Dax-Bilanzen: Bloß nicht enttäuschen!
3. August 2017Enttäuschende Ergebnisse von Groß-Konzernen wie Siemens und ProSiebenSat.1 haben am Donnerstag Europas Börsen belastet. Dax und EuroStoxx50 fielen bis zum späten Vormittag um je etwa ein halbes Prozent auf 12.120 und 3441 Zähler. "Die Ergebnisse waren einfach nicht gut genug, um den Anlegern Kauflaune zu machen", sagte ein Händler. Über allem schwebe zudem der Euro. Die Gemeinschaftswährung blieb zwar unter dem zeitweise am Mittwoch erreichten Zweieinhalb-Jahres-Hoch von über 1,19 Dollar, doch behauptet sie sich nun schon seit Tagen über der 1,18-Dollar-Marke.
Starker Euro belastet
Mit dem steigenden Wechselkurs verteuern sich europäische Produkte auf dem Weltmarkt, wodurch die Absatzchancen sinken und längerfristig auch die Gewinne schmelzen. Ein Grund für den stärkeren Euro ist die Erwartung, dass die US-Notenbank Fed die Zinsen nur moderat anheben wird. In diesem Zusammenhang stehen die US-Arbeitsmarktzahlen am Freitag im Fokus. Sollten sie enttäuschen, dürfte der Euro ohne Mühe die Marke von 1,20 Dollar ins Visier nehmen, sagte Milan Cutkovic, Marktanalyst beim Broker AxiTrader. "Für den Dax sind das schlechte Nachrichten. Während sich die Anleger an der Wall Street über neue Rekordhochs freuen, drückt der starke Euro die Kurse in Deutschland nach unten." In New York hatte der Dow-Jones-Index am Mittwoch erstmals über 22.000 Punkten geschlossen.
Siemens-Medizinsparte kommt später an die Börse
Besonders unzufrieden waren die Anleger mit dem Dax-Schwergewicht Siemens. Zum einen erreichte der Konzern nicht alle Schätzungen bei Gewinn und Umsatz. Zum anderen kommt die Abspaltung der Medizintechniksparte erst im ersten Halbjahr 2018. Siemens-Aktien fielen um 3,4 Prozent. Ebenfalls mehr als drei Prozent verloren Pro7-Papiere. Florierende Geschäfte mit Sexspielzeug, Parfüm und Partnervermittlung hatten dem Medienkonzern im zweiten Quartal zwar ein unerwartet kräftiges Gewinnwachstum beschert, doch leidet die Fernsehsparte unter rückläufigen Werbeeinnahmen. "Die Probleme mit der Reichweite des klassischen Fernsehens lasten schon eine Weile auf den Aktien", so ein Händler.
Gewinnmitnahmen drücken Beiersdorf-Kurs
Auch Beiersdorf sorgte für lange Gesichter: Zwar wies der der Kosmetik-Hersteller einen Rekordgewinn für das erste Halbjahr aus, doch der fiel wegen eines Hackerangriffs niedriger aus. Die Aktien des Kosmetikherstellers fielen am Donnerstag um bis zu 2,4 Prozent auf 89,87 Euro. Das Umsatzwachstum habe wegen der Cyber-Attacke unter den Erwartungen gelegen, erläuterten die Analysten von Liberum. Die Erlöse wuchsen dem Unternehmen zufolge im ersten Halbjahr organisch um 3,3 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro. Ohne den Angriff auf die IT des Dax-Konzerns wären die Erlöse gut einen Prozentpunkt stärker gestiegen. Anleger nahmen angesichts dessen laut Händlern lieber Gewinne mit. Seit Jahresbeginn haben Beiersdorf-Aktien mehr als zehn Prozent zugelegt. Bei den Hamburgern waren Ende Juni weltweit die IT- und Telefonsysteme ausgefallen, auch die Produktion war betroffen. Den Umsatzausfall durch den Hackerangriff bezifferte Beiersdorf auf 35 Millionen Euro.
Kauflaune machten den Anlegern dagegen die Deutsche Telekom, Merck und BMW, deren Titel je etwa ein Prozent zulegten. Die Bonner profitierten im zweiten Quartal vor allem von guten Geschäften ihrer US-Mobilfunktochter. Der Chemie- und Pharmakonzern Merck hat zwar einen niedrigeren Betriebsgewinn ausgewiesen, doch wurde damit schon gerechnet.
BMW punkten mit hohem Gewinn
Der Dieselkrise zum Trotz hat BMW dank zahlreicher neuer Modelle wie dem verkaufsstarken 5er oder dem margenstarken 7er den Gewinn überraschend kräftig gesteigert. Das Ergebnis vor Steuern kletterte im zweiten Quartal binnen Jahresfrist um 9,2 Prozent auf 3,05 Milliarden Euro und übertraf damit die Erwartungen der Analysten. Vorstandschef Harald Krüger bekräftigte am Donnerstag das Ziel, Konzerngewinn und Absatz 2017 leicht zu steigern. "Nach dem ersten Halbjahr blicken wir mit Zuversicht auf diese Ziele und starten vorsichtig optimistisch in das zweite Halbjahr." Allerdings kämen die größte Modelloffensive der Firmengeschichte und Zukunftsprojekte wie Elektromobilität und autonomes Fahren teuer. Um die hohen Ausgaben stemmen zu können, bleibe ein nachhaltig profitables Kerngeschäft zentral.
In der größten und wichtigsten Sparte, dem Autogeschäft, steigerte BMW den Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) im zweiten Quartal um fast drei Prozent auf 2,24 Milliarden Euro. Vom Ergebnis blieb zudem mehr hängen: Die Rendite (Ebit-Marge) kletterte auf 9,7 Prozent. Damit lag BMW hinter Mercedes-Benz mit 10,2 Prozent und vor Audi mit 9,1 Prozent Marge im zweiten Quartal. Den Münchnern kam zugute, dass Kunden in der Regel höhere Preise für neue Modelle zahlen. Zudem waren große Modelle wie der 7er und Geländewagen der X-Reihe gefragt, die eine höhere Rendite abwerfen. In den USA, dem zweitgrößten Automarkt der Welt, legt BMW angesichts der schwächelnden Nachfrage mehr Wert auf Rendite statt auf Verkaufszahlen.
tko/dk (rtr, dpa)