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Automobilclub ADAC in der Kritik

Christian Ignatzi15. Januar 2014

Der ADAC steht unter Beschuss. Laut Medienberichten hat er Umfragen seiner Mitglieder gefälscht. Der weltweit zweitgrößte Automobilclub dementiert und kämpft um Vertrauen. Welche Macht hat der Club tatsächlich?

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ADAC-Zentrale in München
Bild: picture-alliance/dpa

Knapp 19 Millionen Mitglieder machen den Allgemeinen Deutschen Automobilclub (ADAC) mit Zentrale in München zum zweitgrößten Autoclub der Welt. Nur der amerikanische Automobilclub AAA ist mit etwa 45 Millionen Mitgliedern größer. Der Verband gibt Ratschläge, bietet Verbrauchertipps und Service zu allen Themen der Mobilität und bestimmt damit die politische Agenda in Deutschland mit. Doch nicht nur das. Dank seiner Tochtergesellschaften mischt der ADAC auch in Sparten wie Tourismus, Rettung und Versicherungen mit.

Trotz der enormen Präsenz stand der Verein selten in der Kritik. Doch jetzt schreibt die "Süddeutsche Zeitung", der Club habe die Abstimmungszahlen für seinen jährlich verliehenen Preis für das "Lieblingsauto der Deutschen" nach oben korrigiert. Für das Siegerauto stimmten nach SZ-Angaben nur knapp 3400 Mitglieder ab statt der angegebenen rund 34.000. "Offenbar war die Realität zu klein für den mächtigen ADAC", mutmaßt die Zeitung.

Die Preisverleihung, die am Donnerstag (16.01.2014) stattfindet, sei für den Verband wichtig: "Das ist ganz klare Lobbypolitik", sagt Ferdinand Dudenhöffer, Professor für Automobilwirtschaft an der Universität Duisburg. Mit seinen vielen Mitgliedern im Rücken sei der Verein die größte Stimme der deutschen Autofahrer und einer der größten Lobbyisten.

Deutschland Auto Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer (Foto: imago)
Ferdinand Dudenhöffer: "Klare Lobbypolitik"Bild: Imago

Lobbyarbeit für die eigenen Interessen?

Die Behauptungen der Zeitung zur Preisverleihung seien gelogen, verteidigt sich der ADAC, gibt aber keine detaillierten Zahlen preis. "Dass sie sich bedeckt halten, ist ungewöhnlich und deutet darauf hin, dass die Recherchen der Wahrheit entsprechen könnten", sagt Ferdinand Dudenhöffer. Er glaubt, dass die kritische Berichterstattung am Image des ADAC kratzen könnte: "So etwas sorgt für Unglaubwürdigkeit, und das kann negative Auswirkungen haben."

Auswirkungen auch auf die verkehrspolitische Macht, die der Verein zweifelsohne hat, wie der Wissenschaftler sagt. Der ADAC selbst beteuert, seinen Einfluss nicht zu missbrauchen. Pressesprecher Christian Garrels: "Wir sehen uns als Sprachrohr unserer Mitglieder und treten für deren vielfältige Interessen ein." Dazu nutzt der ADAC auch seine Hauszeitschrift "Motorwelt", die jeden Monat etwa 16 Millionen Deutsche erreicht und damit sogar die großen deutschen Wochenzeitungen "Spiegel" und "Stern" zusammengenommen weit hinter sich lässt.

Dudenhöffer dagegen beklagt, der Verein schiebe die hohe Mitgliederzahl vor, um Lobbyarbeit für seine eigenen Interessen zu machen. "18,9 der 19 Millionen Mitglieder sind doch nur im Verein, weil sie von der Pannenhilfe profitieren wollen, die mit dem Mitgliedsbeitrag abgedeckt ist", glaubt er.

ADAC Winterdienst (Foto: dpa)
So ist der Club den meisten Deutschen bekannt: Als Helfer auf der Straße.Bild: picture-alliance/dpa

Was zählt die Mitglieder-Meinung?

Laut einer Dimap-Umfrage sind die Mitglieder oft anderer Meinung als die Vereinsführung. Etwa, wenn es um die Null-Promille-Grenze geht: 78 Prozent der Mitglieder seien dafür, der ADAC lehne sie trotzdem ab. Christian Schaaf glaubt der Umfrage nicht. Der Diplomverwaltungswirt arbeitet als Ermittlungsleiter an der Aufdeckung von Wirtschaftskriminalität und nimmt den ADAC in Schutz: "In Umfragen dreht sich's jeder hin wie er es gerne hat." Stattdessen bescheinigt er dem ADAC, einer der "sehr, sehr seriösen Verbände" in Deutschland zu sein. "Ich habe den Verein auch kritisch verfolgt und bin der Meinung, dass ihre Statements in der Öffentlichkeit oft gut und richtig sind."

Und wie ist es mit dem Einfluss des Großvereins? "Sie sind ein mächtiger Verband, weil sie mächtige Leistungen bieten", so Schaaf. Der Verein selbst gibt sich bescheiden: "Ob wir Macht haben in Deutschland, will ich nicht beurteilen. Das kann ich auch gar nicht", sagt Sprecher Christian Garrels. Zumindest ist der Automobilclub mittlerweile auch ein großes Wirtschaftsunternehmen.

Vom Motorradverein zum Wirtschaftsunternehmen

Angefangen hatte alles vor 110 Jahren, als in Stuttgart die Deutsche Motorradfahrer-Vereinigung gegründet wurde, die 1911 in "ADAC" umbenannt wurde. "In den vergangenen Jahrzehnten haben wir den Verein ganz bewusst erweitert und Sparten aufgenommen, die viele Themenspektren der Mobilität abdecken", erzählt Garrels. Heute besteht der ADAC aus dem Hauptverein und 40 Tochtergesellschaften, die zumeist als GmbH geführt werden. Im vergangenen Geschäftsjahr machten diese Unternehmen eine Milliarde Euro Umsatz und 60 bis 70 Millionen Euro Gewinn. "Während der Verein sich für seine Mitglieder einsetzt, wollen die GmbHs natürlich auch wirtschaftlich erfolgreich sein", räumt Garrels ein.

Luftrettung ADAC (Foto: ADAC)
Auch die Luftrettung ist Teil der ADAC-UnfallhilfeBild: VFRservices/ADAC

Ein Spagat, der auch zu Interessenkonflikten führen kann. Etwa dann, wenn der ADAC den Pannendienst für Firmen übernimmt, eine Praxis, die laut Professor Dudenhöffer "absurd" sei. Der Verein lässt sich von einigen Autoherstellern für Pannendienstleistungen bezahlen. Gleichzeitig bewertet er deren Autos. "Das darf nicht sein", sagt Dudenhöffer. Ein anderes Beispiel ist die Praxis des Vereins, Rabatte bei Großtankstellen auszuhandeln. Einige der Tankstellen hatte der ADAC zuvor noch kritisiert. Dadurch verliere der Verein Vertrauen. Und das brauche er, wenn er mit 19 Millionen Menschen im Rücken Lobbyarbeit betreiben wolle, betont Professor Dudenhöffer. Er ist sich sicher, dass der ADAC versuchen wird, es nicht zu verspielen: "Das Vertrauen ist ihr höchstes Gut."