Epilog des Sahara-Dramas
19. August 2003Einen Tag nach ihrer Freilassung sind die 14 Sahara-Geiseln am Dienstagabend (19.8.2003) in Mali von Vertretern der Bundesrepublik in Obhut genommen worden. Dann starteten sie von der Oasenstadt Gao in die 1000km entfernte Hauptstadt Bamako. Danach soll es in einem Bundeswehr-Airbus weiter nach Deutschland gehen. Nach sechsstündigem Flug sollten sie am Mittwochmorgen auf dem Flughafen Köln/Wahn ankommen.
Die neun Deutschen, vier Schweizer und ein Niederländer waren seit Montagnacht auf unwegsamen, von Regen aufgeweichten Landpisten in einem Konvoi nach Gao gefahren. Dort wurden sie von Hochkommissar Baba Toure, der eine zentrale Vermittlerrolle gespielt hatte, empfangen, berichteten deutsche Diplomaten in Bamako.
Bundeskanzler Gerhard Schröder sagte in Berlin, er hoffe, dass sie sich "möglichst bald von den schrecklichen Strapazen und Belastungen erholen können". Die Geiselnehmer dürften nicht ungestraft davonkommen. Schröder dankte den Präsidenten Algeriens und Malis, Abdelaziz Bouteflika und Amadou Touré, für die beispielhafte Zusammenarbeit. Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus bedürfe einer engen und vertrauensvollen Kooperation. Deshalb würden deutsche Sicherheitsbehörden die algerischen und malischen Partner in allem unterstützen, was geeignet sein könnte, die Täter zu ergreifen und vor Gericht zu stellen.
"Großartiger Tag"
Das Auswärtige Amt in Berlin und die Regierung in Bamako hatten am Montagabend nach stundenlanger Unklarheit die Freilassung der verschleppten Urlauber bestätigt. Der malische Präsidentenberater Seydou Sissouma sagte, die Entführer hätten die Sahara-Urlauber kurz nach 18.00 Uhr (MESZ) auf freien Fuß gesetzt. Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt Jürgen Chrobog sprach auf dem Flughafen von Bamako von einem "großartigen Tag" und lobte das "große Verhandlungsgeschick des malischen Präsidenten". Der Diplomat war als Vermittler der Bundesregierung in Mali.
In einem Telefonat sagte eine Geisel gegenüber Chrobog, es gehe allen Entführten gut. Die Abenteuer-Touristen waren rund sechs Monate lang in der Gewalt islamischer Extremisten. Die 46 Jahre alte Michaela Spitzer aus Augsburg überstand das Martyrium nicht: Sie starb Ende Juni nach einem Hitzschlag in der Wüste. "Mein tief empfundenes Mitgefühl gilt den Angehörigen", sagte Bundeskanzler Schröder. Ihr Schicksal sei vielleicht auch eine Mahnung an andere, "Reisen so vorzubereiten, dass ihre eigene Sicherheit bestmöglich gewährleistet wird".
Diskussion um Kostenbeteiligung
Forderungen nach einer finanziellen Beteiligung der ehemaligen Sahara-Geiseln an den Kosten für ihre Befreiung lösten einen politischen Streit aus. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Wolfgang Bosbach (CDU), sagte der 'Financial Times Deutschland': "Wer sich leichtfertig und um des Nervenkitzels willen in Gefahr bringt, muss auch damit rechnen, dass er an den Kosten für die Rettung beteiligt wird." Auch der außenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weisskirchen, sprach sich für eine finanzielle Beteiligung der Sahara-Touristen aus. Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) sagte dazu, dies sei nicht der Tag für solche Erörterungen.
Im Frühjahr waren binnen weniger Wochen insgesamt 32 europäische Urlauber in der algerischen Sahara entführt worden. Im Mai wurden 17 Geiseln von der algerischen Armee befreit, unter ihnen sechs Deutsche. Um die Freilassung der übrigen Urlauber hatte sich neben Chrobog auch der Tuareg-Führer Iyad Ag Ghali als Vermittler bemüht. Für die Entführung werden islamistische Kämpfer der Salafisten-Gruppe für Predigt und Kampf (GSPC) verantwortlich gemacht.