1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Desertec Wüstenstrom

21. November 2011

Strom aus Nordafrikas Wüsten soll zukünftig Europas Stromversorgung klimafreundlicher machen, so die Idee der Industrieinitiative Desertec. Eine schöne Vision. Nur, wer finanziert das Ganze?

https://p.dw.com/p/13CIA
Parabolspiegel im Hybrid Kraftwerk in Kuraymat, Ägypten (Solarthermie und Gas), Foto: Insa Wrede (DW-World.de)
Solarthermische Kraftwerke sollen in nordafrikanischen Wüsten gebaut werdenBild: DW

400 Milliarden Euro - das ist eine Summe, die sich ergibt, wenn jeder Deutsche 4.938 Euro hergäbe. 400 Milliarden Euro - mit dieser Summe haftet Deutschland für die europäischen Schuldenstaaten. Und 400 Milliarden Euro - entsprechen dem Wert des norwegischen Pensionsfonds, der hauptsächlich aus sprudelnden Ölquellen gespeist wird. Soviel Geld soll in den kommenden Jahren investiert werden, um mit Solarstrom aus Nordafrikas Wüsten den Strombedarf der Region und 15 Prozent des in Europa benötigten Stroms im Jahr 2050 zu decken.

Kosten von Wüstenstrom noch zu hoch

Ernst Rauch, Vice-Chairman der Munic Re, Foto: Munic Re
Ernst Rauch: Subventionierung konventioneller Energie muss aufhörenBild: Munic Re

Zwar ist Desertec nicht ein einziges, riesiges Projekt, für das alles Geld aufgebracht werden muss. Vielmehr setzt sich die Idee aus vielen einzelnen, miteinander vernetzten Kraftwerken zusammen, die separat finanziert werden. Trotzdem bleibt die Frage: Woher kommt das Geld? Zur Zeit gibt es vor allem noch Hindernisse, die überwunden werden müssen, wie Ernst Rauch von der Münchner Rückversicherung, Gründungsmitglied bei Desertec, erklärt: "Wir haben in Nordafrika ein Subventionsregime, das alles andere als hilfreich ist, um diese neue Technologie 'Erneuerbare Energien' schneller in den Markt zu bringen." Der Endverbraucherpreis in der nordafrikanischen Region entspräche nicht dem Produktionspreis. "Das heißt, es findet jetzt eine Subvention der fossilen, der konventionellen Energie statt. Und die Politik muss entscheiden, ob sie das auf Dauer fortführen will", so Rauch.

Parabolspiegel im Hybrid Kraftwerk in Kuraymat, Ägypten (Solarthermie und Gas), Foto: Insa Wrede (DW-World.de)
Die Hoffnung: Die Kosten für Solarthermie sinken, wenn in größerem Stil Kraftwerke gebaut werdenBild: DW

Damit ist Solarstrom im Vergleich zu Energie aus fossilen Quellen relativ teuer. Hinzu kommt, dass es noch nicht allzu viele solarthermische Kraftwerke weltweit gibt und daher die Kosten noch relativ hoch sind. "Man muss - wie in jeder Technologie - sozusagen verschiedenen Technologien ihre Chance geben durch ihre Lernkurven zu laufen," meint Robert Pitz Paal vom deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrtforschung. Das haben Fotovoltaik und die Windenergie sehr erfolgreich vorgeführt. "Wir sind der Meinung, dass das bei der Solarthermie genau so gelingt," so Pitz-Paal. Da gäbe es auch schon erste Kostensenkungen, aber es sei noch ein ordentlicher Weg vor uns. Auf der anderen Seite handele es sich aber um eine relativ junge Technologie, bei der es sicherlich noch viel Spielraum gäbe.

