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„Dann müsste die Türkei den Europarat verlassen“

19. Juli 2017

Sollte die Türkei die Todesstrafe einführen, dann wären die EU-Beitrittsverhandlungen zu beenden. „Dann sind sie komplett abgebrochen.“ Das sagte Cem Özdemir von Bündnis 90/Die Grünen im DW-Interview.

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DW Interview mit Cem Özdemir
Bild: DW/R. Oberhammer

Özdemir sprach im Rahmen der neu konzipierten Interview-Reihe der DW zur Bundestagswahl mit Chefredakteurin Ines Pohl und Moderator Jaafar Abdul Karim. 

Die Entwicklung in der Türkei beobachtet Özdemir mit Besorgnis. Das Land ist nach seiner Ansicht „kein sicherer Standort für Investitionen, da keine Rechtssicherheit herrscht“. Er ging im DW-Interview auch auf das Besuchsverbot für Bundestagsabgeordnete bei den in der Türkei stationierten deutschen Soldaten ein. „Erdogan verhält sich nicht Nato-konform. Erdogan verhält sich wie ein Schläger in der Kneipe“, sagte Özdemir. Es gebe aber Regeln in der Nato.

DW Interview mit Cem Özdemir
Bild: DW/R. Oberhammer

Für den Fall, dass die Türkei die Todesstrafe einführen sollte, hat Özdemir eine klare Empfehlung: „Die Beitrittsverhandlungen würde ich da lassen, wo sie sind. Sie sind im Kühlregal ganz hinten, so Özdemir. „Und wenn die Türkei die Todesstrafe einführt, wie angekündigt, dann enden sie. Dann sind sie komplett abgebrochen. Und dann müsste die Türkei den Europarat verlassen.“

Für den in Deutschland geborenen Özdemir sind Integration und Einbürgerung von nach Deutschland zugewanderten Menschen selbstverständlich. Umso mehr bedauert er, dass es sehr lange gedauert habe, bis anerkannt wurde, dass Deutschland ein Einwanderungsland sei. 

Özdemir sagte, er sei in Deutschland geboren und fände es „absurd, nicht die Staatsbürgerschaft zu haben“. Doppelte Staatsbürgerschaft sei hingegen „kein Heiligtum“, so der Grünen-Politiker. „Das Ziel ist die Einbürgerung. Es ist besser, wenn Leute hier eingebürgert sind. Es gibt auch andere Länder, die wollen ganz bewusst, dass sich ihre Bürger hier nicht integrieren. Das gilt nicht nur für die Türkei, das gilt auch für Herrn Putin, der natürlich auch ein Interesse daran hat, dass die Deutsch-Russen hier ihre Antennen Richtung Moskau richten.“

„Erdogan will auch in Deutschland die Türkei errichten. Das geht nicht“

DW Interview mit Cem Özdemir
Bild: DW/R. Oberhammer

Özdemir kritisierte Bundeskanzlerin Angela Merkel, eine direkte Bedrohung durch die Türkei in Deutschland nicht entschlossen genug anzugehen. „Während wir reden, wird in einer Moschee nach der anderen in Deutschland der Vorstand ausgewechselt, die integrationswilligen Leute werden abgezogen, die Leute, die gut Deutsch können, die mit ihren christlichen Pfarrern, mit ihren jüdischen Rabbinern, die mit ihren deutschen Nachbarn Austausch pflegen, werden abgesetzt. Ersetzt durch Leute, die ihre Befehle aus Ankara empfangen. Das geht nicht. Da muss man eine klare Ansage machen. Frau Merkel ist mir da zu soft. Erdogan will auch in Deutschland die Türkei errichten. Und da muss ich ganz klar sagen, das geht nicht. Und das kann ich verhindern. Ich kann sagen: kein Geld mehr in Zukunft aus der Türkei für Moscheen hier.“

Zur Frage der Sanktionen gegen Russland wegen der Beteiligung am Krieg in der Ukraine sagte Özdemir: „Wir sehen gerade, dass es eine Eskalation gibt in der östlichen Ukraine. Von daher sehe ich keinen Anlass, die Sanktionen aufzuheben. Im Gegenteil, ich finde, die Sanktionen müssten verschärft werden.“