Nachtschärmerei
18. Februar 2009Um kurz vor elf machen sich die ersten Nachtgestalten auf den Weg ins Bairro Alto, einen labyrinth-artigen Stadtteil mit Kopfsteinpflaster. In den Bars sitzen schon einige Leute, es ist noch nicht so voll. In der “Portas Largas“, der angesagten Schwulen-Kneipe, gibt es Live-Musik.
Um kurz vor Mitternacht nähere ich mich in einer Seitenstraße der “Maria Caxuxa“. Die Bars haben alle geöffnet, aber vor dieser Bar stehen eindeutig die meisten Leute. Ich muss mich durchdrängeln.
Von der Konditorei zur Bar
Verwinkelte Räume, an den Wänden alte, typisch portugiesische Kacheln, auch Marmor. Eine alte Teig-Rührmaschine steht hier, eine alte Waage. Alte Ledersofas wie aus Omas Zeiten, Plakate aus den 40er- und 50er-Jahren.
An einen Türrahmen gelehnt steht Paulo Reis, der Betreiber dieser Bar. Er begrüßt Bekannte, umarmt Freunde und erzählt mir ein wenig über “seine“ “Maria Caxuxa“. Das Gebäude sei seit 1947 eine Kuchen-Fabrik gewesen, sagt er. Bis er und sein Geschäftspartner João vor dreieinhalb Jahren die Bar eröffnet haben. “Wir haben versucht, so viel wie möglich von der Substanz zu erhalten. Wir wollten eine Bar im Geiste des Viertels, ein bisschen die Fortsetzung dieser Straße“, erklärt er. Das sei auch im Sinne des Namens “Maria Caxuxa“ - was “etwas Altes, aus Oma‘s Zeiten“ bedeute.
Ein Ort der Wärme
Ich dränge mich wieder durch die bunt gemischte Menge. Hinten, in der ehemaligen Backstube, ergattere ich einen Platz auf einem gemütlichen Ledersessel. Schnell komme ich mit Joana ins Gespräch. Schließlich sitzen wir beide in unserem Lieblingsclub. “Ich mag dieses Ambiente, die Leute, die Musik, und ich mag den Umgang hier“, sagt sie. Viele Künstler und Schauspieler kämen her. “Es ist eine der wenigen Bars, wo ich eine menschliche Wärme spüre. Die Leute kennen sich, kommen hierher und wissen: Hier werden sie ihre Freunde treffen.“
Freunde treffen oder neue Freunde finden - alles sehr einfach hier. Ricardo gefällt die Vielfalt und Multikulturalität im Bairro. “Und dann ist es ein Nachtleben ohnegleichen in Portugal, es ist ein Nachtleben auf der Straße. Wir sind in einer Bar, gehen in eine andere, nehmen unser Getränk mit, aber wir sind ständig draußen. Das macht den Unterschied für mich aus“, erklärt er.
Sperrstunde im Bairro
Bald ist er auch wieder draußen auf der Straße. Seit kurzem gibt es eine Sperrstunde im Bairro: Um zwei Uhr nachts müssen alle Kneipen, Bars und Clubs schließen. Gegen halb drei mache ich mich auch auf den Weg nach draußen.
Alle stehen dicht gedrängt, keiner will gehen. Die meisten werden sich irgendwann auf den Weg Richtung des Flusses Tejo aufmachen. Dort haben die Bars länger geöffnet. Ich mache mich langsam auf den Weg nach Hause, ein halbvolles Glas in der Hand - wie alle anderen. Das Straßenfest begleitet mich.
Adresse: Maria Caxuxa in Lissabon
Morada: R. da Barroca, 6-12,
19h-2h, encerra ao domingo
Freguesia: Santa Catarina
Zona: Bairro Alto
Tel: 96 503 9094