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Deutschland durchsetzt mit türkischen Agenten?

21. August 2016

Die Aktivitäten des türkischen Geheimdienstes MIT in Deutschland sind offenbar weit umfangreicher als bisher bekannt. Das geht aus einem Bericht der "Welt am Sonntag" hervor. Abgeordnete fordern nun eine Überprüfung.

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Symbolbild Spionage BND Türkei Deutschland (Foto: dpa - Bildfunk)
Bild: picture-alliance/dpa

In ihrem Bericht zitiert die "Welt am Sonntag" einen nicht namentlich genannten Sicherheitspolitiker mit der Aussage, der türkische Geheimdienst MIT verfüge in Westeuropa über rund 800 hauptamtliche Offiziere, die größtenteils in Deutschland agierten. Zudem habe der Dienst schätzungsweise 6000 Informanten rekrutiert. Damit hätte der türkische Geheimdienst eine einzigartige Überwachungsdichte, schreibt das Blatt. Ein MIT-Mitarbeiter käme auf 500 türkischstämmig Bürger. Nicht einmal der Stasi sei es gelungen, in der Bundesrepublik ein vergleichbar großes Agentenheer aufzubauen.

Ausspäaktionen gegen erklärte AKP-Feinde

Unter Hinweis auf eine Verschlussache der Regierung heißt es in dem Bericht, Ausspähaktionen richteten sich vor allem gegen Kurden, Alewiten und Gülen-Anhänger - die erklärten Hauptfeinde von Präsident Recep Tayyip Erdogans AKP. Sie "stünden im Mittelpunkt des Interesses des MIT", soll es in dem Regierungsschreiben heißen.

Der Geheimdienstexperte Erich Schmidt-Eenbom sagte, Deutschland dürfe sich so etwas von einem NATO-Partner nicht bieten lassen. Denn es gehe bei den MIT-Aktivitäten "längst nicht mehr um nachrichtendienstliche Aufklärung, sondern um nachrichtendienstliche Repression".

Schmidt-Eenbom zufolge statte der MIT etliche Offiziere mit Tarnidentitäten aus und lasse sie zum Schein etwa in Reisebüros, türkischen Banken oder Firmen arbeiten. Da viele Türken es als Ehre betrachteten, für den Geheimdienst zu arbeiten und nicht viel Geld kosten würden, bekomme die Spionageabwehr des Verfassungsschutzes kaum etwas davon mit.

Ströbele: "Unglaubliche Aktivitäten"

Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages werde die MIT-Praktiken nach der Sommerpause auf die Tagesordnung setzen, sagte der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele. Er sprach von "unglaublichen geheimen Aktivitäten" des MIT. Verfassungsschutz, Bundesnachrichtendienst und Polizei müssten dringend ihre Kooperation mit der Türkei überprüfen. Sonst liefen sie Gefahr, "bei strafbaren Handlungen mitschuldig zu werden", so Ströbele.

rk/mal (Welt, Welt am Sonntag)