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Gasvorkommen vor Zypern

Jannis Papadimitriou10. November 2014

Griechenland, Zypern und Ägypten wollen stärker in Energie- und Wirtschaftsfragen kooperieren. Dabei geht es vor allem um mutmaßliche Erdgasvorkommen vor der Küste Zyperns. Aus Athen berichtet Jannis Papadimitriou.

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Ägypten Zypern Griechenland Energietreffen in Kairo - Fattah al-Sissi Samarans, Anastasiadis (Foto: EPA/KHALED ELFIQI +++(c) dpa)
Ägypten, Zypern, Griechenland: Energietreffen in Kairo - Fattah al-Sissi (M) Samarans (R) und Anastasiadis (L)Bild: picture-alliance/dpa

Auf einem Gipfeltreffen in Kairo erklärten die Präsidenten Ägyptens und Zyperns, Abdel Fattah al-Sisi und Nikos Anastasiades, sowie der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras bei der Erdgasförderung im östlichen Mittelmeer eng zusammenarbeiten zu wollen. Griechischen Medienberichten zufolge ist mittlerweile auch Israel bereit, der neuen Energie-Allianz beizutreten.

Schon lange werden vor der südlichen Küste Zyperns bedeutende Gas- und Ölvorkommen vermutet. 2011 stieß erstmals eine Probebohrung des US-Konzerns Noble Energy auf Erdgasfelder, deren Förderung ab 2018 beginnen soll. Seit Ausbruch der Finanzkrise forciert Zypern die Suche nach Bodenschätzen - in der offensichtlichen Hoffnung, dass die Erlöse aus Gasexporten dringend benötigte Einnahmen in die Staatskasse spülen. Neue Konzessionen für Bohrungen bekamen der französische Konzern Total, sowie ein Konsortium aus der italienischen ENI und der südkoreanischen Kogas. Angrenzende Gasfelder in israelischen Gewässern werden bereits gefördert.

Bohrplattform Homer Ferrington im Mittelmeer (Foto: EPA/CYPRIOT PRESS OFFICE/dpa)
Vor der Küste Zyperns sollen gewaltige Gas- und Ölvorkommen liegenBild: picture-alliance/dpa

Die Pläne zur Ausbeutung neuer Energieressourcen rufen nun auch Ägypten auf den Plan. Wie eine gemeinsame Strategie aussehen soll, steht allerdings noch nicht fest. Vier Optionen würden geprüft, erklärt Alexandros Lagakos, Leiter des Think Tanks Greek Energy Forum, im Gespräch mit der DW: "Möglich wäre der Bau eines gemeinsamen Gas-Verflüssigungsterminals bei Vassilikos an der Südküste Zyperns oder auch in Israel. Eine weitere Option ist es, die bestehenden Terminals in Ägypten zu nutzen. Oder man baut die sogenannte East-Med-Pipeline, die Israel mit Zypern verbinden und weiter aufs griechischen Festland führen soll." Die Zusammenarbeit sei jedenfalls ermutigend, findet Lagakos. Denn: "Je größer die Erdgasmenge aus allen interessierten Ländern, desto attraktiver wird das Projekt für Privatinvestoren."

Schwierige Beziehungen zwischen Türkei und Zypern

Sorgen bereiten die jüngsten Spannungen mit der Türkei im Zuge der Gasförderung. Denn noch herrscht Unklarheit über die sogenannten "ausschließlichen Wirtschaftszonen" der beteiligten Länder im östlichen Mittelmeer. Nach geltendem Seerecht hat jeder Staat das Recht auf einen bis zu 200 Seemeilen breiten Küstenstreifen, in dem er über die Nutzung seiner natürlichen Ressourcen frei verfügen kann.

