Handelserleichterung
9. Januar 2009"Ein zerstückeltes Afrika ist ein nutzloses Afrika", sagt Patrick Bitature von der ugandischen Investment-Behörde. Ugandas Präsident Yoweri Museveni äußert sich ähnlich: Die größte Schwäche Afrikas sei die politische und wirtschaftliche Uneinigkeit.
In der Tat: Auf dem Kontinent mit seinen 53 Staaten gibt es rund 30 verschiedene regionale Handelsabkommen. Im Durchschnitt gehört jede Nation vier verschiedenen Wirtschaftsbunden an. Der größte regionale Wirtschaftsverbund ist der Gemeinsame Markt für das östliche und südliche Afrika (Common Market for Eastern and Southern Africa: COMESA). 19 Länder von Libyen im Norden bis Simbabwe im Süden sind Mitglied dieser Organisation. Aus geografischen Gründen sind die meisten Mitgliedsländer für ihren Außenhandel aufeinander angewiesen.
Neue Märkte
Seit dem 8. Dezember vereinfacht nun eine Zollunion den Handel zwischen den Mitgliedsländern. "Gerade afrikanische Länder, die oft sehr kleine Binnenmärkte haben, können mit solchen Zollunionen große Wohlfahrtseffekte erzielen", sagt Christian von Soest vom GIGA-Institut für Afrika-Studien in Hamburg. So könnten beispielsweise Tee- oder Kaffeeproduzenten - ohne von Zollgrenzen beeinträchtigt zu werden - in andere Märkte exportieren.
Angst vor mächtigen Nachbarn
Der nächste Schritt wäre dann eine Freihandelszone, die 26 Staaten umfassen soll. Im Oktober beschlossen COMESA, die Ostafrikanische Gemeinschaft (East African Community, EAC) und die Südafrikanische Entwicklungsgemeinschaft (Southern African Development Community, SADC), sich gegenseitig den Zugang zu ihren Märkten zu erleichtern. 2009 wollen sie sich auf einen Zeitplan für die Freihandelszone einigen. Zusammen kommen die beteiligten Staaten auf ein geschätztes Bruttoinlandsprodukt von 624 Milliarden US-Dollar.
"Größere Märkte sind ein strategisches Instrument, um die Menschen von Armut zu befreien", sagte Ugandas Präsident Museveni optimistisch nach dem Treffen der drei Gemeinschaften im Oktober.
Von Soest dagegen hat auch Vorbehalte: "Wir haben ein sehr großes Problem mit dem Ungleichgewicht der verschiedenen Ländern", sagt der Politologe. So hätten viele Länder Angst, dass sich zum Beispiel große Supermarktketten aus Südafrika schnell ausbreiten könnten, während die nationalen Wirtschaftszweige nicht im gleichen Maß von der Freihandelszone profitieren könnten. Hauptsächlich werde es bei der Freihandelszone aber um den Handel mit Rohstoffen gehen, erklärt von Soest.
Erst regionale Lösungen suchen
Während Gaddafi am liebsten sofort einen gemeinsamen Markt für ganz Afrika sehen würde, glaubt von Soest, dass der richtige Weg über die regionalen Wirtschaftsgemeinschaften gehen muss. Nach und nach können dann größere Einheiten entstehen. "Bevor die Zollunionen und Freihandelszonen auf regionaler Ebene nicht funktionieren, ist es unrealistisch, den großen Plan zu verfolgen."
Auch wenn sich die regionalen Organisationen in vielen Dingen die Europäische Union zum Vorbild nehmen, sind die Voraussetzungen für eine Wirtschaftsgemeinschaft in Europa und Afrika extrem unterschiedlich. Die Staaten in Europa sind sehr viel homogener und in Afrika fehlt bisher außerdem der Verwaltungsapparat, um einen wirtschaftlichen Zusammenschluss von mehr als 50 Staaten zu koordinieren. So bleiben also für die nächsten Jahre weiterhin regionale Staatenbunde wie SADC, COMESA und EAC in Ost- und Südafrika und ECOWAS (Economic Community Of West African States) in Westafrika sowie die vielen anderen kleineren Organisationen. Bis zu einer effektiven gesamtafrikanischen Wirtschaftsunion ist es noch ein weiter Weg.