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Scharfer Ton

1. Februar 2008

Die USA haben Deutschland ungewohnt scharf aufgefordert, Kampftruppen in den unruhigen Süden Afghanistans zu schicken. Die Bundesregierung lehnt ab. Der US-Verteidigungsminister warnt vor einer Spaltung der Nato.

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Die USA wünschen Hubschrauber-Einheiten, Quelle: AP
Die USA wollen den Einsatz deutscher Hubschrauber-EinheitenBild: AP

Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) hat die von US-Verteidigungsminister Robert Gates verlangte Ausweitung des deutschen Truppeneinsatzes in Afghanistan abgelehnt. Vor Journalisten sagte Jung am Freitag in Berlin: "Ich bleibe bei der Auffassung, dass wir unser Mandat in Afghanistan fortsetzen und erfüllen sollten." Auch eine Ausweitung des Bundeswehreinsatzes im besonders umkämpften Süden des Landes lehnte der Minister ab: "Ich denke, dass es weiter bei unserem Schwerpunkt im Norden bleiben muss." Das Mandat für den Bundeswehreinsatz lässt lediglich Nothilfe durch deutsche Soldaten im Süden Afghanistans zu. Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) lehnte den von den USA geforderten, zusätzlichen Einsatz ab.

Deutschlannds Verteidigungsminister Franz-Josef Jung, Quelle: AP
Deutschlannds Verteidigungsminister Franz-Josef JungBild: AP

US-Verteidigungsminister Robert Gates hatte zuvor seinen deutschen Kollegen Franz-Josef Jung (CDU) in einem Brief aufgefordert, Soldaten der Bundeswehr für Kampfeinsätze in Südafghanistan zur Verfügung zu stellen. Die Süddeutsche Zeitung, der der Brief exklusiv vorlag, charakterisierte das Schreiben als "ungewöhnlich scharf".

Gates fordert neues Bundestagsmandat

Demnach forderte Gates in seinem Schreiben eine Verstärkung des NATO-Kontingents um 3200 Soldaten, woran sich auch Deutschland beteiligen solle. Gates verlangt den Angaben zufolge die Bereitstellung von Hubschrauber-Einheiten und Kampftruppen wie etwa Fallschirmjägern.

Bundeswehr-Soldaten bei Kabul, Quelle: AP
Bundeswehr-Soldaten bei KabulBild: AP

Gates bittet Jung, dazu ein neues Bundestagsmandat in Erwägung zu ziehen. Das geltende Mandat erlaubt den Einsatz von maximal 3500 Soldaten im weniger gefährlichen Norden; sie dürfen nur im Ausnahmefall in anderen Regionen eingesetzt werden. Die Bundeswehr bereitet derzeit die Entsendung von Kampftruppen in den Norden im Rahmen des bestehenden Mandats vor. Der laufende Einsatz in Afghanistan ist politisch seit langem umstritten, unter anderem weil sich die Sicherheitslage in dem Land zuletzt massiv verschlechterte.

Jung bestätigte, dass ihn sein US-Kollege Robert Gates gebeten habe, Soldaten der Bundeswehr für Kampfeinsätze in Südafghanistan zur Verfügung zu stellen. Doch sei diese Anforderung auch an andere NATO-Staaten gegangen.

"Spaltung der NATO"

In dem Brief erkenne Gates die Leistung der Bundeswehr im Norden Afghanistans an, beklage dann aber schnell die Spaltung der NATO in Nationen, die Kampfeinsätze bestreiten, und Länder, die sich wie Deutschland nicht an der militärischen Bekämpfung der Taliban und El-Kaida-Kämpfer beteiligen, hieß es weiter. Gates spreche von einer drohenden Spaltung der Allianz und warne vor einem Verlust an Glaubwürdigkeit.

Auch im vergleichsweise ruhigen Norden gab es schon Tote, Quelle: AP
Auch im vergleichsweise ruhigen Norden gab es schon ToteBild: AP

In Washington mahnte Außenamtssprecher Sean McCormack von den Verbündeten die Bereitstellung von zunächst tausend zusätzlichen Soldaten für Südafghanistan an. "Diese Anfrage richtet sich an alle NATO-Partner", betonte er. Kanada hatte mit einem Rückzug aus dem Einsatz gedroht, wenn es nicht zusätzliche Truppen aus anderen Nato-Staaten gebe.

"Ausgesucht höflich"

Ein entsprechender Wunsch der USA richtete sich auch an Frankreich. Auch er habe ein entsprechendes Schreiben von seinem amerikanischen Kollegen Robert Gates erhalten, sagte der französische Außenminister Hervé Morin am Donnerstag vor Journalisten in der französischen Botschaft in Washington. Sein Brief sei allerdings "ausgesucht höflich" gewesen, betonte Morin. Gate habe darin auf die verstärkten Bemühungen der USA in Afghanistan hingewiesen und "alle Mitglieder der Internationalen Schutztruppe ISAF aufgerufen", es Washington gleichzutun.

Robert Gates (l.) und Harve Morin, Quelle: AP
Robert Gates (l.) und Harve MorinBild: AP

Unterdessen bestätigte ein US-Regierungsvertreter den Tod eines ranghohen El-Kaida-Kommandeurs in Afghanistan. Abu Laith al-Libi sei als Märtyrer im benachbarten Pakistan gestorben, hieß es ohne weitere Details auf einer Internet-Seite, die häufig von Islamisten für Ankündigungen benutzt wird. Dies legt nahe, dass Libi vermutlich gemeinsam mit bis zu zwölf anderen Extremisten bei einem US-Raketenangriff im Norden Pakistans in dieser Woche ums Leben kam. Libi war der erste El-Kaida-Sprecher, der erklärte, dass Osama bin Laden den von den USA geführten Sturz der radikal-islamischen Taliban Ende 2001 überlebt habe. Im Sommer hatte er im Internet zum Sturz des pakistanischen Präsidenten Pervez Musharraf aufgerufen. (stu)