Brände und Rodung bedrohen Amazonas-Regenwald
21. August 2019Die Dimension ist gewaltig: Nach Angaben des brasilianischen Weltrauminstitutes INPE ist die Zahl der Waldbrände in Brasilien um 82 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Demnach wurden von Anfang Januar bis Mitte August diesen Jahres fast 71.500 Feuer im Regenwald registriert. Alberto Setzer, Koordinator des Programms zur Überwachung von Bränden bei INPE weist im Gespräch mit der DW darauf hin, dass allein in den ersten 19 Tagen des Augusts 22.000 Waldbrände festgestellt wurden, der höchste Wert in neun Jahren.
Riesige Rauchwolken ziehen Richtung Süden. In der rund 2700 Kilometer entfernten Metropole São Paulo verdunkelten sie in den vergangenen Tagen der Himmel. Satellitenbilder zeigen, wie die Rauchwolken schon an der Grenze von Brasilien zu Paraguay und Argentinien registriert wurden.
Die INPE-Forscher schlagen Alarm, denn sie sehen einen Zusammenhang zwischen dem massenhaften Ausbrechen von Waldbränden und der Zunahme illegaler Waldrodungen am Amazonas. Waldbrände treten vermehrt in der Trockenzeit auf, Auslöser sind aber vor allem illegale Abholzung und Brandrodung in der Region. "In 99,9% der Fälle ist die Ursache menschliche Aktivität - absichtlich oder nicht", sagt Setzer der DW. "Es ist die Folge bösen Willens, der mit Faulheit und Unwissenheit verbunden ist."
Im Juli war die illegale Abholzung des Amazonas-Regenwaldes fast dreimal so hoch wie im Vergleichsmonat des Vorjahres. Experten erwarten in diesem Jahr einen Anstieg um insgesamt 45 Prozent der illegalen Abholzung im Vergleich zum Vorjahr.
Zum Abbau freigegeben
Brasiliens ultrarechter Präsident Jair Bolsonaro will den Amazonas gegen internationalen Protest zum Rohstoffabbau freigeben und dafür auch Naturschutzgebiete und Reservate der Ureinwohner opfern. Ein Grund für den Kahlschlag: Die weltweite Nachfrage nach Papier wächst ständig. In vielen tropischen Regionen trägt die Papier- und Zellstoffindustrie zur Zerstörung der Wälder durch Umwandlung in Zellstoffplantagen bei.
Der Streit um die Abholzung hat in Brasilien zu einem politischen Skandal geführt. Der INPE-Direktor in São José dos Campos im Bundesstaat São Paulo, Ricardo Galvão, wurde von Bolsonaro Anfang August seines Amtes enthoben. Der Präsident war verärgert, weil Satellitenbilder des INPE belegen, dass allein im Juni mehr als 900 Quadratkilometer Regenwald im Amazonasgebiet abgeholzt wurden - fast 90 Prozent mehr als zur gleichen Zeit 2018.
Bolsonaro äußerte den Verdacht, INPE-Mitarbeiter hätten die Daten manipuliert, um seine Regierung in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen. Galvão hat die Auswertung der Satellitenaufnahmen mehrfach verteidigt. Wegen der Entlassung des INPE-Direktors geriet Bolsonaro international in die Kritik.
Die deutsche Bundesumweltministerin Svenja Schulze hatte vor zwei Wochen angekündigt, Projektgelder in Höhe von rund 35 Millionen Euro aus der internationalen Klimaschutzinitiative ihres Ministeriums vorerst zu stoppen. Die Fortzahlung sei an die Bedingung geknüpft, dass Brasilien die Abholzungen konsequent reduziere, erklärte sie. Kurz darauf stellte auch Norwegen als größter Förderer seine Einzahlungen ein.
lh/kle (epd, kna, dw)