Staatliche Stellen müssen anschieben

Paul van Son, Geschäftsführer der deutschen Industrie-Initiative Desertec (Dii); Foto: Dii
Paul von Son: Am Anfang müssen Regierungen das Projekt mit anschiebenBild: Dii

Die Subventionierung fossiler Energien und der noch sehr hohe Preis für Solarthermie - das sind alles Gründe, warum es sich für private Unternehmen noch nicht rechnet, in Wüstenstrom zu investieren, sagt auch Paul van Son, Geschäftsführer der Dersertec Industrieinitiative. "Daher ist es wichtig, dass die Regierungen solche Projekte unterstützen." Diese Unterstützung könne am Anfang nur aus Europa kommen, später auch aus anderen Ländern. In Europa nähme Deutschland ganz deutlich beim Bau erster Projekte die Führung ein. "Aber wir hoffen und sehen, dass auch andere Länder mitziehen und wir erfahren auch Unterstützung von der Europäischen Kommission," sagt van Son.

Später müssen private Investoren einspringen

http://www.flickr.com/photos/danishwindindustryassociation/4271359332/ Lizenz: http://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/deed.de +++CC/ danishwindindustryassociation+++ 17.September 2008 , geladen am 21.03.2011 Zafarana Wind Power
Unabhängig von Desertec hat die KfW in Ägypten schon Windenergie mit finanziertBild: danishwindindustryassociation

Vorerst sollen einzelne Referenzprojekte entstehen, die zeigen: Man kann in der Wüste klimafreundlich Strom produzieren, man kann den Strom nach Europa exportieren und die Kosten werden im Laufe der Jahre sinken. Mit anderen Worten: Die Investition lohnt sich. Ein erster Schritt soll 2012 mit dem Bau eines solarthermischen Kraftwerks in Marokko gemacht werden. An der Finanzierung sind unter anderem Entwicklungsbanken wie die deutsche KfW Entwicklungsbank, die Weltbank und die französische Agence de Devolopment beteiligt.

Solche Finanzierungen können aber nur einen ersten Anstoß geben, sagt Wolf Muth von der KfW. "Es wird noch einige Zeit brauchen, bis die Rahmenbedingungen in den nordafrikanischen Staaten so sind, dass auch kommerzielle Mittel zur Finanzierung von erneuerbaren Energien in substantiellem Umfang zur Verfügung stehen." Daher müssten auf absehbare Zeit die internationalen Entwicklungsbanken solche Projekte unterstützen.

Potentielle private Geldgeber sind da

Henner Gladen, Berater von Solar Millenium, Foto: Solar Millenium
Henner Gladen: Wenn es sich rechnet ist genügend Kapital vorhandenBild: Solar Millenium

Die Hoffnung der Industrieinitiative ist, dass sich die Preise für Strom aus Solarthermie in Zukunft nicht mehr so stark von denen für Strom aus fossilen Quellen unterscheiden. In dem Fall gäbe es nämlich genug potentielle private Geldgeber, meint Henner Gladen von Solar Millenium. "Es gibt in allen Ländern dieser Welt große Pensionskassen, große Infrastrukturfonds, die sich selbst zum Teil sehr harte Nachhaltigkeitskriterien für ihre Projektfinanzierungen auferlegt haben. Und diese Institutionen haben sehr viel mehr Geld, als es Projekte gibt, die diesen Kriterien entsprechen."

Caio Koch-Weser von der Deutschen Bank bestätigt: "Viele Kunden fragen danach, ich werde auch in China und Brasilien und in anderen Teilen der Welt darauf angesprochen." Auch bei den Mitgliedern der Desertec Industrieinitiative, von denen ebenfalls viele Kunden der Deutschen Bank seien, sei das Interesse und die Bereitschaft mitzumachen groß, so Koch-Weser.

Die Münchner Rück, als die weltweit größte Rückversicherung, die als eine der ersten die Gefahr eines Klimawandels heraufziehen sah, kann sich ebenfalls eigene Investitionen vorstellen. "Die Münchner Rück hat ein Investmentportfolio derzeit von etwa 2,5 Milliarden Euro für Investitionen in Erneuerbare Energien-Projekte," erklärt Ernst Rauch. "Davon sind 500 Millionen bisher ausgeschöpft und wir sind auf der Suche auch nach weiteren Anlegemöglichkeiten".

Autorin: Insa Wrede
Redaktion: Rolf Wenkel