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Alles nur Theater?

Gwendolin Hilse
19. Juni 2017

Langzeitherrscher bleiben an der Macht, Afrikas Demokratien stecken vielerorts in der Krise. Afrikanische Künstler haben auf dem diesjährigen Africologne-Festival darüber diskutiert, was sie dagegen tun können.

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Schauspieler auf der Bühne
Im Mittelpunkt des Africologne-Festivals steht afrikanisches Theater. Bild: Sophie Garcia|hanslucas.com

Afrikas Demokratien müssen entkolonialisiert werden. Was in Europa bedingt funktioniert, kann nicht unreflektiert auf den afrikanischen Kontext übertragen werden. Das war der Tenor der Podiumsdiskussion "Demokratien in Afrika – alles nur Theater?", die während des diesjährigen Africologne-Festivals in Köln stattfand. Zu Gast waren Intellektuelle, Autoren, Kunstschaffende und Musiker aus Burkina Faso, Gambia, Senegal, der Demokratischen Republik Kongo, Burundi und Simbabwe. Einen Tag lang suchten sie den Dialog mit dem Publikum. Das Africologne-Festival findet alle zwei Jahre in Köln statt. Im Mittelpunkt stehen dabei afrikanische Produktionen aus den Bereichen Theater, Tanz und Performance.

"Mangel an intellektueller Autonomie"

Demokratische Systeme in Afrika seien zum Scheitern verurteilt, weil sie schlechte Kopien von westlichen Systemen sind – in diesem Punkt waren sich alle Anwesenden einig. "Die Idee an sich ist gut, aber wir müssen sehen, wie es in den sozialen und historischen Kontext der Gesellschaft passt, in der wir es errichten wollen", erklärt Felwine Saar im DW-Gespräch. Er ist Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Gaston Berger Universität in Saint-Louis, Senegal. Nach der Unabhängigkeit habe man im Bildungsbereich oder in der Wirtschaft einfach westliche Systeme übernommen, sagt er: "Das ist nicht nur ein Mangel an Kreativität, sondern auch ein Mangel an intellektueller Autonomie. Wir müssen unsere eigenen Institutionen entwickeln." In seinem viel diskutiertem Aufsatz "Afrotopia" greift er diese Ideen auf und entwirft ein Afrika der Zukunft. Es ist ein emanzipiertes Afrika, fern ab von westlicher Fremdbestimmung.

Professor Felwine Sarr im DW-Interview
Felwine Saar will, dass Afrika eigene Demokratie-Konzepte entwickeltBild: DW/G. Hilse

Doch Sarr hat es aufgegeben, mit Politikern darüber zu diskutieren. Sie seien gut informiert, aber nicht an einem Wandel interessiert. Wichtig sei es hingegen, die Zivilgesellschaft zu stärken. "Wenn die Gesellschaft gut informiert ist, dann könne Sie auch Druck auf die Politiker ausüben, damit diese ihren Job richtig machen."

Satire als demokratische Waffe

In vielen afrikanischen Ländern gibt es Demokratie und Meinungsfreiheit - auf dem Papier. Die Realität ist aber oft eine andere. "Wir haben einen Witz in Simbabwe: Es gibt zwar eine freie Meinungsäußerung, aber keine Freiheit mehr nach dieser Äußerung", sagt Sam Farai Monro vom Satire-Trio Zambezi News. Mit einer fiktiven Nachrichtensendung parodiert die Gruppe die propagandistische Berichterstattung der Staatsmedien. Damit soll die Bevölkerung zum Nachdenken angeregt werden. Die Sketche werden über soziale Netzwerke und per DVD verbreitet. Für das simbabwischen Fernsehen sind sie zu kritisch. Längst beschuldigt die Staatssicherheit Zambezi News, eine Kampagne gegen die Regierung des autokratischen Langzeitherrschers Robert Mugabe zu verfolgen.

Auch Freddy Sabimbona will mit seiner Kunst zum Dialog aufrufen. Er ist Gründer der Theatergruppe "Troupe Lampyre". Seit 2003 organisiert er das Theaterfestival "Buja sans taboo" in Burundis Hauptstadt. Dort bietet er Künstlern und Zuschauern eine Plattform, in dem sonst von Zensur bestimmten Burundi offen über Politik, Religion und Sexualität zu sprechen. "Das ist das Wundervolle am Theater, dass man offen Dinge ansprechen kann, ohne sie zu direkt zu sagen und damit eine Debatte anstößt." Die Menschen nehmen diese Möglichkeit dankend an, vor allem in Zeiten der politischen Instabilität, so Sabimbona.

Köln Africologne Dialogforum
Intellektuelle und Künstler aus Afrika diskutierten mit dem PublikumBild: DW/G. Hilse

"Auch ich habe meine Form des Widerstands in der Kunst, dem Theater, gefunden", sagt Odile Sankara aus Burkina Faso. "Für mich ist es eine Form des Widerstands, die Figuren aus den von mir ausgewählten Texten zu spielen", sagt sie der DW. Die jüngere Schwester des früheren Machthabers Thomas Sankara ist die Schirmherrin des diesjährigen Festivals. Neben ihr war noch eine anderer wichtiger Akteur der Zivilgesellschaft aus Burkina Faso anwesend: Serge Bambara. Der Hip-Hop Musiker ist unter seinem Künstlernamen Smockey bekannt. Er war eine der führenden Kräfte der Bürgerbewegung "Balai Citoyen", die 2014 Präsident Blaise Compaoré stürzte. Smockey ist ein Vorbild für viele Jugendliche in dem westafrikanischen Land. „Deshalb bin ich mir auch bewusst, was meine Aufgabe ist: Ich muss Druck auf die Politiker ausüben, damit sie ihren Job richtig machen." Ziel sei es, die junge Generation als Führer von morgen auszubilden. "Der Kampf kennt keine Grenzen. Man kann jeden Sieg erreichen, wenn man nur daran glaubt", sagt Bambara.