 15 bis 20 Prozent der erdnahen Objekte von der Sonnenseite und sind damit für die Teleskope unsichtbar. Schade Schokolade. Aber zum Glück wird es ja mal dunkel.
Werden wir jetzt alle durch einen Asteroiden sterben?
Eigentlich sollte das ja schon am 05. Oktober 2017 passieren, aber jetzt setzen die Endzeittheoretiker doch auf diesen Donnerstag. Schnell zur Forschung gelugt wird jedoch klar, dass ein Asteroid uns nicht in allzu naher Zukunft den Garaus machen wird.
Größere Exemplare sollten schon Jahrzehnte vorher erkennbar sein. Rüdiger Jehn baut auch darauf, dass sich die großen Weltraum-Player, also ESA, NASA, ROSCOSMOS, etc. im Ernstfall zusammenraufen: "Wenn so ein Teil 20 Jahre vorher entdeckt würde, würde sicher plötzlich genügend Geld zur Verfügung stehen."
Hoffen wir es mal.