BND besitzt offenbar brisantes Amri-Drohvideo
2. Oktober 2019Tage vor dem Berliner Weihnachtsmarkt-Anschlag nahm der Attentäter Anis Amri ein Video auf, in dem er sich zur Terrormiliz "Islamischer Staat" bekannte. Nun kommt heraus: Es gibt ein weiteres Video, in dem er Wochen vor seiner Tat mit Terror drohte. Dem Bundesnachrichtendienst (BND) liegt nach Medienberichten hierzu ein bislang unbekanntes Video vor.
Wie "Süddeutsche Zeitung", NDR und WDR berichteten, soll die rund elf Sekunden lange Aufnahme im November 2016 entstanden sein, also wenige Wochen vor dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz am 19. Dezember 2016 mit zwölf Toten.
Terror im Zeichen Allahs
In dem Video, das wohl mit einem Mobiltelefon aufgenommen wurde, droht Amri den Berichten zufolge mit Attentaten. "Oh Allah! Diese Schweine, kommen wir zu ihnen, um sie zu enthaupten!", sagt er demnach auf Arabisch. Er hält dabei eine Pistole in der Hand, bei der es sich nach Einschätzung des BND um jene Waffe handeln soll, mit der Amri später einen polnischen Lkw-Fahrer erschoss, um dessen Fahrzeug zu rauben, um mit diesem seine Bluttat auszuführen.
Das Video ist bislang nicht in die Ermittlungsakte des Bundeskriminalamts (BKA) gelangt, das den Terroranschlag und seine Hintergründe aufklären soll. Auch die verschiedenen Untersuchungsausschüsse, die seit geraumer Zeit an der Aufklärung des Falles arbeiten, haben dieses Video offenbar nicht gezeigt bekommen.
Das Drohvideo soll ein ausländischer Geheimdienst an den BND übermittelt haben. Um welchen Dienst es sich handelt, dazu wollte sich der deutsche Auslandsgeheimdienst nicht äußern. Der BND hatte die Ermittler des BKA demnach zwar bereits im März 2017 über die Existenz der Aufnahme informiert. Jedoch erklärten die Agenten damals, die Information dürfe nicht verwendet werden, weil sie von einem ausländischen Geheimdienst stamme, dem man zur Vertraulichkeit verpflichtet sei.
Amri galt 2016 als "nicht akut gefährlich"
Der BND wollte sich nicht näher zu dem Medienbericht über das Amri-Video äußern: "Zu etwaigen Erkenntnissen und zu operativen Aspekten seiner Arbeit berichtet der BND grundsätzlich nur der Bundesregierung und den zuständigen, geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages", teilte ein Sprecher auf dpa-Anfrage mit.
Zu dem Zeitpunkt, als dieses Video aufgenommen wurde, galt Amri den deutschen Behörden nicht mehr als akut gefährlich. Der spätere Attentäter verkehrte zunehmend im Drogenmilieu und besuchte nur noch unregelmäßig die Moschee. Den Medien zufolge gibt es keine Hinweise, dass dem BND oder anderen deutschen Behörden das Amri-Video schon vor dessen Tat im Jahr 2016 bekannt war.
Bislang war bekannt, dass Amri vor der Tat in Berlin ein Bekennervideo aufgenommen hatte, in dem er der IS-Terrormiliz die Treue schwor und ein Attentat ankündigte. Dieses Video hatte der IS nach der Tat im Internet veröffentlicht.
Die Ermittler der Polizei haben nach der Tat zwei Mobiltelefone Amris ausgewertet und darauf mehr als 12.000 Dateien sichergestellt.
qu/se (dpa, afp, SZ)