BND schränkt Kooperation mit NSA ein
7. Mai 2015Als Reaktion auf die Spionageaffäre hat der Bundesnachrichtendienst nach einem Medienbericht die Zusammenarbeit mit dem US-Geheimdienst NSA drastisch eingeschränkt. Nach Informationen von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR werden seit Beginn dieser Woche in der Station in Bad Aibling keine Internet-Verkehre, die bislang an den US-Geheimdienst weitergeleitet wurden, mehr erfasst.
Wie es weiter heißt, habe der BND in Absprache mit dem Kanzleramt zuvor eine Forderung an die USA übermittelt: Zu jeder Person oder Institution, die die NSA an die Deutschen übermittelt hatten, müsse eine ausdrückliche Begründung für die Überwachung geliefert werden. Die Aufforderung sei eine Reaktion auf die jüngsten Enthüllungen gewesen, wonach der BND der NSA über Jahre geholfen haben soll, europäische Unternehmen und Politiker auszuforschen. Der Geheimdienst habe mitgeteilt, keine Begründung liefern zu können, da dies in kurzer Zeit kaum möglich sei.
Mit dem Ende der Internet-Erfassung würden im bayerischen Bad Aibling, wo 120 Mitarbeiter des BND sowie einige NSA-Techniker arbeiten, nur noch Fax-Verkehre und Telefongespräche abgefangen. Anders als bei Internet-Suchbegriffen habe die NSA hierfür bereits in der Vergangenheit eine Begründung für die geplante Überwachung liefern müssen, heißt es in diesem Bericht weiter.
Neuordnung der Zusammenarbeit?
Einem weiteren Medienbericht zufolge arbeiten die Bundesregierung und die US-Regierung daran, ihre Geheimdienst-Zusammenarbeit neu zu ordnen. Nach der Enttarnung eines US-Spions im vergangenen Sommer habe Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) dazu längere Gespräche mit dem Stabschef des Weißen Hauses, Denis McDonough, geführt, berichtete die in Düsseldorf erscheinende "Rheinische Post" unter Berufung auf Regierungskreise. Die Zusammenarbeit solle innerhalb der nächsten Monate auf eine neue "formalisierte" Grundlage gestellt werden, hieß es in dem Bericht.
Medienberichten zufolge stellte die NSA über Jahre hinweg Anfragen zu sogenannten Selektoren an BND. Bei diesen Suchwörtern handelte es sich unter anderem um Handynummern oder Internet-IP-Adressen, die dann vom BND zur Überwachung in verschiedenen Weltregionen eingespeist worden seien. Auch Frankreich und die EU sollen dabei ausgespäht worden sein.
Die "Bild"-Zeitung berichtete unter Berufung auf Geheimdienstkreise, die Bundesregierung erwarte noch in dieser, spätestens jedoch Anfang kommender Woche eine Antwort der US-Geheimdienste, ob die Suchwort-Listen dem Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr) des Bundestags übergeben werden dürfen. Dies werde derzeit mit einer verschlüsselten Anfrage an Stabschef McDonough geklärt.
Spionageabwehr wird aktiv
Der "Bild"-Bericht verwies darauf, dass die gemeinsame Fernmeldeaufklärung von NSA und BND im bayerischen Bad Aibling auf Grundlage eines Abkommens (Memorandum of Agreement) vom 28. April 2002 stattfinde. Es sei unter der Verantwortung des damaligen Kanzleramtsministers und heutigen Bundesaußenministers Frank-Walter Steinmeier (SPD) geschlossen worden. Diese Vereinbarung wiederum unterliege den Regeln des Geheimschutzabkommens von 1968 zwischen dem BND und den US-Diensten. Demnach dürfe keine der beiden Seiten als "geheim" klassifiziertes Material im Alleingang ohne Genehmigung des Partners veröffentlichen.
Nach Informationen der Tageszeitung "Die Welt" interessiert sich nun auch die Spionageabwehr für die Affäre. Die Abteilung 4 des Bundesamtes für Verfassungsschutz habe vom Bundesnachrichtendienst die Liste der von der NSA beim BND eingeschleusten Suchbegriffe angefordert, berichtete die Tageszeitung unter Berufung auf Sicherheitskreise. Geprüft werden solle, ob deutsche Bürger, Institutionen und Konzerne im Visier der NSA standen. Die Abteilung 4 des Verfassungsschutzes, der dem Bundesinnenministerium von Thomas de Maizière (CDU) untersteht, ist im Inland für "Spionageabwehr, Geheim-, Sabotage- und Wirtschaftsschutz" zuständig.
stu/gmf (afp, dpa, rtr)