Boykott überschattet Schicksalswahl im Sudan
7. April 2010In fast allen nördlichen Bundesstaaten wolle sie die ersten freien Wahlen seit 1986 boykottieren, kündigte die Sudanesische Volksbefreiungsbewegung (SPLM) am Dienstagabend (06.04.2010) an. Bereits in der vergangenen Woche hatte der aussichtsreichste Kandidat der SPLM, Jassir Arman, seine Kandidatur für die ebenfalls geplante Präsidentenwahl zurückgezogen. Der Wahlboykott wird von der wichtigsten Oppositionspartei im Sudan mit befürchteten Unregelmäßigkeiten und Wahlfälschungen begründet. So wird die SPLM nun nur in zwei der insgesamt 15 Bundesstaaten im Norden des Sudan zur Wahl antreten.
Lediglich zwei Gegenkandidaten
Diesem Beispiel sind inzwischen viele der insgesamt 26 registrierten Parteien gefolgt. Auch sie kündigten an, die Wahlen boykottieren zu wollen und zogen ihre Kandidaten für die Präsidentenwahlen zurück. Damit, so befürchten Beobachter, dürfte der Gewinner der Wahlen bereits vor der Abstimmung feststehen: der bisherige Präsident Omar al-Bashir. Er wird per Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag wegen Kriegsverbrechen in der westsudanesischen Provinz Darfur gesucht. Beim anstehenden Urnengang ab kommenden Sonntag (11.04.2010) wird er voraussichtlich nur gegen zwei weitere Kandidaten antreten.
Nicht nur politische Kontrahenten auch Menschenrechtsorganisationen haben jedoch Zweifel ob faire und freie Wahlen insbesondere in der Krisenregion Darfur möglich sind. So sind etwa 60 Prozent der Bevölkerung dort nicht für die Wahlen registriert – vor allem die Bewohner der Flüchtlingslager werden so vom Urnengang ferngehalten. Beobachter vermuten dahinter das Kalkül von al-Bashir und seiner Nationalen Kongresspartei (NCP). Denn in der Provinz dürfte der Präsident nur wenig Zustimmung und damit Wählerstimmen erhalten.
Einschüchterungen vor der Wahl
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch kritisiert zudem die Einschüchterungsversuche sowohl der Regierungspartei NCP als auch der SPLM im Süden des Landes. "Die Bedingungen im Sudan für faire, freie und glaubwürdige Wahlen sind nicht gegeben", erklärte Afrikadirektorin Georgette Gagnon.
Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen gelten als wichtiger Schritt im Friedensprozess nach dem mehr als 20-jährigen Bürgerkrieg im Sudan. Die Bevölkerung des Südens soll zudem im kommenden Jahr über einen unabhängigen Staat abstimmen.
Autorin: Stephanie Gebert (dpa, epd)
Redaktion: Dirk Bathe