Berlin Global Dialogue: Vom Wort zur Tat
29. September 2023Noch ein globales Forum? Neben dem World Economic Forum (WEF) und dem jährlichen Global Solutions Summit gibt es seit Donnerstag auch den Berlin Global Dialogue.
Initiator Lars-Hendrik-Röller hat sich viel vorgenommen. "Wir müssen Institutionen wie den Weltwährungsfonds verändern, weil sich die Welt verändert hat", erklärt der ehemalige wirtschaftspolitische Berater von Kanzlerin Angela Merkel, zurzeit Professor an der Business School ESMT in Berlin "Wir wollen dazu aus Berlin einen Beitrag leisten."
Rund 500 Führungspersönlichkeiten, Studierende, Regierungschefs und Expertinnen und Experten kamen für zwei Tage in der Hauptstadt zusammen. Schuldenmanagement, Klimaschutzinvestitionen und politische Blockbildung bestimmten die Themen auf dem neuen hochrangig besetzten Konferenzformat in Berlin.
Guntram Wolff, Direktor der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP), unterstützt die Initiative: "Wir brauchen Foren, wo Menschen und Entscheidungsträger in ungezwungener Atmosphäre zusammenkommen", erklärt er im DW-Gespräch. Das Interesse zeige, dass die Nachfrage dafür da sei.
Bitte keine "Hilfe" für Afrika
Bundeskanzler Scholz saß auf einem Podium mit einer der einflussreichsten Frauen des afrikanischen Kontinents, Delphine Traoré. Und Sri Lankas Präsident Ranil Wickremesinghe und BlackRock-Chef Larry Fink sprachen über Schuldenmanagement, verlorenes Geld und verlorene Hoffnungen.
Eine klare Ansage kam von Ökonomin Delphine Traoré: "Ich möchte das Wort ‚Hilfe‘ nicht mehr hören", erklärte die Versicherungsmanagerin von Allianz Afrika. "Wir sind gleichwertige Partner."
Beim Thema Klimawandel bestehe dringender Handlungsbedarf: "Wenn die Finanzlücke für Investitionen in Klimaschutz in Afrika nicht geschlossen wird, wird die Welt das Ziel, bis 2050 emissionsfrei zu sein, nicht erreichen", stellte sie klar.
Traoré und Scholz waren sich einig: Afrika braucht nicht Millionen, sondern Billionen, um die Anpassung an den Klimawandel zu finanzieren. Grünes Wachstum in Afrika sei extrem wichtig, so der Kanzler.
"Wenn Afrika auf wirtschaftliches Wachstum setzt, wie wir es in den vergangen 200 Jahren getan haben, überlebt dies unser Planet nicht. Wir müssen deshalb massiv in Technologien investieren, die Wachstum ohne Umweltzerstörung ermöglichen", erklärte Scholz.
Jedes Jahr 100 Milliarden für globalen Süden
Das Geld für die ökologische Transition soll vom Grünen Klimafonds kommen. Der sogenannte Green Climate Fund ist der zurzeit größte offizielle Fonds für die Finanzierung von Klimaschutz- und Anpassungsmaßnahmen in Entwicklungsländern. Er wird durch Zuwendungen von Industrieländern gespeist, die nicht zurückgezahlt werden müssen.
Zwischen 2014 und 2019 wurden rund 18 Milliarden Dollar eingezahlt. Ab 2020 sollten es jährlich eigentlich 100 Milliarden US-Dollar sein. Doch Scholz räumte auf dem Panel beim Berlin Dialogue ein, dass die Industrieländer erst "in diesem Jahr erstmals die 100 Milliarden Dollar an Zuwendungen für den Green Climate Fund (GCF) erreichen".
G20 wird immer wichtiger
Ganz nebenbei ließ der Bundeskanzler das Publikum zudem auch wissen, dass hinter den Kulissen an einer Alternative zum Pariser Klub gearbeitet wird. In dem informellen an den Internationalen Währungsfonds IWF angelehnten Gremium verhandeln staatliche Gläubiger mit hochverschuldeten oder zahlungsunfähigen Ländern.
Im Rahmen der G20-Gruppe sei man dabei, eine "gemeinsame Strategie zu erarbeiten, die jetzt hoffentlich zu Ergebnissen führt", so Scholz. Hintergrund sei, dass China als größter Kreditgeber in Afrika nicht mit hochverschuldeten Ländern im Rahmen des Pariser Klubs verhandeln wolle, weil es sich selbst noch als Entwicklungsland sähe.
Nach der Aufnahme derAfrikanischen Union in die Gruppe der G20 Anfang September ist dies eine weitere Aufwertung des Forums der wichtigsten Industrie- und Schwellenländer. In der Gruppe sind auch China, die USA, Russland und die EU vertreten.
"Starkes Signal für globalen Süden"
Es könnte gut sein, dass Scholz und Traoré sich in Zukunft öfter sehen. Denn der Kanzler kündigte noch in diesem Jahr Staatsbesuche in Ghana und Nigeria an. "Es werden weitere hinzukommen, denn die Verbindung mit Afrika ist für mich eine Strategie, die wir kontinuierlich in der kommenden Dekade verfolgen werden."
Guntram Wolff von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik findet das "positiv": Wenn der Kanzler sich eine Stunde mit einer afrikanischen Businessleaderin unterhält, ist das ein starkes Signal", so Wolff. "Deutschland öffnet sich in Richtung globaler Süden."