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So sollen die Bundesliga-Geisterspiele ablaufen

22. April 2020

Schon vor der DFL-Mitgliederversammlung am Donnerstag ist das Konzept der Coronavirus-Task-Force für die Wiederaufnahme der Bundesliga-Saison durchgesickert. Einige Details dürften für reichlich Diskussionsstoff sorgen.

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Fussball, Bundesliga | Borussia Mönchengladbach - 1. FC Köln
Bild: picture-alliance/dpa/RHR-FOTO

Wie groß darf ein Infektionsrisiko mit dem Coronavirus sein, damit es noch medizinisch vertretbar ist? Auf diese Frage dürfte die Diskussion über die Vorschläge der vom Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball Liga (DFL) eingesetzten Task Force "Sportmedizin" hinauslaufen. Das Gremium unter Leitung von Nationalmannschaftsarzt Tim Meyer hat ein Konzept erarbeitet, nach dessen Vorgaben die Vereine wieder ins geregelte Mannschaftstraining zurückkehren und so genannte "Geisterspiele" in Bundesliga, 2. und 3. Liga sowie in der Frauen-Bundesliga ausgetragen werden sollen.

"Es kann nicht das Ziel sein, 'hundertprozentige Sicherheit für alle Beteiligten zu garantieren'. Denn das dürfte sich als unmöglich erweisen", teilt die Task Force in ihrem Bericht mit, der an diesem Donnerstag mit den DFL-Mitgliedern diskutiert werden soll und der im Vorfeld mehreren deutschen Medien zugespielt wurde. Es gehe vielmehr darum, angesichts der großen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedeutung des Fußballs ein "medizinisch vertretbares Risiko" zu gewährleisten - "unter der strikten Prämisse, dass keine Konkurrenz mit der Allgemeinbevölkerung um Ressourcen der COVID-19-Bekämpfung entsteht".

Vage Angaben zur Testhäufigkeit

Fußball DFB-Chefmediziner Tim Meyer
DFB-Teamarzt Tim Meyer war federführend bei der Erarbeitung des KonzeptsBild: picture-alliance/dpa/C. Charisius

Während die Rahmenbedingungen von Geisterspielen und Mannschaftstraining detailliert beschrieben werden, bleiben die Angaben zur Häufigkeit von Corona-Tests der beteiligten Spieler, Trainer und Schiedsrichter eher vage. Mindestens einmal pro Woche solle getestet werden, "in jedem Fall möglichst kurz vor jedem Spiel (also in "Englischen Wochen" mindestens zweimal) mit einem verfügbaren Ergebnis rechtzeitig vor der Anfahrt ins Stadion". Wie lange genau vor dem Anpfiff ein Test ausgeführt werden darf, damit er noch als ausreichend aussagekräftig gilt, wird nicht gesagt. Doch genau das dürfte nötig sein, will man dem selbst formulierten Anspruch gerecht werden, "dass auf dem Spielfeld keine weiteren Maßnahmen notwendig sind und 22 Spieler und vier Schiedsrichter ohne aktuelle Infektion aktiv sind".

Sowohl für das Training als auch für die Geisterspiele soll nach den Vorstellungen der Task Force gelten: so wenig Personen und Nähe wie möglich, so große Distanz wie nötig. Bei Bundesligaspielen sollen sich an Spieltagen in und um das Stadion zusammen maximal 322 Personen aufhalten - jeweils ca. 100 in den drei definierten Zonen Stadion-Innenraum, Tribünen und Stadion-Außengelände. Bei Zweitligaspielen liegt die Gesamtzahl bei maximal 270. In dieser Summe enthalten sind nicht nur Spieler, Betreuer und Schiedsrichter, sondern unter anderem auch Journalisten, Dopingkontrolleure, Ordner, Sanitäter, Feuerwehrleute, Polizisten, Greenkeeper, Balljungen und -mädchen.

Temperaturmessung bei Einlasskontrolle

Bundesliga | Borussia Mönchengladach - 1. FC Köln
Nur wer vorab getestet wurde, darf ins Stadion - und auf den PlatzBild: Reuters/W. Rattay

Die Teams sollen getrennt am Stadion eintreffen, auch nicht zeitgleich zum Spiel einlaufen und auf sonst übliche Rituale wie gemeinsames Aufstellen, Händeschütteln oder Mannschaftsfotos verzichten. Im Stadion sollen mobile Waschbecken aufgestellt werden, an denen sich alle Beteiligten die Hände waschen können. Schutzmasken sind etwa für das medizinische Personal oder auch alle an der TV-Produktion Beteiligten verpflichtend. Die Mixed-Zone, in der sonst nach dem Spiel Einzel-Interviews geführt werden, bleibt geschlossen, Pressekonferenzen werden nur virtuell durchgeführt. Bei der Eingangskontrolle im Stadion wird bei allen der Gesundheitsstatus abgefragt und mit einem Ohr-Thermometer die Körpertemperatur gemessen. Jeder Verein muss einen Hygienebeauftragten vor Ort haben, der darauf achtet, dass alle Hygienevorgaben eingehalten werden.

Die Task Force gibt allen Beteiligten auch Vorgaben für die Hygiene zu Hause. So empfehlen die Experten nach dem Händewaschen mit Wasser und Seife (mindestens 30 Sekunden), zum Abtrocknen Einmal-Papierhandtücher zu benutzten. Im Umfeld der Spiele hätten die Profis eine Vorbildrolle, heißt es in dem Bericht: "Im Stadion wird der Blick der Öffentlichkeit auf den Profi-Fußball, die Teams und Akteure in der aktuellen Situation nochmals größer sein als bisher. Wir bitten dringend um vorbildliches Verhalten bezüglich der Hygiene- und Isolierungsmaßnahmen außerhalb des Spielfeldes." Nach Ansicht der Task Force sollten Profis ungeachtet ihrer Verträge nicht dazu gezwungen werden, während der Corona-Pandemie am Mannschaftstraining und Geisterspielen teilzunehmen. Die Experten befürworten "eine Freiwilligkeit nach entsprechender Aufklärung durch den Mannschaftsarzt".

Keine automatische Information der Presse

Fußball Übertragung
Der Presse kommt bei Geisterspielen eine besondere Rolle zu, sie soll aber nicht alles sofort erfahrenBild: picture-alliance/dpa/R. Weihrauch

Für reichlich Diskussionsstoff dürften vor allem zwei Empfehlungen der Task Force sorgen. "Keine automatische Meldung eines positiven Falles an die Presse, da Krankheitsverifizierung sowie die klare Dokumentation der vermutlichen Übertragungswege im Vordergrund stehen", heißt es in dem Bericht. Das klingt nicht gerade nach einem transparenten Umgang mit der schwierigen Situation der Corona-Pandemie.

Angesichts des engmaschigen medizinischen Kontrollnetzes in den Profiteams sehen die Experten zudem den "Verzicht auf eine Gruppenquarantäne" gerechtfertigt. Sprich: Nicht die gesamte Mannschaft muss bei der Infektion eines Spielers automatisch aus dem Verkehr gezogen werden. Die Task Force empfiehlt in diesem Zusammenhang schlicht, "frühzeitig für einen ausreichend großen Kader im Saisonfinale" zu sorgen.

DW Kommentarbild Stefan Nestler
Stefan Nestler Redakteur und Reporter