Die Türkei zofft sich mit dem "Spiegel"
15. September 2016"Verzerrt", "voreingenommen" und "hochgradig provokativ" – die Wortwahl im türkischen Außenministerium belegt eine neue Erregungsstufe. Deren Auslöser ist ein Sonderheft des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" mit dem Titel "Brennpunkt Türkei" und dem Untertitel "Ein Land verliert die Freiheit".
Vor allem die Titelseite kommt in Ankara nicht gut an. Es zeigt das Konterfei des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan. Darunter ist eine Moschee abgebildet, zwei der Minarette verwandeln sich in Raketen.
Das Sonderheft sei "ein klares Beispiel für eine anti-türkische Herangehensweise", beschwert sich das Außenministerium in Ankara, das zugleich Versuche verurteilte, Erdogan zu "beschmutzen". Die "bösartigen" Versuche, das Image der Türkei zu beschädigen, müssten aufhören. Zudem hinterlasse das Cover nicht nur ein negatives Bild der Türkei, sondern des gesamten Islam.
Es ist nicht das erste Mal, dass sich Ankara über die Berichterstattung deutscher Medien beschwert.
Erst ein Interview, dann ein Eklat
Erst vor einer Woche hatte die Beschlagnahmung eines Interviews der Deutschen Welle mit dem türkischen Sportminister für einiges Aufsehen und anschließend für diplomatische Verstimmungen gesorgt. Der deutsche Botschafter Martin Erdmann wurde deswegen bei der türkischen Regierung vorstellig. Im März hatte "Der Spiegel" den türkischen Behörden Verstöße gegen die Pressefreiheit vorgeworfen und seinen Korrespondenten Hasnain Kazim abgezogen.
Und auch die aktuelle Kritik weist das Nachrichtenmagazin zurück. "Unsere Türkei-Berichterstattung ist gewissenhaft und genau", sagt Chefredakteur Klaus Brinkbäumer. "Wie viele Journalisten hat die Türkei verhaften lassen? Das Verständnis, das die türkische Regierung von Pressefreiheit hat, machen wir uns gewiss nicht zu eigen."
rb/kle (afp, dpa, dw)