Anschlag auf den Klimaschutz
Am Mittwoch veröffentlichten acht ehemalige Umweltminister Brasiliens einen offenen Brief mit Kritik an der Umweltpolitik der gegenwärtigen Regierung. Das Ansehen und der Platz des Landes auf der internationalen Weltbühne stünden auf dem Spiel: "Die derzeitigen Initiativen (der Regierung) sind genau das Gegenteil von dem, was wir anmahnen. Und damit schaden Sie unserem Image und der internationalen Glaubwürdigkeit unseres Landes."
Derzeit schaut die Welt mit einer Mischung aus Besorgnis und Kopfschütteln auf Brasilien. So hat Umweltminister Ricardo Salles angekündigt, die Mittel für Aktionen gegen den Klimawandel um 95 Prozent zu kürzen. Und das genau zu dem Zeitpunkt, als die Vereinten Nationen ihren erschreckenden Bericht zum globalen Artensterben vorlegten.
Einstiger Global Player in der Umwelt- und Klimapolitik
Noch erstaunlicher als dieses Timing ist aber die Tatsache, dass im Budget des Umweltministeriums sowieso nur knapp zwölf Millionen Real hierfür vorgesehen waren. Während in Europa die Schulkinder für einen besseren Klimaschutz streiken, scheint das Thema in Brasilien kaum jemanden zu interessieren. Zumindest nicht in der Regierung.
Brasilien verspielt damit das Ansehen, das unter den Präsidenten Lula da Silva und Dilma Rousseff auf den globalen Klimakonferenzen aufgebaut wurde. Im Bereich Umwelt- und Klimapolitik war Brasilien ein Global Player. Und verfügte damit über eine Soft-Power, die dem Land Gewicht bei internationalen Verhandlungen einbrachte. Steht das alles nun auf dem Spiel?
Vielleicht hat sich ja Präsident Bolsonaro von seinem Idol Donald Trump nur abgeschaut, wie man gute Deals einfädelt. Vielleicht kann er so den Preis hochtreiben, den die Industrienationen zu zahlen bereit sind zur Rettung der brasilianischen Wälder. Denn eins ist sicher: Ohne Brasilien funktioniert kein wirklich effektives globales Klimaabkommen.
Andererseits ist bei Bolsonaro nicht zu erkennen, welchen Grad an Rationalität seine Politik hat. Glaubt er etwa wirklich an die Verschwörungstheorien, das die Vereinten Nationen zusammen mit Brasiliens Indigenen Amazonien stehlen wollen?
Ein "brasilianisches Cancún"
Und wie sehr lässt sich Bolsonaro in seinen Entscheidungen als Präsident von persönlichen Kränkungen leiten? So gab Bolsonaro am Mittwoch bekannt, den Status des Naturschutzgebietes Estação Ecológica de Tamoios, einer Küstenregion südlich von Rio de Janeiro, ändern zu wollen. Man erinnere sich: Dort war Bolsonaro 2012 beim illegalen Fischen aufgegriffen worden. Der Beamte der staatlichen Umweltbehörde Ibama, der ihm damals eine Strafe aufbrummte, wurde im März vom Dienst suspendiert.
Nun will Bolsonaro die Region um die Küstenstadt Angra dos Reis in ein "brasilianisches Cancún" verwandeln. Das mexikanische Vorbild ist durch seine Hotel-Betonburgen und Vergnügungsmeilen bekannt. Hier betrinken sich Studenten aus den USA beim sogenannten "Spring-Break" bis zur Bewusstlosigkeit.
Handelt es sich bei Bolsonaros neuestem Vorstoß etwa um einen persönlicher Rachefeldzug gegen die Umweltbehörde Ibama und die ungeliebten Umweltschützer? Er dürfte jedenfalls wissen, dass seine politischen Gegner nichts derart schmerzt wie ein Angriff auf die Natur Brasiliens.