Awacs-Einsatz in der Türkei kann kommen
11. Oktober 2016Grund ist eine "signifikante" Bedrohung, "die uns auch in Europa sehr konkret betrifft". So steht es in einem Schreiben von Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) an die Fraktionschefs im Bundestag. Weiter heißt es darin, dies hätten Anschläge in Frankreich, Belgien, der Türkei, aber auch in Deutschland gezeigt.
Auf den jüngsten Bombenfund in Chemnitz gehen die beiden Minister nicht ein. "Mit seinen Anschlägen greift er (der IS) die gemeinsamen Werte und die Lebensweise der Bürger Europas an. Dieser Bedrohung muss weiterhin entschieden und umfassend begegnet werden."
Abstimmung im November möglich
Das Kabinett will deshalb schon am Mittwoch einen neuen Mandatstext für die Beteiligung am Kampf gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) beschließen, der zusätzlich den Einsatz deutscher Soldaten in Awacs-Aufklärungsflugzeugen der Nato vorsieht. Der Bundestag kann dann schon im November statt wie ursprünglich geplant im Dezember darüber abstimmen.
Bisher unterstützt Deutschland die Angriffe auf Stellungen des IS in Syrien und im Irak mit 250 Soldaten, sechs Tornado-Aufklärungsjets und einem Tankflugzeug. Mit dem geplanten Awacs-Einsatz schaltet sich jetzt erstmals auch die Nato in den Anti-IS-Kampf ein.
Während die deutschen Tornados Ziele am Boden erfassen können, überwachen die Awacs-Flugzeuge den Luftraum. Mit ihrem pilzförmigen Radaraufbau können die Flugzeuge vom Typ Boeing 707 andere Flugzeuge in mehr als 400 Kilometern Entfernung orten und identifizieren. Sie werden voraussichtlich auf der türkischen Basis in Konya stationiert.
Ein Drittel der 16-köpfigen Besatzungen wird in der Regel von der Bundeswehr gestellt. Das bedeutet, dass nur wenige Soldaten zusätzlich in die Türkei geschickt werden, denn zusätzliches Bodenpersonal ist in Konya nicht erforderlich. Die bisherige Mandatsobergrenze von 1200 Soldaten wird daher auch nicht erhöht werden.
Besuchsverbot aufgehoben
Möglich wurde die Erweiterung des Anti-IS-Einsatzes durch den Besuch von deutschen Bundestagsabgeordneten auf der türkischen Luftwaffenbasis Incirlik. In der vergangenen Woche durften sieben Vertreter des Verteidigungsausschusses die deutschen Soldaten dort besuchen, nachdem ihnen monatelang der Zutritt wegen der Armenien-Resolution des Bundestags verwehrt worden war.
Die türkische Regierung hob das Verbot erst auf, als die Bundesregierung die Resolution für rechtlich nicht verbindlich erklärte. Der Bundestag hatte im Juni die Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich vor 100 Jahren als Völkermord verurteilt. Die Türkei als Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs wehrt sich massiv gegen diese Einstufung.
uh/rb (dpa)