Volkswagen stoppt Produktion
17. März 2020Vorstandschef Herbert Diess sagte bei der Präsentation der Jahresbilanz, es zeichne sich ab, dass die Fabriken in Deutschland und Europa für zwei bis drei Wochen pausieren müssen, um die Verbreitung des Coronavirus einzudämmen.
Zuvor hatten bereits andere europäische Hersteller wie FiatChrysler, PSA und Renault Werksschließungen angekündigt.
In den VW-Fabriken hatte es in den vergangenen Tagen erste bestätigte Fälle von Infektionen mit dem Sars-CoV-2-Virus gegeben, das die Lungenkrankheit Covid-19 auslösen kann.
"Zweiklassengesellschaft"
Der Betriebsrat hatte daraufhin eine "Zweiklassengesellschaft" kritisiert. Im Gegensatz zur Büroarbeit, die oft auch aus dem Homeoffice erledigt werden kann, bestehe in der Produktion ein erhöhtes Ansteckungsrisiko. Hier werde oft Schulter an Schulter gearbeitet, die vom Robert-Koch-Institut empfohlenen Mindestabstände könnten nicht eingehalten werden. An den meisten Standorten soll am Freitag (20. März) die letzte Schicht laufen - nach Ansicht des Betriebsrats viel zu spät.
Damit geht für Volkswagen in Europa das weiter, was den Konzern schon seit Anfang des Jahres in China beschäftigt. "Wir sind seit Anfang Januar im Task-Force-Modus", sagte Konzernchef Diess.
Mit der Verbreitung des Coronavirus seit Jahresbeginn war der ohnehin kriselnde chinesische Automarkt eingebrochen, im Februar gingen die Verkäufe dort um 80 Prozent zurück.
Jetzt, wo in Europa und in den USA große Einbußen zu erwarten sind, wird in den meisten chinesischen Werken aber bereits wieder produziert. Auch die Verkäufe ziehen dort wieder an.
Wie groß die finanziellen Einbußen der Virus-Krise für Volkswagen sind, ist laut Finanzvorstand Frank Witter bisher nicht abschätzbar. Im ersten Quartal dürfte sich das operative Ergebnis aber gegenüber dem Vorjahreszeitraum wohl "mindestens halbieren", so Witter.
Mehr Umsatz, mehr Gewinn
Immerhin geht Volkswagen gestärkt in diese schwierige Zeit, denn das zum 31. Dezember 2019 abgelaufene Geschäftsjahr war erfolgreich.
Der Konzern konnte seinen Umsatz um 7,1 Prozent steigern auf 252 Milliarden Euro. Nach Steuern blieb ein Gewinn von gut 14 Milliarden Euro, das waren 15 Prozent mehr als im Vorjahr.
Auch beim Absatz konnte Volkswagen zulegen und erreicht mit fast elf Milliarden verkauften Fahrzeugen eine neue Bestmarke. Die Belegschaft wuchs um knapp zwei Prozent auf 668.000 Mitarbeiter, inklusive der Beschäftigten in den chinesischen Gemeinschaftsunternehmen.
Allerdings fand die Präsentation der Bilanz wegen des Coronavirus ohne Publikum statt; die Präsentation wurde im Internet übertragen, Journalisten konnten per Telefon oder Email fragen stellen.
Besonders stolz war die Konzernleitung darauf, dass Volkswagen in China gegen den Trend leicht zulegen konnte. Während der chinesische Markt insgesamt um 7,5 Prozent eingebrochen war, konnte Volkswagen seine Auslieferungen dort um 0,6 Prozent steigern.
Corona-Fragezeichen
Volkswagen ist auf gute Nachrichten wie diese angewiesen, den für seine Neuausrichtung braucht der Konzern viel Geld. Zum einen sind die Folgen des Abgasbetrugs immer noch nicht überwunden. Außerdem bindet der Umbau der Konzernflotte zu mehr Elektroautos enorme Mittel.
"2020 ist ein sehr schwieriges Jahr", sagte Konzernchef Diess. Er betonte aber, dass Volkswagen in China bereits viel über den Umgang mit der Coronavirus-Krise gelernt habe. Als Beispiel nannte er sanitäre Vorschriften, Telearbeit, reduzierte Dienstreisen und Betriebskantinen, die nur noch Lunchpakete verteilen.
Unternehmensziele für das laufende Jahr will Volkswagen derzeit nicht nennen. "Eine Prognose ist schlichtweg nicht möglich", sagte Finanzchef Witter. "Wir werden darum kämpfen, bestmöglich durch dieses Jahr zu kommen."
Auch hier lasse das Beispiel China hoffen. Wenn die Erholung in Europa nach dem ähnlichen Muster verlaufe wie dort, sei das Jahr vielleicht noch zu retten, so Witter. "Wir werden darum kämpfen, bestmöglich durch dieses Jahr zu kommen."