Lediglich Zypern hat bereits mit Ägypten und Israel bilaterale Abkommen über diese Wirtschaftszone abgeschlossen und dadurch, vereinfacht gesagt, Grenzen am Meeresboden gezogen. Da die Türkei die Republik Zypern aber nicht anerkennt, ist ein entsprechendes Abkommen mit Ankara höchst unwahrscheinlich. Ganz im Gegenteil: Als Reaktion auf die Gasbohrungen hat die türkische Regierung bereits ein Forschungsschiff sowie Kriegsschiffe in die Region geschickt, worauf der Präsident der Republik Zypern Nikos Anastasiadis kurzerhand die Verhandlungen über eine Wiedervereinigung der Insel absetzte.

Alexandros Lagakos (Foto: Papadimitriou/DW)
"Eine ermutigende Zusammenarbeit", findet der Energieexperte Alexandros LagakosBild: DW/J. Papadimitriou

Auf dem Kairoer Gipfeltreffen stand die politische Dimension der Erdgas-Allianz im Vordergrund. Anastasiadis versuchte zu beschwichtigen - ohne die Türkei direkt zu nennen: "Der Dialog und die Zusammenarbeit, die wir aufbauen, richtet sich keineswegs gegen ein anderes Land. Unsere Grundlage sind gemeinsame Werte wie die Einhaltung des Völkerrechts, sowie der Frieden, die Stabilität und die Sicherheit im östlichen Mittelmeer."

In einer gemeinsamen Erklärung kündigen Ägypten, Griechenland und Zypern derweil an, dass sie Verhandlungen zur Abgrenzung ihrer ausschließlichen Wirtschaftszonen aufnehmen - "soweit dies noch nicht geschehen ist". Dadurch gibt erstmals auch Griechenland offiziell die Absicht bekannt, seine eigene Wirtschaftszone in der Ägäis und im östlichen Mittelmeer festzulegen, dem zypriotischen Beispiel folgend.

In Athen scheiden sich die Geister über das weitere Vorgehen. In einem Kommentar für die Tageszeitung To Vima warnt der Korrespondent Jannis Kartalis: Im östlichen Mittelmeer habe die Türkei nun mal Hunderte Kilometer Küste und "ob es uns gefällt oder nicht, wir werden irgendwann auch mit ihr verhandeln müssen."

Evrypidis Tsakiridis (Foto: Papadimitriou/DW)
"Die Türkei handelt illegal", kritisiert der Verteidigungsexperte Evrypidis TsakiridisBild: DW/J. Papadimitriou

Eine andere Auffassung vertritt Evrypidis Tsakiridis vom Athener Institut für Internationale Beziehungen. "Die Republik Zypern versucht, ihre Souveränitätsrechte auszuüben, während ein anderes Land versucht, auf vermutlich illegale Weise, dies zu verhindern. Das einzige, was die Türkei in dem Zusammenhang tun kann, ist, ihre rechtswidrige Tätigkeit einzustellen," so Tsakiridis.

Schlüsselrolle für Ägypten

Die neue Partnerschaft im östlichen Mittelmeer steht und fällt mit der Teilnahme Ägyptens. Nach Angaben des griechischen Staatsfernsehens hat der neue ägyptische Machthaber und frühere Armeechef Abdel Fattah al-Sisi mit Rücksicht auf türkische Interessen in der Region lange gezögert, bei der Allianz einzusteigen, aber dann doch zugesagt. Auf der Pressekonferenz nach dem Kairoer Gipfeltreffen mahnte Al-Sisi, die neue Partnerschaft erfolge "auf der Grundlage gemeinsamer Interessen" und dürfe sich nicht in die inneren Angelegenheiten eines Staates einmischen.

Wichtig für Ägypten: Griechenland und Zypern haben zugesagt, dass sie gemeinsam gegen "terroristische Gruppen und deren Unterstützer im östlichen Mittelmeer vorgehen". Zudem verspricht der griechische Regierungschef Samaras, sich in Brüssel für die Anliegen Ägyptens einzusetzen: "Ich will absolut klar machen, dass Griechenland und Zypern als Botschafter Ägyptens bei der EU agieren werden. Das hat auch Präsident Anastasiadis bestätigt. Denn Ägypten ist seinerseits der beste Botschafter für Stabilität und Sicherheit in der Region."