Deutsche Einheit: Appelle an den Gemeinsinn in Krisenzeiten
3. Oktober 2023Nicht Populismus und Polarisierung, sondern Gemeinsinn und Kooperation seien in Krisenzeiten das Gebot der Stunde, sagte Peter Tschentscher beim zentralen Festakt zu den Einheitsfeiern in der Hamburger Elbphilharmonie. "Dafür tragen wir alle Verantwortung. Jeder und jede Einzelne sollte sich fragen, ob sie oder er dazu einen Beitrag leisten kann", fügte der SPD-Politiker hinzu.
Nur ein starkes demokratisches Deutschland könne Verantwortung übernehmen für ein starkes Europa, das sich für Frieden, Demokratie und Menschenrechte einsetze, sagte der Bundesratspräsident. Mit Blick auf die Wiedervereinigung vor 33 Jahren betonte Tschentscher: "Auch wenn das Zusammenwachsen in mancher Hinsicht noch andauert, ist die Wiedervereinigung von Ost und West und die damit verbundene Aufbauarbeit bereits in einer historischen Dimension geglückt."
Grundgesetz: "Leuchtturm der Freiheit und Demokratie"
Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, sagte in seiner Festrede: "Die Demokratie lebt auf Dauer nur, wenn wir alle miteinander im Gespräch bleiben." Harbarth mahnte darüber hinaus, "diskursfähig und diskursbereit zu bleiben. Niemand komme ohne Kompromisse aus. "Wir sind auch heute kein gespaltenes Land, aber wir sind auseinandergerückt", sagte der Jurist und sprach von einem "Klimawandel auch im Inneren unserer Gesellschaft".
Harbarth würdigte das Grundgesetz als "Leuchtturm der Freiheit und Demokratie". Doch auch die beste Verfassung sei nur so gut wie das, was Menschen aus ihr machen. In Deutschland sei vieles gut, einiges exzellent, "aber manches kann und muss verbessert werden, um auch in Zukunft zu bestehen". Er mahnte an, den Staat mit seinen Institutionen und Regularien einfacher und effizienter zu gestalten. Zudem bleibe der freiheitliche Staat auf privates Engagement angewiesen. Er solle angesichts der epochalen Veränderungen den Menschen etwas zutrauen. "Und der Mensch sich selbst auch", sagte der Präsident des höchsten deutschen Gerichts in der Elbphilharmonie.
Hamburg hat aktuell den Vorsitz im Bundesrat inne und richtet daher in diesem Jahr die Feierlichkeiten zum 3. Oktober aus. Das protokollarische Highlight ist der Festakt in der Elbphilharmonie mit der gesamten Staatsspitze, den Regierungschefs der Bundesländer und rund 1300 geladenen Gästen.
Die Hamburger feiern die Einheit bereits seit Montag mit einem großen zweitägigen Bürgerfest unter dem Motto "Horizonte öffnen". Rund um Rathaus und Binnenalster kamen dazu nach Angaben des Sprechers des Bürgerfestes mehr als 300.000 Besucherinnen und Besucher zusammen. Bei der "Nacht der Einheit" konnten sie bis zu später Stunde an vielen Orten der Innenstadt Live-Musik, Tanzaufführungen und Ausstellungen verfolgen. Am Dienstag trübte das Wetter mit viel Wind und Regenschauern die Feierlaune etwas ein.
Mit dem Tag der Deutschen Einheit wird die Wiedervereinigung der mehr als 40 Jahre lang getrennten beiden deutschen Staaten gefeiert. Diese wurde am 3. Oktober 1990 mit dem Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 23 vollzogen. Ausrichter der Feiern ist jeweils das Bundesland, das den Vorsitz im Bundesrat hat - diesmal Hamburg, im kommenden Jahr Mecklenburg-Vorpommern.
qu/sti (dpa, epd)